Dienstag, 27. Mai 2008

Kürzungen im Sozialbereich: Rationalisierte Jugendämter und Helfer in der Not

Sozialarbeit: Rationalisierte Jugendämter und Helfer in der Not (Zeit.de)

Ein extrem lesenswerter Artikel, der anschaulich schildert, wie Politiker und Beratungsfirmen die Sozialbehörden und deren Arbeit kaputt machen. Wie sie aneinander vorbei reden, wie keiner den anderen versteht, wie die Politiker nicht einmal ahnen, dass sie mit ihrem Gerede, da und dort die Sozialleistungen beschneiden zu müssen, um andere Teile zu retten, das gesamte System der staatlichen Hilfe in den Abgrund ziehen.

Ausschnitt:

Die Not in den Familien nimmt zu, staatliche Hilfen werden gekürzt. Wie viel Rationalisierung ist erlaubt, wenn es um das Leben gefährdeter und vernachlässigter Kinder geht? Ein Frontbericht aus Berlin-Wedding, wo "Case-Manager" den Sozialarbeiter ersetzen sollen. [...]

In Bremen hatte man vor Kevins Tod ein Drittel des Personals in der Abteilung "Junge Menschen" gekürzt, nachdem eine Unternehmensberatung ein Sparziel von fünf Millionen Euro verordnet hatte; in Schwerin hatte man innerhalb von zehn Jahren ein Viertel der Sozialarbeiter abgeschafft.

Überall sind die Kassen der Kommunen klamm, deshalb werkelt man in den Ämtern an den Strukturen, streicht Stellen und kürzt Leistungen, und dabei scheint es, als sei der Bedarf an Schutz und Hilfe nie so groß gewesen. Nach einem Bericht der Regierung leben in Deutschland 2,5 Millionen Kinder unter der Armutsgrenze, in Berlin ist es fast jedes dritte. Seit Anfang der Neunziger hat sich die Zahl der Familien, die vom Jugendamt betreut werden, versechsfacht. In Talkshows fordern Politiker gern neues Personal und bessere Frühwarnsysteme, tatsächlich aber müssen in den Jugendämtern immer weniger Mitarbeiter immer mehr Fälle bearbeiten. (Quelle: Zeit.de)

Kinder sind halt wunderbar wehrlose Opfer jeglicher Sparpolitik - wenn es denn eine "Sparpolitik" wäre. Das ist es aber häufig gar nicht:
Bis zur Hartz-Reform schickten die Kollegen vom Sozialamt einen Prüfer in die Wohnung, wenn ein Klient Bedarf auf eine Waschmaschine angemeldet hatte. Heute überweist das Jobcenter Pauschalbeträge für solche Anschaffungen. Es ist, als räume der Staat freiwillig das Feld. Als lege er es darauf an, am Ende draufzuzahlen. Eine Familienhilfe, die frühzeitig zur Stelle ist, kostet 270 Euro in der Woche, ein Heimplatz, den man braucht, wenn es zu spät ist, knapp 1400. (Quelle: Zeit.de)

Was ist in den 90iger Jahren passiert? Was hat diese absolut irre Politik verursacht und was lässt uns weiter daran festhalten - über alle Parteigrenzen hinweg (denn in Berlin ist zur Zeit gerade auch die Linkspartei für die Sparpolitik im Kinder- und Jugendbereich verantwortlich)? Warum hat Baden-Württemberg Milliarden Euro zur Verfügung, um einen neuen Hauptbahnhof in Stuttgart zu bauen, der vermutlich gar nicht nötig ist und warum werden gleichzeitig in Berlin große Teile einer ganzen Generation von Kindern einfach so "weggekippt"?

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