Montag, 14. Dezember 2009

Oh Wunder! Die Telekommunikationsfirmen schlampen enorm beim Schutz der Daten aus Vorratsdatenspeicherung!

Vorratsdatenspeicherung: Anbieter speichern illegal weit mehr als erlaubt (Netzpolitik.org)

Zitat:

Aus einem heute vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlichten Schreiben des Bundesbeauftragten für Datenschutz an das Bundesverfassungsgericht, geht hervor, dass Telekommunikationsanbieter bei der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung ohne Rechtsgrundlage deutlich mehr Daten erheben und speichern als erlaubt (Schreiben des Bundesdatenschutzbeauftragten, PDF). [...]

Viele Anbieter bewahrten die sensiblen Daten [...] weit länger als die vorgeschriebenen sechs Monate auf, teilweise bis zu einem Jahr. [...] Zugriffe auf die hochsensiblen Kommunikationsdaten würden oftmals nicht protokolliert und seien dadurch nicht nachvollziehbar. [...] Die richterlichen Zugriffserlaubnisse seien "recht häufig" mangelhaft und benannten keine der gesetzlichen Katalogstraftaten. (Quelle: Netzpolitik.org)

Die übliche, stinkende Schlamperei also beim Datenschutz in Deutschland. Nur, dass die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung leider eben sehr sensibel sind. Wirksame Strafen für ihr illegales, kriminelles Tun müssen die Provider nicht befürchten und auch die Richter nicht.

Die Vorratsdatenspeicherung und ihre Umsetzung und die mangelhafte Überwachung der Telekommunikations-Betreiber in ihrer Rolle als neuer Hilfs-Sheriff und die lächerlichen Strafen für Verletzungen des Datenschutzes sind insgesamt ein Anschlag auf den Rechtsstaat. Ein Anschlag, den SPD und Union ganz bewusst so gewollt haben. Weswegen ich ja auch SPD und Union immer wieder ganz bewusst als gefährliche Parteien bezeichne.

Internationale Geheimdienste überwachen Festlegung von Telekommunikations-Überwachungsstandards

Der Tummelplatz der Telekom-Schnüffler (Futurezone.ORF.at)

Erich Moechel zeigt auf, wie die internationalen Geheimdienste inoffiziell kräftig mitbestimmen bei der Festlegung der technischen Standards zum Abhören jeglicher Telekommunikation.

Zitat:

Auch wenn von Seiten der zivilen Teilnehmer an den Standardisierungsgruppen auf Anfragen von ORF.at stets stereotyp behauptet wurde, die Arbeit in den beiden für Überwachung zuständigen Gremien diene ausschließlich Zwecken der Strafverfolgung, sei also reine Polizeiarbeit, so treten einzelne Geheimdienste mittlerweile im ETSI offen auf. [...]

Und dort liest man jede noch so kleine geplante Änderung an den Überwachungsstandards im ETSI vor allen anderen Beteiligten. (Quelle: Futurezone.ORF.at)

Sonntag, 13. Dezember 2009

OSZE: Verfahren zur Zulassung neuer Parteien muss in Deutschland reformiert werden

Parteienzulassung in Deutschland: OSZE-Beobachter fordern Wahlrechtsreform (Spiegel.de)

Zitat:

Reformbedürftig - so lautet das Urteil eines OSZE-Berichts über das deutsche Wahlrecht, der dem SPIEGEL vorliegt. Die Beobachter bemängelten vor allem den Prozess, in dem Parteien die Zulassung verweigert wird. Es gebe keine klaren Kriterien, dafür aber Interessenkonflikte. (Quelle: Spiegel.de)

Freitag, 11. Dezember 2009

EU-Regierungschefs beschließen die totale Kontrolle der Reisebewegungen von EU-Bürgern

EU-Gipfel-Treffen: Bauplan für den europäischen Präventivstaat (Futurezone.ORF.at)

Nur der ORF berichtet bislang über die heutigen weitreichenden Beschlüsse auf dem gerade stattfindenden Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs in Stockholm.

Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen heute, ein ähnlich dichtes Überwachungsnetz über die Reisebewegungen und die Finanztransaktionen der EU-Bürger zu legen, wie es bereits die USA installiert hat. Der vorgeschobene Grund: Der alles vernichtende Terrorismus, der zur Zeit die Welt mit dem Untergang bedroht und sogar das gesamte Universum zu verschlingen droht.

Zu diesen Welten zerstörenden Terroristen gehören selbstverständlich auch Leute, die digitale Medien mit einer Maus an Orte klicken, wo sie nicht hingehören.

Zitat:

Schließlich hat man noch die unvermeidlichen Wünsche der Unterhaltungsindustrie, "Raubkopierer" endlich in den Rang von Schwerkriminellen zu erheben, unter dem Punkt 4.4.5. "Wirtschaftsverbrechen und Korruption" einfließen lassen.

"Der Europäische Rat ruft Ministerrat und Kommission auf, so schnell wie möglich Gesetze für strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der intellektuellen Eigentumsrechte zu ergreifen." (Quelle: Futurezone.ORF.at)

Der ORF bezeichnet die Beschlüsse der EU-Regierungen als "abgefeimt".

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Polizei in Hessen darf ab sofort heimlich Computer verwanzen und in allen privaten Datenbanken schnüffeln

Hessen erweitert Befugnisse der Polizei (Heise.de)

Auf bloßen Verdacht hin (ein Verdacht, der ist schnell konstruiert...) darf die Polizei Hessens ab sofort heimlich in die Wohnungen der Bürger einbrechen und dort die Computer verwanzen.

Fast noch schlimmer: Ab sofort darf Hessens Polizei auch in privaten Datenbanken jeder Art auf puren Verdacht hin Rasterfahndungen durchführen.

Durch diese geschickt eingefädelte Erlaubnis des Schnüffelns in privaten Datenbanken gibt es faktisch KEINE Schranken mehr für die Polizei beim willkürlichen Ausschnüffeln der Bevölkerung. Gut gemacht, CDU und FDP!

Aber wenigstens gibt es dann endlich, endlich, endlich KEINE Toten durch Terrorismus mehr in Deutschland. Endlich. Es gibt also eine Chance, dass Deutschland doch noch überlebt, auch wenn es knapp war. Dank CDU und FDP!

Dienstag, 8. Dezember 2009

Tony Blair genügte Geschwätz eines Taxifahrers, um in den Irak einzumarschieren

Großbritannien und der Irakkrieg: Der geschwätzige Taxifahrer (Süddeutsche Zeitung)

Zitat:

[...] Tony Blair genügte das Geschwätz eines irakischen Taxifahrers, um den Einmarsch in den Irak zu rechtfertigen. (Quelle: Sueddeutsche.de)

Schwarz-gelbe Politiker fordern Neuausrichtung des pharmakritischen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

(Via Fefe) Monopolpreise auch für Scheininnovationen (Telepolis)

Zitat:

CDU- und FPD-Politiker wollen den Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen durch einen pharmaindustriefreundlicheren Kontrolleur ersetzen [...] (Quelle: Heise.de/TP)

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen ist eigentlich dafür da, beispielsweise die Wirksamkeit von Medikamenten zu überprüfen.

Kanadische Musikindustrie wird wegen Copyright-Verstößen auf 60 Mrd. Dollar verklagt

Canadian Recording Industry Faces $60 Billion Copyright Infringement Lawsuit (Michael Geist)

In Kanada werden die großen Vier der Musikindustrie (Sony, EMI, Universal und Warner) von Musikern, beziehungsweise den Erben von Musikern, wegen Copyright-Verletzungen verklagt. Die Strafzahlungen könnten - wenn die kanadischen Gerichte genau jener Argumentation folgen, die die Musikindustrie immer gegen File-Sharer anwendet - sich auf bis zu 60 Milliarden Dollar aufsummieren.

In Kanada scheint es Sitte der Musikindustrie zu sein, Künstler nicht zu bezahlen.

Die Reaktion in den Kommentaren bei Michael Geist: Vor allem Jubel.

Und da stellt sich die Frage, ob eine Industrie, denen die meisten Konsumenten anscheinend den Tod wünschen, nicht tatsächlich längst am Ende ist - ganz egal, ob die genannten Firmen nun tatsächlich irgendwann 60 Milliarden Dollar Strafzahlungen aufbringen müssen oder nicht.

Vielleicht wächst der Hass auf die Musikindustrie ja noch, je mehr die Menschen begreifen, wie die Musikindustrie gerade weltweit durch intensive Lobbyarbeit in Zusammenarbeit mit Buch- und Zeitschriftenverlagen versuchen, Bürgerrechte und Verbraucherrechte zu beschneiden.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Was Soziologen und Politikwissenschaftler an der Verwendung des Begriffs "Rechtsextremismus" und "Linksextremismus" stört

(Via Fixmbr.de) Hintergrund: Die Extremismustheorie (NPD-Blog.info)

Wie die Verwendung des Begriffs "Extremismus" die Unterschiede zwischen politischen Ideologien verwischt und wie der Begriff verschleiert, dass die "Extremisten" Bestandteil der Mitte der Gesellschaft sind.

NPD-Blog.info zitiert dazu u.a. die "Initiative gegen jeden Extremismusbegriff":

Diese klare Aufteilung [gemeint ist die "vermeintlich" klare Aufteilung in "Linksextremismus" und "Rechtsextremismus"; Anmerkg. von mir, Solon] verharmlost Rassismus, Antisemitismus und andere Ungleichwertigkeitsideologien, die sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche ziehen, oder blendet sie gänzlich aus. Zudem werden linke Gesellschaftskritik und antifaschistischer Widerstand mit dem Denken und Handeln von Nazis gleichgesetzt. (Zitat gefunden bei: NPD-Blog.info)

NPD-Blog.info zitiert außerdem Prof. Christoph Butterwegge:
Die Konzentration [durch die Verwendung des Begriffs "Extremismus"; Anmerkg. von mir, Solon] auf das/die Extreme lenkt vom gesellschaftlichen Machtzentrum und von seiner Verantwortung für die politische Entwicklung des Landes ab. Gleichwohl maßt sich eine fiktive politische "Mitte" an, konkurrierende Positionen links und rechts von ihr als "undemokratisch" ausgrenzen zu können, entzieht sich selbst damit aber jeder Kritik. (Zitat gefunden bei: NPD-Blog.info)

Die "Steuerfahnder-Affäre" in Hessen bei der Frankfurter Rundschau

Die Steuerfahnder-Affäre (Frankfurter Rundschau)

Die gesammelten Artikel der Frankfurter Rundschau über die "Steuerfahnder-Affäre" in Hessen.

Zitat:

Das Land Hessen entlässt seine besten Beamten, erklärt erfolgreiche Steuerfahnder für verrückt. Was steckt dahinter?

Mich wundert, dass diese Affäre letztlich kaum größere Beachtung gefunden hat in den überregionalen Medien, wirft sie doch ein Schlaglicht darauf, wie abhängig die Politik von der Wirtschaft ist und wie wenig Skrupel Politiker haben zum Schaden des Staates das korrekte Arbeiten von Behörden zu unterminieren und selbst vor Betrügereien vor Gerichten nicht zurückschrecken.

Hessen ist das Italien Deutschlands.

Samstag, 5. Dezember 2009

Plastikdose von Geocaching-Schnitzeljagd löst Bombenalarm aus

Schnitzeljagd löst Bomben-Alarm aus (BZ-Berlin.de)

Unbekannte haben im Rahmen eines schnitzeljagd-ähnlichen Spiels an einem Regionalbahnhof eine Plastikdose versteckt. Jetzt droht ihnen die Polizei mit Strafen und Bußgeldern, weil die Polizei dachte, in der Plastikdose wäre eine Bombe versteckt gewesen.

Da kann man nur hoffen, dass die Polizei nicht anfängt zu denken, dass auch zum Beispiel in Müllcontainern Bomben versteckt sein könnten. Das könnte sonst teuer werden für die Hausbesitzer oder die städtische Müllabfuhr.

Türkei will Bürgern Nutzung von Google und Yahoo verbieten

Jeder Türke erhält eine E-Mail-Adresse vom Staat (Welt.de)

Klingt erst einmal gut, oder? Das Problem dabei: Gleichzeitig soll die Nutzung von ausländischen Mail-Anbietern wie Google oder Yahoo in der Türkei verboten werden.

Welche Gründe mag dies wohl haben? Möchte da etwa der Staat noch besser als bislang schon in die E-mails seiner Bürger reinschauen? Und tatsächlich: Als Grund für diesen Eingriff in die Bürgerrechte wird - wie immer in solchen Fällen - der Schutz der nationalen Sicherheit angegeben.

Lässt sich eigentlich tatsächlich irgendjemand noch täuschen durch diese Ausrede?

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Das Vergehen des Nikolaus Brender: Es mangelte ihm an Demut gegenüber Roland Koch

Georg Schramm: Koch und Kellner (YouTube.com, Video)

Zitat:

Lothar Dombrowski anlässlich des 25-jährigen 3 Sat-Jubiläums zum Aus für den ZDF-Chefredakteur Brender, zum Aus für Arbeitsverteidigungsminister Jung und zum Rest der ganzen Misere. Ausschnitte aus "Dreiländerspitzen", 3 Sat, 1.12.2009 (Quelle: YouTube.com)

Man munkelt übrigens, dass die Chefköchin im Kanzleramt die Absetzung von Brender als ZDF-Chefredakteur mit großem Wohlwollen begleitet haben soll und Kulturstaatsminister Bernd Neumann ebenfalls wichtige Fäden im Hintergrund zog, so Georg Schramm in seinem Auftritt.

Der im Publikum sitzende Wowereit kriegt auch sein Fett weg, weil er und die SPD nicht vors Verfassungsgericht ziehen wollen wegen dieser direkten verfassungswidrigen Intervention der CDU in die Personalpolitik des ZDF. Wowereit grinst daraufhin nur dämlich in die Kamera.

Die politische Macht des Netzes - spannender Vortrag von Prof. Kruse

Peter Kruse ueber politisches Agendasetting (Blog.Whatsnext.de)

Der Psychologe Prof. Kruse erklärt in einem Video-Vortrag anschaulich, worin das Revolutionäre der digitalen sozialen Netze liegt. Er skizziert anhand von Beispielen die gesellschaftliche und politische Macht, die spontane, nicht zentral gelenkte Bewegungen (Meinungsbewegungen, Protestbewegungen) mit Hilfe des Internets inzwischen haben. Laut Prof. Kruse stehen wir erst am Anfang einer explosionsartigen Entwicklung, in deren Verlauf immer mehr Menschen durch Themen-Aufschaukelungen in den sozialen Netzwerken immer direkteren Einfluss nehmen auf das, was in unserer Gesellschaft in der Öffentlichkeit diskutiert wird und letztlich politisch entschieden wird.

Sehr sehenswert!

Mittwoch, 2. Dezember 2009

EU-Kommission verarscht 500 Millionen Menschen: SWIFT-Daten wären angeblich hilfreich bei "Sauerland-Terroristen" gewesen

Wachsende Kritik: Swift-Daten bei Terrorfahndung nutzlos (Financial Times Deutschland)

Die EU-Kommission behauptete, die Übermittlung von Finanztransaktions-Daten aus den USA hätten bei der Verhaftung der "Sauerland-Terroristen" geholfen. Jetzt stellt sich heraus, dass das gelogen war.

Wenn es darum geht, den Bürgern ihre Rechte zu nehmen, sind Regierungen immer gerne und schnell bereit, die Öffentlichkeit ganz schamlos nach Strich und Faden zu bescheißen und zu belügen. Daran wird sich auch nichts ändern. Man kann nur hoffen, dass eine immer noch sehr verbreitet vorkommende Obrigkeitshörigkeit in Deutschland, auch und gerade bei den hiesigen Medien, durch solche entlarvten Lügen immer mehr zerbröselt.

Zitat:

Nach EU-Darstellung entdeckten die USA im Sommer 2007 über ihr Programm Finanzaktivitäten der Islamischen Dschihad-Union (IJU) in der Bundesrepublik. Dies hätte "dazu beigetragen, dass IJU-Mitglieder in Deutschland ermittelt und schließlich festgenommen wurden", behauptete Brüssel noch am Montag. [...]

"Das Bankdaten die Sauerlandgruppe gesprengt hätten, ist genauso aus der Märchenstunde wie die Behauptung, das sei durch eine Online-Durchsuchung geschehen. Da wird händeringend ein Grund gesucht - Fakten spielen keine Rolle", sagte der Rechtsexperte der Grünen, Wolfgang Wieland, der FTD. (Quelle: FTD.de)

Lobbyist der Atomindustrie sitzt jetzt im Umweltministerium und überwacht die Atomindustrie

Kritik am neuen Umweltminister: "Den Bock zum Gärtner gemacht" (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Die Entscheidung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), den Ex-Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer zum Chef der Abteilung für Reaktorsicherheit zu machen, ist bei Opposition und Umweltverbänden auf heftige Kritik gestoßen. [...]

Jurist Hennenhöfer war gleich nach Ausscheiden aus dem Ministerium als Generalbevollmächtigter für Wirtschaftspolitik zum Viag-Konzern gewechselt, der 2000 mit Veba zum Marktführer Eon verschmolz. Für die Viag verhandelte er mit der Regierung Schröder den Atomkonsens aus. (Quelle: FR-Online.de)

Der Jurist Hennenhöfer beriet auch die Betreiber des Chaos-Atommüll-Lagers "Asse" und riet dem Betreiber, die Öffentlichkeit über die Zustände in Asse nur dosiert aufzuklären, wie die Frankfurter Rundschau weiter schreibt.

Kompetentes Personal also, was da für die neue Bundesregierung arbeitet.

Verfassungsgericht schützt erneut Demonstrationsfreiheit: Ungerechtfertigte Festnahmen müssen entschädigt werden

Verfassungsbeschwerde wegen Versagung eines Schmerzensgeldes bei rechtswidriger Freiheitsentziehung erfolgreich (Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 135/2009 vom 2. Dezember 2009)

Das Verfassungsgericht stellt fest: Wer von der Polizei unrechtmäßig einfach so festgenommen wird, hat Anspruch auf Entschädigung. Das einfache Urteil des Gerichts, dass die Handlungen der Polizei nicht rechtmäßig waren und der Fall damit erledigt sei, reicht nicht aus.

Man glaubt ja nicht, dass im Jahr 2009 das Bundesverfassungsgericht nötig ist, um dies noch einmal feststellen zu lassen. So ist die Notwendigkeit dieses Verfassungsgericht-Beschlusses gleichzeitig ein Anzeichen dafür, wie acht- und sorglos inzwischen Amts-, Land- und Oberlandesgerichte mit der Menschenwürde der Bürger umgehen.

Ich meine: Die unrechtmäßige Festnahme von Bürgern sollte dermaßen harte Entschädigungszahlungen nach sich ziehen, dass es den Landesfinanzen weh tut, damit sich die Exekutive nachhaltig dafür interessiert, solche Rechtsverletzer und damit Kostenverursacher in Polizeiuniform schnellstmöglich aus dem Dienst zu schmeißen.

Zitat:

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hob die Urteile des Landgerichts Lüneburg und des Oberlandesgerichts Celle auf
und wies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Sie verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, weil sie bei der Versagung eines Amtshaftungsanspruchs nicht berücksichtigt haben, dass schon die Voraussetzungen für die freiheitsentziehende Maßnahme selbst nicht gegeben waren. Außerdem haben die Gerichte die Umstände des Gewahrsamvollzugs bei der Versagung des Schmerzensgeldes in verfassungsrechtlich nicht mehr tragfähiger Weise außer Acht gelassen. [...]

So ist insbesondere zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht in der mindestens zehnstündigen Festsetzung der Beschwerdeführer keine nachhaltige Beeinträchtigung gesehen hat, ohne die abschreckende Wirkung zu erwägen, die einer derartigen Behandlung für den künftigen Gebrauch grundrechtlich garantierter Freiheiten — namentlich die durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Teilnahme an Demonstrationen oder deren von Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Beobachtung — zukommen konnte und die der Rechtsbeeinträchtigung ein besonderes Gewicht verleihen kann. (Quelle: Bundesverfassungsgericht.de)

Montag, 12. Oktober 2009

Das Klima in Deutschland ist sarrazinös geworden

1.) Umfrage-Mehrheit stimmt Sarrazin zu (Stern.de)

Die Mehrheit der Deutschen unterstellt Teilen der Türken, sie seien nicht integrationswillig und nicht integrationsfähig.

Ob die Mehrheit der Deutschen versteht, dass es einen immensen Unterschied zwischen "willig" und "fähig" gibt? Ersteres ist (nur) eine Unterstellung, letzteres jedoch Rassismus. Denn Rassist ist, wer behauptet, dass bestimmte Verhaltensweisen oder Einstellungen unveränderliche Bestandteile einer ganzen Ethnie seien.

Erschreckend ist auch die Sichtweise zur Integration, die der Neuköllner SPD-Bürgermeister Buschkowsky hat und die in dem Stern.de-Artikel ebenfalls wiedergegeben ist. Buschkowsky versteht Integration anscheinend als Anpassung an den gesellschaftlichen Mainstream und sieht sie als moralische Verpflichtung derjenigen an, die staatliche Hilfen bekommen. Buschkowsky sieht Integration also quasi als Dienstleistung der Migranten gegenüber den Deutschen an. Und ich dachte immer, Integration würde deshalb gefordert, damit die Migranten gleiche Chancen bekommen und fähig werden, in Deutschland aufzusteigen. Buschkowsky scheint unter Integration jedoch Duckmäusertum zu verstehen und die Internalisierung der Haltung, dass Migranten gefälligst dankbar sein sollen, in Deutschland leben zu dürfen. So können nur Idioten sprechen, die noch nie im Ausland waren und Deutschland für die beste aller Welten halten.

2.) Kein Mega-Verbrecher (Tagesspiegel.de)

Der Historiker Michael Wolffsohn kritisiert, dass Stephan Kramer, der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Sarrazin in die Nähe von Hitler stellte. Kramer äußerte, dass das Gedankengut Sarrazins dem Hitlers gleiche. Wolffsohn jedoch meint anscheinend, man dürfe nur dann Hitler vergleichend ins Spiel führen, wenn es um die Ermordung von Millionen Menschen gehe, weil ansonsten Hitlers Taten verharmlost würden. Nach dieser Logik wird man (hoffentlich) in den nächsten tausend Jahren niemand mehr ermahnen dürfen, er ähnele in seinen Überzeugungen oder Taten Hitler. Sehr seltsam. Ich halte Wolffsohns Kritik an Kramer wiederum für eine Überreaktion, denn wenn jemand so glasklar rassistisch "argumentiert" wie Sarrazin, kann und muss man darauf hinweisen dürfen, wohin dieser Rassismus führen kann.

3.) (Via Politblogger.net) Bullshit! (Youtube.com, Alan Posener zu Sarrazins breitflächigem Rassismus gegen alle Migranten und Juden in Deutschland)

Alan Posener ist ein selbständig denkender Mensch. Das kann man von viel zu wenig Leuten sagen. Selbst zu denken beinhaltet das Risiko, dass man auch mal falsch liegt. In der oben verlinkten Folge seiner Videokolumne liegt der Welt-Redakteur jedoch richtig: Sarrazins Interview im "Lettre International" war großer, stinkender Bullshit. Und noch ekliger als dies, sind die vielen zig tausenden zustimmenden Kommentare zu Sarrazin in den Medien und in der Bevölkerung.

4.) Analyse zu Sarrazin: Verlogene Erregung (Frankfurter Rundschau)

Ebenfalls ein guter Kommentar von Joachim Frank über die Verlogenheit jener, die meinen, Sarrazin hätte irgendetwas angesprochen und endlich mal zum Thema gemacht, was in Deutschland normalerweise nicht gesagt oder angesprochen oder thematisiert werde.

Zitat:

Rechtfertigen muss sich der Provokateur schon längst nicht mehr selbst. Das haben alle übernommen, die Kritik als Meinungsdiktat der politisch Korrekten diffamieren und Sarrazin zum Streiter für die Meinungsfreiheit stilisieren.

Diese Technik ist mindestens so abgeschmackt wie die angeblichen Erregungsrituale, mit denen - so die Unterstellung - die "Gutmenschen" aufrechte Zeitgenossen à la Sarrazin kujonieren. [...]

Die Möllemanns, Giordanos und Sarrazins widerlegen aber, was sie behaupten: die Existenz von Tabus und Meinungskartellen. (Quelle: FR-Online.de)

5.) Thilo Sarrazin und Ralph Giordano und die biologische Gefahr und biologische Lösung des "Türkenproblems" (Schieflage.Blogspot.com)

Nur der Vollständigkeit halber.

Dienstag, 29. September 2009

Deep Packet Inspection und mehr: China immer erfolgreicher bei der Zensur des Internets

China's censorship arms race escalates (RConversation, Rebecca MacKinnon's Weblog)

Zitat:

As the 60th birthday of the People's Republic of China approaches, Internet users in China are complaining that the Internet has become even more difficult to use than ever before. Not only has the number of blocked websites increased, but the most popular censorship circumvention techniques and technologies have come under attack. (Quelle: RConversation.Blogs.com)

Immer mehr Zensur-Umgehungs-Technologien verlieren in China ihre Wirkung. Selbst Tor kann nur noch umständlich und mit Hilfe von Tricks verwendet werden. Die Frage ist, wer am Ende das Rennen gewinnen wird: Einfallsreiche Programmierer oder die Politik (ob in China oder anderswo). Ich befürchte, dass auf lange Sicht die Zensurvorhaben der Politik (ob in China oder anderswo) die Nase vorne haben wird.

Münchner Polizei testet, ob sie Leute einfach so ohne konkrete Hinweise auf Straftat verhaften darf

Terrordrohungen gegen das Oktoberfest: Bayerische Polizei inhaftiert vorbeugend zwei Islamisten (Spiegel.de)

Zitat:

Präventiv nahmen die Fahnder zwei Islamisten fest, die sich angeblich verdächtig verhielten. Konkrete Anhaltspunkte für Planungen gibt es nicht, eine Anwältin erstattete Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung. (Quelle: Spiegel.de)

Montag, 21. September 2009

Schäuble denkt mal wieder laut vor sich hin: Abschaffung der Kontrolle der Geheimdienste sei nur ein "Vorschlag", keine "Forderung"

Geheimdienste sollen geheimer werden (Telepolis.de)

Schäuble hat mal wieder rumgedacht und Vorschläge gemacht. Wer sich mit Schäuble auskennt, ahnt jetzt schon, was das heißt: Demokratie-Abbau und Transparenz-Abbau und mehr Macht für die Sicherheitsbehörden. Konkret träumt Schäuble laut davon, die bereits heute kaum wirksame Aufsicht des Bundestages über die Geheimdienste ganz abzuschaffen.

Zitat:

Für reichlich Irritation sorgten Äußerungen von Innenminister Wolfgang Schäuble, der während der "Sicherheits- und Verteidigungskonferenz des Handelsblatts" die Existenz des parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages infrage stellte. Dieser auch mit Abgeordneten der Opposition besetzte Untersuchungsausschuss, der den Geheimdiensten als Repräsentant des Bundestages auf die Finger sehen soll, scheint Herrn Schäuble so lästig zu sein, dass er ihn abschaffen möchte. Angeblich behinderten die als Sicherheitsrisiko empfundenen Ausschussmitglieder die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten - die Schäuble offenbar näher stehen, als seine Bürger und Parlamentskollegen. (Quelle: Telepolis.de)

Politisch durchsetzbar sind die Ideen Schäubles zur Zeit glücklicherweise nicht. Aber Schäuble war noch nie jemand, der den schnellen politischen Erfolg sucht. Er bereitet und bestellt das Feld erst, hat die Geduld zu warten und erntet dann später.

Nun ist die Forderung im Raum. Die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste wurde in die Nähe des Ruchbaren gebracht. Wenn dann mal etwas passiert in Deutschland und Fragen gestellt werden, warum die Geheimdienste davon nichts vorher wussten, wird diese Idee von der Abschaffung der angeblich die Arbeit der Geheimdienste behindernden Kontrollarbeit des Parlamentes wieder auf den Tisch kommen. Und dann ist diese Forderung eben nicht mehr überraschend neu und löst vermutlich keine gesunden Abwehrreflexe mehr aus bei manchen. So geht das.

Donnerstag, 17. September 2009

Kommune holt sich günstigen Kredit direkt bei Bürgern - Banken schäumen vor Wut

Quickborns New Deal (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Erstmals seit mehr als zehn Jahren schien Quickborn nichts anderes mehr übrig zu bleiben, als teure Bankenkredite aufzunehmen. [...] Da hatte eine Bürgerin eine Idee: Quickborner könnten doch Quickborn Geld leihen, zu einem niedrigeren, dafür aber garantierten Zinssatz – dann bleibe das Geld in der Stadt. (Quelle: FR-Online.de)

Ein Modell auch für andere Kommunen?

Interessant ist es schon, macht der Deal doch deutlich, dass Bürger und Stadt letztlich ein und dasselbe sind und sich gegenseitig nicht die Butter vom Brot nehmen wollen, während Banken nur daran interessiert sind, selbst Geld zu verdienen. Besser wäre es natürlich, wenn eine Kommune ihre Ausgaben aus den Steuern finanzieren könnte. Aber die Kommunen haben ja keinen Einfluss auf die Höhe der Steuern. Die werden auf Landesebene und Bundesebene festgesetzt.

EU-Wahlbeobachter: Mehr als ein Viertel aller Stimmen in Afghanistan gefälscht

Karsai vorläufig Wahlsieger (Der Standard)

Zitat:

Die von den Vereinten Nationen unterstützte Wahlbeschwerdekommission hat bereits eine Neuauszählung der Stimmen aus mindestens zehn Prozent der Wahllokale angeordnet. Die Europäische Union sprach sogar davon, dass 27 Prozent aller gemeldeten Ergebnisse Anlass zur Skepsis gäben. Von 5,5 Millionen überprüften Stimmen erschienen etwa 1,5 Millionen verdächtig, erklärte ein Sprecher der EU-Wahlbeobachter. (Quelle: DerStandard.at)

Medienmagazin Zapp zeigt, wie PR-Branche verwoben ist mit deutschem Journalismus

PR-Schule - Journalisten als Aushängeschilder (NDR-Medienmagazin "Zapp" vom 16.09.2009)

Zapp berichtet, wie viele Chefredakteure deutscher Zeitungen und bekannte Journalisten auch öffentlich-rechtlicher Sender gemeinsame Sache machen mit der PR-Branche. Der Leser oder Zuschauer ist eben nicht der eigentliche Kunde vieler deutscher Medien, sondern es sind die Wirtschaftsunternehmen mit ihren Anzeigen. Diese müssen von den Medien zufrieden gestellt werden, damit die Zeitung wirtschaftlich überleben kann. Warum sich aber Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender, wie beispielsweise Peter Voß auf diesen Ringelpietz mit Anfassen einlassen, kann eigentlich entweder nur mit absolut grenzenloser Naivität und Eitelkeit erklärt werden oder mit persönlicher Habgier.

Zitat:

Der natürliche Feind des Journalismus ist die PR. PR ist nichts schlimmes, nur mit Journalismus hat es eben nichts zu tun, das sollte man schön trennen. Das müsste sich spätestens nach dem Schleichwerbeskandal auch in allen Hierarchie-Ebenen der ARD herumgesprochen haben. Jetzt stellt sich heraus, dass ausgerechnet einflussreiche ARD-Journalisten als Botschafter für eine neue PR-Hochschule auftreten. Eine Verbindung, die sich eigentlich verbietet. (Quelle: NDR.de)

Montag, 14. September 2009

Japan: Industrie will Tondateien auf Handys inhaltlich kontrollieren

Japan: Handy-Software soll illegalen Musiktausch unterbinden (Heise.de)

Die Musikindustrie (z.B. Sony) und japanische Handy-Hersteller (z.B. Sony) sollen sich darauf geeinigt haben, auf neuen Handys zwangsweise eine Software vorzuinstallieren, die das Abspielen von Musik auf dem Handy nur dann erlaubt, wenn bei jedem Musikstück zuvor das Handy eine Verbindung zu einem Server aufnimmt und abfragt, ob das Musikstück irgendwo in einem Online-Shop gekauft wurde. Stammt das Musikstück aus einer anderen Quelle, soll das Abspielen auf dem Handy nicht möglich sein.

Gibt es eigentlich für diese Art der Beraubung der Rechte des Kunden durch in Endprodukte fest eingebaute Überwachungshardware und Überwachungssoftware schon einen griffigen, kurzen Namen? Dieses Phänomen wird sich ja vermutlich auf immer mehr Endprodukte ausweiten.

Ich schlage hierfür den Begriff "gefesseltes Produkt" vor. Hat jemand einen besseren Vorschlag?

Gefesselte Produkte schränken hierbei nicht nur die Verbraucherrechte ein, sondern meist auch die Bürgerrechte. Auch Einschränkungen der Netzneutralität, also z.B. die Drosselung oder gar Sperrung bestimmter Internetinhalte durch Internet-Zugangsanbieter sind eine Form der Produkt-Fesselung.

Gefesselte Produkte schränken den Nutzer ein, ein Produkt seiner Bestimmung nach zu verwenden. Die Nutzungseinschränkung setzt dabei auf einer inhaltlichen Ebene an, nämlich auf einer inhaltlichen Kontrolle von Informationen, die mit dem gefesselten Produkt empfangen, verarbeitet oder weiterverbreitet werden können. So führen gefesselte Produkte automatisch immer auch zu einer Einschränkung der Bürgerrechte, insbesondere des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Rezipientenfreiheit.

Man könnte also kurz und bündig sagen: Handys, die das Abspielen von Tondateien nur erlauben, wenn diese aus einer bestimmten Quelle stammen, greifen die Demokratie an. Und wieder einmal ist es die Musikindustrie, die hier an vorderster Front der Demokratie-Gefährder steht.

Polizist schlägt Bürger am Rand einer Demo mit Faust ins Gesicht: Video von Passant zwingt Polizei zu Ermittlungen

Video: Polizeiangriff auf Demonstranten (RBB)

Am Rande der Demonstration "Freiheit statt Angst" in Berlin filmte jemand, wie ein Polizist einem Bürger einen Faustschlag ins Gesicht versetzte. Auf dem Video ist nicht erkennbar, warum solch harte Gewalt gegen den Bürger nötig gewesen sein soll.

Solche offenbar übertriebene Polizeigewalt kommt am Rande von Demonstrationen vermutlich ständig vor. Die betroffenen Bürger mit ihren Anzeigen gegen Polizeibeamte konnten bislang jedoch nicht darauf hoffen, vor Gericht Recht zu bekommen. Die Medienaufmerksamkeit und das hochauflösende Videomaterial scheinen die Berliner Polizei nun aber zumindest zu zwingen, Ermittlungen gegen die am Vorfall beteiligten Polizisten einzuleiten.

Zitat:

Polizeisprecher Frank Millert sagte in der rbb-Abendschau, das Vorgehen der Beamten sei nicht durch eine normale "Festnahmeseituation" zu erklären. Man habe deswegen ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. (Quelle: RBB-Online.de)

Mal sehen, ob diese Untersuchungen zu einem befriedigenden Ergebnis führen. Ich befürchte jedoch, dass am Ende - wie so oft bei Anschuldigungen von Polizeigewalt - der Eindruck beim Beobachter zurückbleibt, es werde von Seiten der Polizei nicht unabhängig und ernsthaft ermittelt oder gar Beweise unterdrückt und Zeugenaussagen der Beamten manipuliert. Schließlich ermittelt hier die Polizei gegen sich selbst. Es gibt in Deutschland keine unabhängige Einrichtung, die Polizeigewalt in solchen Fällen untersucht. Deutsche Politiker von SPD und Union haben sich wiederholt gegen die Einrichtung solcher unabhängigen Stellen ausgesprochen - trotz wiederholter Aufforderungen und Mahnungen der UNO oder des EU-Rates (siehe dazu diesen Eintrag in der Linkablage).

Links zu dem Video selbst gibt es bei Fefe.

Der Drang der Parteien zur "politischen Mitte" tötet die Demokratie

Mit der verbalen Keule: Die politische Streitkultur in Deutschland (Manuskript einer Sendung des Deutschlandfunks)

Interessante Hintergrund-Sendung des Deutschlandfunks zur politischen Streit(un)kultur in Deutschland. Ein indirekter Aufruf für mehr Rhetorik und mehr klarer Streitkultur und wider die Konsenspolitik.

Zitat:

Für Politikwissenschaftler hängt der hiesige Wahlkampfverdruss auch mit einem tiefsitzenden Problem zusammen - dem in Deutschland weit verbreiteten Drang zur politischen "Mitte". Sie gilt als Symbol für den Ausgleich von sozialen und politischen Gegensätzen.

Die Politologin Chantal Mouffe argumentiert vehement gegen die allzu optimistische Diagnose derer, die ein Ende aller widerstreitenden Ideologien behaupten. Demokratie baue ihrer Natur nach stets auf Polarisierung und kollektive Identifikation. Die Abwesenheit des Streits stellt danach nicht einen besonderen Reifegrad, sondern im Gegenteil ein Defizit an Demokratie dar. [...]

Zitat Merseburger: "Es waren Adenauers und Schumachers Feindschaft gegen ein Große Koalition, ihre Furcht vor dem Gespenst von Weimar, die beide zu der Überzeugung brachten, die neugeborene Republik brauche glasklare Fronten im Parlament. Wenn die zunächst ungewohnte, ja anfangs ungeliebte Demokratie langsam im Volke Wurzeln schlug, so hat dies viel mit jener glasklaren Scheidung zu tun, auf die sich beide 1949 verständigt haben." (Quelle: Dradio.de)

Ein faszinierendes Beispiel dieser Streitkultur, die kein Blatt vor den Mund nimmt und so auf unausgesprochene Hintergründe und verschwiegene Motive hinweisen kann, bringt die Deutschlandfunk-Sendung auch:
Und wenn es noch eines Vergleichs bedurft hätte. Die aktuellen Anwürfe der Sozialdemokraten gegen den nobilitierten Alpen-Messias der Wirtschaftspolitik, Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg, muten geradewegs wie seichtes Geplätscher an gegen jene scharfzüngige Polemik, die der junge SPD- Bundestagsabgeordnete namens Helmut Schmidt-Hamburg vor genau 50 Jahren dem Großvater des heutigen Wirtschaftsministers im 3. Deutschen Bundestag zuteil werden ließ. Man beachte dabei eine parlamentarische Rarität: Polemik mit Ansage!

Diese wirkte wie die letzte revolutionäre Zuckung der deutschen Sozialdemokratie knapp eine Woche vor Verabschiedung des Godesberger Programms.

Helmut Schmidt (1959): "Hören Sie mir doch mal zu, ich bin ja noch gar nicht polemisch, das kommt noch verehrter Freund. Es fällt schwer, nicht zu beklagen, dass die Deutschen niemals eine Revolution zustande gebracht haben, die dieser Art von Großgrundbesitzern die materielle..." (Quelle: Dradio.de)

Der Rest des Satzes von Schmidt ging im daraufhin ausbrechenden riesigen tumultartigen Lärm im Bundestag unter.

Donnerstag, 3. September 2009

Geologen waren gegen Gorleben

Experte Dieter Ortlam: Geologen waren gegen Gorleben (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Die NLfB-Experten hätten in den 70er Jahren den Salzstock an der DDR-Grenze für nicht endlagerfähig gehalten, so der inzwischen pensionierte Hydrogeologe Ortlam. "Die zuständigen Fachleute waren entsetzt, als der damalige Ministerpräsident Ernst Albrecht sich auf Gorleben festlegte." [...]

Ortlam hält Salz als Endlager-Medium allerdings grundsätzlich für geeignet. "Es ist am besten, um Atommüll sicher einzuschließen", sagte er der FR. [...]

Der Geologe bedauert, dass der frühere Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) die Gorleben-Auswahl 1977 nach politischen, nicht wissenschaftlichen Kriterien getroffen habe. (Quelle: FR-Online.de)

USA: Hinrichtung eines vermutlich Unschuldigen

Skandalöse Hinrichtung: Fatale Fehler der Sachverständigen (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

In Texas, wo mehr Menschen hingerichtet werden als in jedem anderen US-Staat, untersucht eine Regierungskommission Vorwürfe, Kriminaltechniker hätten über Jahre geschlampt. Im Fall Willingham liegt jetzt ein Gutachten vor, in dem der renommierte Forensiker Craig Beyler zu einem vernichtenden Urteil kommt: Der Tod der drei Kinder, für den Willingham hingerichtet wurde, war kein Verbrechen, sondern ein tragischer Unfall. [...]

Schließt sich die Kommission dem Urteil an, käme das einer tragischen Sensation gleich. Dann wäre Cameron Todd Willingham der erste Todeshäftling in den USA, dessen Unschuld nach der Hinrichtung von offizieller Seite eingeräumt wird. (Quelle: FR-Online.de)

Menschenrechtler: CIA-Folter diente Ärzten und Psychologen zugleich als Gelegenheit für illegale Experimente an den Folteropfern

CIA doctors face human experimentation claims (The Guardian)

Zitat:

Physicians for Human Rights (PHR), a not-for-profit group that has investigated the role of medical personnel in alleged incidents of torture at Guantánamo, Abu Ghraib, Bagram and other US detention sites, accuses doctors of being far more involved than hitherto understood.

PHR says health professionals participated at every stage in the development, implementation and legal justification of what it calls the CIA's secret "torture programme". [...]

Human experimentation without consent has been prohibited in any setting since 1947, when the Nuremberg Code, which resulted from the prosecution of Nazi doctors, set down 10 sacrosanct principles. [...]

The Geneva conventions also ban medical experiments on prisoners and prisoners of war [...]. (Quelle: Guardian.co.uk)

Aber diese Prinzipien gelten natürlich nur bei schönem Wetter und natürlich nicht für die CIA. Wo kämen wir denn da hin...

Samstag, 15. August 2009

Guttenbergs geheimer, neoliberaler Plan für nach der Wahl

(Via Fefe) Gegenkonzept zur SPD: Guttenbergs Geheimplan (RP-Online.de)

Der Neoliberalismus lebt, ist stärker als je zuvor. So will Guttenberg die Belastungen für den normalen Bürger erhöhen und die Betriebe und ihre Besitzer weiter entlasten. Und das trotz der seit Jahren - trotz jüngstem Aufschwung - stark gesunkenen Reallohneinkommen der Arbeitnehmer. Und das trotz der Explosion der Gewinne für Investoren. Warum die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft in Deutschland, scheint bei der Mehrheit der Bevölkerung immer noch nicht angekommen zu sein. Die neoliberale Presse in Deutschland leistet also tatsächlich weiter hervorragende Desinformationsarbeit.

Also wird es nach der Wahl voraussichtlich eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer geben, die Abschaffung der in manchen Berufen neu eingeführten Mindestlöhne und Gesetze, die den Solidarschutz für den normalen Bürger (beispielsweise Kündigungsschutz) weiter aushöhlen, im Gegenzug aber die Gewinne der Firmenbesitzer und Investoren weiter erhöhen werden.

Zwar hat Guttenbergs Sprecher sich etwas distanziert von diesem neoliberalen Träumen Guttenbergs, aber das Dementi klingt unglaubwürdig.

Zitat:

Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz versuchte gestern schnell die Debatte einzufangen und bezeichnete den Entwurf als veraltet und "obsolet". Doch dafür ist das Werk, als Datum wird der 3. Juli 2009 genannt, zu umfassend und präzise. Guttenberg selbst hat es nach Informationen unserer Redaktion aus Regierungskreisen gelesen und lediglich in den Passagen zur ökologischen Ausrichtung der Industrie Nachbesserungen angemahnt. (Quelle: RP-Online.de)

Deutschland als illegale CIA-Folter-Zentrale: Regierung schweigt, SPD und Union wehren sich halbherzig, Medien desinteressiert

Gesammeltes Schweigen (Kölner Stadt-Anzeiger)

Zitat:

Bundeskanzleramt: Kein Kommentar. Innenministerium: Kein Kommentar. Auswärtiges Amt: Kein Kommentar. Bundesnachrichtendienst (BND): Kein Kommentar. Der Bericht der New York Times, die Geheimflüge und -gefängnisse des US-Geheimdienstes CIA in Europa seien aus Frankfurt am Main gesteuert worden, lösen bei den offiziellen Stellen in Deutschland gesammeltes Schweigen aus. (Quelle: KStA.de)

Soweit keine wirkliche Überraschung.

Was mich überrascht, ist, dass die deutschen Medien dieses hochspannende und hochbrisante Thema - zumal in der jetzigen Saure-Gurken-Zeit und beim jetzigen einschläfernden Wahlkampf - einfach mehr oder weniger links liegen lassen. Was hinter diesem Schweigen steckt, das würde mich wirklich mal interessieren. Auch bei ARD und ZDF gestern (außer in einem kleinen Online-Artikelchen) nichts.

Nur Grüne, FDP und Linkspartei weisen auf die Bedeutung der Enthüllungen hin und wollen die Arbeit des BND-Untersuchungsausschuss in verschiedener Art und Weise wiederbeleben.

Interessant sind noch die Reaktionen der Fraktionssprecher von Union und SPD. Zunächst Union:
Gesprächiger als die Regierung sind die Vertreter der Regierungsfraktionen im Ausschuss - und zweifeln die Enthüllungen des Agenten Foggo an. "Das liest sich wie eine Räuberpistole", findet Siegfried Kauder (CDU), der den Untersuchungsausschuss geleitet hat. In seinen Ermittlungen habe das Gremium kein Indiz gefunden, das die Behauptungen des Kronzeugen der New York Times bestätige. Kauder wirft den Oppositionsparteien "Wahlkampfgedöns" vor. (Quelle: KStA.de)

Vielleicht liest sich das wie eine "Räuberpistole", weil die Aktionen der CIA einer Räuberbande in Nichts nachstehen, sie sogar übertreffen in ihrer Kriminalität? Könnte das vielleicht daran liegen? Und meint Kauder, dass die deutschen Oppositionsparteien eventuell diesen ehemaligen CIA-Mann und die New York Times irgendwie dazu bewegt haben, gerade jetzt in Wahlkampfzeiten mit ihren Enthüllungen rauszukommen? Auf welchem Planeten lebt Kauder eigentlich?

Welch eine Steilvorlage diese Äußerungen von Kauder doch wären für die Medien!

Und was meint die SPD?
In der Sache geht SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, der lange Obmann seiner Partei im Untersuchungsausschuss war, sogar einen Schritt weiter: "Es gibt bis heute "keinen Beweis für die Existenz der 'Black sites'." (Quelle: KStA.de)

Diese Äußerungen von Oppermann, dem "Schatten-Innenminister" des Möchtegernkanzlers Steinmeier kann man nur noch als unverschämt bezeichnen. Selbst die US-Regierung gibt längst indirekt aber unmissverständlich zu, dass es diese Geheimgefängnisse gab. Auch die Ermittlungen des Europarat-Beauftragten Dick Marty bestätigen dies. Oppermann zieht sich also auf den Standpunkt zurück, dass nur weil die Existenz der Geheimgefängnisse nicht auf dem gleichen Niveau wie beispielsweise ein Beweis vor Gericht abgesichert ist, könne und dürfe man ernsthaft an ihrer Existenz zweifeln? Und dieser Mann will Bundesinnenminister werden? Da kann man nur dringendst davon abraten, die SPD zu wählen. Da ist mir ja sogar Schäuble noch lieber.

Und wieder keine Reaktion oder Auseinandersetzung in den deutschen Medien mit diesen ungeheuerlichen Aussagen...

Einzigartige deutsche Rechtssprechung macht's möglich: BGH ermutigt indirekt Polizei, Verdächtige illegal abzuhören

BGH lässt Verwertung von Erkenntnissen aus illegalem Lauschangriff zu (Heise.de)

Zitat:

Zwar entsprach das rheinland-pfälzische Polizeigesetz, auf dessen Grundlage die Verwanzung im Sommer 2004 angeordnet worden war, laut dem Richtspruch nicht in vollem Umfang den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner im März 2004 ergangenen Entscheidung zum großen Lauschangriff nach der Strafprozessordnung aufgestellt hatte. Insbesondere enthielt es nach der Einschätzung des BGH keine Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. In diese Sphäre darf der Staat nach der Maßgabe aus Karlsruhe auf keinen Fall eingreifen.

Die gewonnenen Erkenntnisse konnten aufgrund einer im Einzelfall erfolgten "Gesamtabwägung" gleichwohl für das Verfahren verwendet werden, urteilte nun der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs. [...]

"Bei uns ist es leider nicht so wie in den USA, wo die Nutzung der Früchte vom verbotenen Baum auch in den Verfahren tabu ist", kommentierte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert die Entscheidung gegenüber der Frankfurter Rundschau. Der Datenschützer fürchtet, die Rechtsprechung des BGH könnte dazu führen, dass Behörden auch rechtswidrig ermitteln. Dahinter stünde die Hoffnung, die illegal erlangten Beweise doch in Verfahren einspeisen zu können. (Quelle: Heise.de)

Damit ist erneut der Grundrechteschutz in Deutschland hinsichtlich der Überwachung Verdächtiger als Farce entlarvt, denn dabei geht es ja nicht nur darum, dass bestimmte Beweise nicht vor Gericht verwertet werden dürfen, sondern dass illegale Überwachungen als solche erst gar nicht stattfinden.

Positiv an dem Urteil des BGH ist lediglich, dass es bestätigt, dass deutsche Gerichte nicht nach Belieben die Definition, wer Terrorist ist, festlegen können, sondern sich dabei an deutsche Gesetze halten müssen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber was ist heute noch selbstverständlich, wenn es um Terroristen und deren Behandlung durch Sicherheits- und Justizbehörden geht?

Über den letzten Aspekt des BGH-Urteils berichtet die Süddeutsche Zeitung: Al-Qaida-Urteil des BGH: Strikte Vorgaben für Terrorismus-Urteile.

Zitat:
Zu Unrecht habe das OLG vermeintliche Gesetzeslücken mit einer "europarechtskonformen Auslegung" ausgleichen wollen, nämlich mit dem Hinweis auf einen EU-Rahmenbeschluss von 2002. Etwaige Korrekturen des engen deutschen Begriffs einer "Vereinigung" könne allenfalls der Gesetzgeber vornehmen, sagte Richter Jörg Peter Becker. (Quelle: Sueddeutsche.de)

Innenminister Bayerns nimmt zweifelhafte Studie von Jugendschutz.net zum Anlass, Netzsperren für rechtsextremistische Seiten zu fordern

Bayerns Innenminister fordert Sperren für rechtsextreme Web-Seiten (Heise.de)

Zitat:

Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat eine Ausweitung der Web-Sperren auf rechtsextreme Internet-Seiten gefordert, meldet die Presseagentur dpa unter Berufung auf die Bild-Zeitung. Gegenüber Bild sagte der Politiker: "Die Zahlen zeigen, dass wir zur Bekämpfung härtere Maßnahmen wie eine Sperrung von rechtsextremen Internetseiten dringend brauchen". Herrmann bezieht sich dabei auf einen Bericht der Organisation jugendschutz.net, der im Jahr 2008 1707 rechtsextreme Seiten im Internet ausmachte. Ein Jahr davor hatte jugendschutz.net 1635 derartige Seiten gefunden. Die Zahl rechtsextremer Beiträge in sozialen Netzwerken und auf Videoplattformen habe sich jedoch von 750 auf 1500 verdoppelt. (Quelle: Heise.de)

Eine Kritik an den Zahlen und ihrem Zustandekommen gibt es bereits bei Netzpolitik.org zu lesen: Naziwebseiten: glaube nie einer Statistik,....

Zitat:
[Es gibt] In der Regel keine Unterscheidung zwischen Domains, Seiten, Beiträgen/Leserbriefen, "Angeboten", Portalen oder gar Diensten ausserhalb des WWW

[Es gibt] In der Regel keine Unterscheidung zwischen "rechtsradikalen" / "rechten" / "strafrechtlich relevanten" / "rechtsextremistisch beeinflussten" und eben "problematischen" Seiten. (Quelle: Netzpolitik.org)

Aber bevor man sich mit der Aussagekraft der Jugendschutz.net-Studie detaillierter auseinandersetzt, reicht ja schon der Hinweis, dass kein einziges rechtsextremistisches Angebot aus dem Netz verschwindet durch irgendwelche "Internetsperren". Die Löschung wäre hier die richtige Lösung. Oder noch besser: Politische Aufklärung. Denn auch durch die Löschung von rechtsextremistischen Internetseiten verschwindet dadurch ja leider nicht die rechtsextremistische Ideologie.

Mehr Wissen also statt weniger Wissen durch Sperrungen oder Löschungen wäre meiner Meinung nach wesentlich effektiver und sogar effizienter. Aber manche Politiker in diesem Land halten das Volk für absolut doof und dämlich und meinen, dass man mit der Stimme der Vernunft keinen Wahlkampf betreiben könnte.

Das Volk ist aber nicht doof, es wird höchstens dumm gehalten, zum Beispiel durch Medien, die diese grotesken Lügen über das Internet als "rechtsfreier Raum" nicht thematisieren - vermutlich, weil viele deutsche Medien selbst das Internet als Feind ansehen.

Freitag, 14. August 2009

Frankfurt war für CIA anscheinend zentraler Ort für Planung, Organisation und Versorgung der CIA-Folter-Gefängnisse

Interrogation Inc.: A Window Into C.I.A.’s Embrace of Secret Jails (New York Times)

Die New York Times berichtet über eine zentrale Figur der CIA beim Aufbau ihrer CIA-Geheimgefängnisse: Kyle "Dusty" Foggo. Der Artikel benennt außerdem zwei konkrete CIA-Geheimgefängnisse, und zwar in Bukarest, Rumänien und in Marokko. Außerdem spricht der Artikel von einem dritten Geheimgefängnis irgendwo in Osteuropa.

Die Planung und Koordination für den Aufbau und Ausbau der Geheimgefängnisse, in denen die CIA aller Wahrscheinlichkeit nach auch folterte, soll jedoch von Foggo von Frankfurt aus gemacht worden sein. Dort arbeitete Foggo und sein Team unbehelligt in einer "geheimen" CIA-Zentrale in einem früheren IG-Farben-Haus. Foggo stieg später daraufhin bis zum dritthöchsten Posten der CIA auf.

Deutschland war also anscheinend das Zentrum der CIA für die Ausstattung und die Organisation der geheimen Folter-Gefängnisse.

Aber wie sagte Schäuble vor dem BND-Untersuchungsausschuss: Er vertraue der CIA vollumfänglich und weigere sich nach CIA-Aktivitäten auf deutschem Gebiet zu suchen: BND-Untersuchungsausschuss: Schäuble verabschiedet sich von Souveränität Deutschlands (Linkablage).

Und Dick Marty, der Sonderermittler des Europarates, hatte also Recht - nicht nur was die Existenz von CIA-Geheimgefängnissen in Osteuropa betrifft, sondern auch mit seiner Vermutung, dass alleine die US-Presse das Netz der illegalen CIA-Tätigkeiten aufdecken werde und nicht die staatlichen Pseudo-Kontrollorgane (Parlamentsausschüsse beispielsweise) der westlichen Demokratien: Wie NATO und Geheimdienste Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaat gefährden: Verdacht rund um geheime NATO-Absprachen (Linkablage).

Die Basler Zeitung berichtet von den Reaktionen Dick Martys auf die Enthüllungen: Dieser Mann baute die CIA-Verliese.

Zitat:

"Die Fakten, die jetzt rauskommen, bestätigen meinen Bericht", sagte Marty auf Anfrage. Als Sonderermittler des Europarats hatte der ehemalige Staatsanwalt von 2005 bis 2007 die Berichte über CIA-Gefängnisse der USA in Europa untersucht. In seinen Reporten wies er denn auch auf Kerker in Marokko und Rumänien hin. "Die Rumänen sind immer noch schwer beleidigt", sagt Marty.

Er ist sich auch sicher, welches osteuropäische Land "Dusty" Foggo nicht nennen wollte. "Das muss Polen sein, da bin ich mir absolut sicher, denn ich habe dort eine sehr gute Quelle." (Quelle: BazOnline.ch)

Bleibt also die Frage, ob diese äußerst umfangreichen Tätigkeiten der CIA in Frankfurt - samt vermutlich hunderter geheimer Flüge nach, über und aus Deutschland - tatsächlich den deutschen Behörden unbemerkt blieben. Ich halte das für äußerst unwahrscheinlich. Und damit wäre dann auch der BND-Untersuchungsausschuss noch einmal deutlich als absolute Farce enttarnt. Und damit natürlich die Glaubwürdigkeit von Steinmeier, Schröder, Fischer, Merkel, Schäuble und wie sie alle heißen schwer angeschlagen.

Im Zweifelsfall, also wenn es "drauf ankommt", regiert in Deutschland eben nicht die vom Volk Bundestag gewählte Regierung, sondern es regieren alleine letztlich die Interessen der Geheimdienste und/oder des Militärs. Die intransparente, deutsche Form der Parteien-Demokratie ist nur ein ziviler Vorhang, der diese Tatsache etwas verdeckt und die Wohnstube gastlicher aussehen lässt. Was zur Zeit des kalten Krieges aus Sicht mancher Macht-Theoretiker noch Sinn gemacht haben mag, nämlich die Existenz eines nicht-souveränen Deutschlands mit einer Pseudo-Demokratie in Form unserer Parteiendemokratie, wird zunehmend zu einer Gefahr für die Bürger und ihre Freiheit. Das freie Walten und Schalten der CIA auf deutschem Territorium macht dies - unter anderem - deutlich.

Die Frankfurter Rundschau berichtet auf Deutsch über den Artikel der New York Times: CIA-Gefängnisse: Geheimknäste von Frankfurt aus geplant?.

Mal sehen, welches Medien-Echo diese Enthüllungen in Deutschland auslösen. Darf ich raten? Ich befürchte: keine nennenswerten. Aber, mal sehen... Und wenn sie tatsächlich kein größeres Echo auslösen, wäre dies wiederum ein äußerst interessanter Hinweis, ein deutliches Zeichen dafür, wem die Loyalitäten der großen Medien in Deutschland gelten. Besonders gespannt bin ich auf die Berichterstattung von ARD und ZDF. Wird es Brennpunkte geben? Sondersendungen oder zumindest "harsche Interviews" mit Merkel, Schäuble, Steinmeier? Aber welcher Journalistendarsteller von diesen Sendern sollte solche "harschen Befragungen" machen? Vielleicht sollten deutsche Medien mal bei der CIA nachfragen, wie man so etwas macht?

Donnerstag, 13. August 2009

Smartphone "Palm Pre" verschickt Daten über Nutzer an Hersteller

Palm Pre telefoniert nach Hause (Heise.de)

Zitat:

Nach einer Analyse des amerikanischen Bloggers Joey Hess überträgt das Smartphone Palm Pre regelmäßig Daten an den Hersteller Palm. Dazu gehörten etwa die aktuellen GPS-Koordinaten, eine Liste abgestürzter Anwendungen sowie – besonders bemerkenswert – Namen und Nutzungsdauer der installierten Programme. (Quelle: Heise.de)

Übrigens, Ihre Wohnung ist nicht abgeschlossen, auch wenn sie abgeschlossen ist

Lockpicking and the Internet (Schneier.com)

Zitat:

Physical locks aren't very good. They keep the honest out, but any burglar worth his salt can pick the common door lock pretty quickly.

It used to be that most people didn't know this. Sure, we all watched television criminals and private detectives pick locks with an ease only found on television and thought it realistic, but somehow we still held onto the belief that our own locks kept us safe from intruders. (Quelle: Schneier.com)

Der Artikel enthält jede Menge Links zu Informationen darüber, wie leicht es ist, normale Türschlösser (aber auch unnormale, teure) zu öffnen - ohne Spuren zu hinterlassen. Das geht häufig in wenigen Minuten. Wer also sicher gehen will, dass während seiner Abwesenheit niemand in der Wohnung war, sollte entweder ausgeklügelte Videoüberwachung betreiben oder sonst irgendwie seine Wohnung so präparieren, dass heimlicher Besuch zumindest im Nachhinein nicht verborgen bleibt.

Großbritannien verurteilt tatsächlich Menschen, weil sie von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch machen

Two convicted for refusal to decrypt data (The Register)

Zitat:

Two people have been successfully prosecuted for refusing to provide authorities with their encryption keys, resulting in landmark convictions that may have carried jail sentences of up to five years. (Quelle: TheRegister.co.uk)

"Sie haben das Recht zu schweigen"... - dieser von Rechtsstaaten weltweit bislang respektierte Grundsatz der Rechtsprechung gilt in Großbritannien nicht mehr. Großbritannien ist demnach - wohl nicht nur aus meiner Sicht - kein Rechtsstaat mehr.

Mittwoch, 12. August 2009

Studie des DIW: Reallöhne der Arbeitnehmer sanken in vergangenen Jahren in nie gekannter Weise - Einnahmen von Kapitalanlegern stiegen rasant

Arbeitnehmer schultern immer mehr Lasten (Spiegel.de)

Zitat:

Was viele Arbeitnehmer ohnehin als gefühlten Trend im Alltag wahrnehmen, ist nun durch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) belegt: Ihre Belastung durch Steuern und Sozialabgaben steigt stetig, die Löhne dagegen sinken. Arbeitnehmer hätten in den vergangenen fünf Jahren unter dem Strich immer weniger verdient.

Als "einmalig" in der Geschichte der Bundesrepublik wertete das Institut das Phänomen, das die Löhne hierzulande auch nach dem 2004 einsetzenden Aufschwung weiter gesunken sein. [...]

Die schwache Lohnentwicklung sei zudem nicht darauf zurückzuführen, dass die Einkommen von gering Qualifizierten gesunken sei. Vielmehr seien die Einkommen aller Berufsgruppen gesunken. (Quelle: Spiegel.de)

Privatisierung von Brandenbuger Seen vorerst gestoppt

Brandenburger Seen bleiben volkseigen: Privatisierung geht baden (Taz.de)

Zitat:

Der Verkauf von Seen wird vorläufig gestoppt, verkündet die zuständige Bundesbehörde. Probleme wie am Wandlitzsee sollen künftig vermieden werden. (Quelle: Taz.de)

Äußerst untypisch. Folge des Wahlkampfes oder eines grundlegenden Umdenkens?

Hinterm Horizont der Parteiendemokratie geht's weiter: Lafontaine und Gauweiler auf der Suche nach mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für das Volk

Lafontaine-Gauweiler-Auftritt: Stelldichein der Outlaws (Spiegel.de)

Zitat:

Pointen, Sprachmacht, Populismus: Bei einem skurrilen Wahlkampfauftritt auf dem Münchner Nockherberg spielen sich Linke-Chef Lafontaine und CSU-Renegat Gauweiler die Bälle zu - und wirbeln links und rechts durcheinander. [...]

Und dann setzt Lafontaine auf die Sache mit den Parteispenden. Er wolle eine Demokratie, die nicht von Spenden beeinflusst werde. Deshalb sollten Großkonzerne und Banken nicht an Parteien spenden dürfen. [...] "Ihr seid Opfer Eurer Naivität", ruft der CSU-Mann dem linken Block zu. Längst seien nicht mehr die Spenden ausschlaggebend, sondern die Wahlkampfkostenerstattung durch den Staat, die die Parteien steuern würden. "Wir entwickeln uns zu einer Parteiapparateherrschaft, das ist viel bedrohlicher", ärgert sich Gauweiler.

Sein Rezept: Die Bürger sollen auf der Wahlliste einzelne Kandidaten und nicht die Liste, also den "Apparat", wählen können: "Wir brauchen den freien Parlamentarier." (Quelle: Spiegel.de)

Man könnte es vielleicht so ausdrücken: Lafontaine und Gauweiler haben beide zum Ziel, dem Volk mehr Mitsprachemöglichkeiten und mehr direkten Einfluss auf die Politik zu ermöglichen. Der Spiegel nennt dieses Ziel in der typischen Manier der deutschen Medien (die riesige Angst vor Veränderungen des Status Quo haben) "Populismus". Deshalb, wegen diesem gemeinsamen Ziel fanden sich Lafontain und Gauweiler Seite an Seite vorm Bundesverfassungsgericht wieder, als es gegen den Lissabon-Vertrag der EU ging. Gauweiler greift darüber hinaus den Parteienstaat, die Parteiendemokratie direkt an, während Lafontain eher sieht, dass das Fehlen sozialer Absicherung dazu führt, dass die Menschen nicht teilhaben an der Politik und dass Wirtschaftslobbyisten die Macht an sich gezogen haben.

Es wäre schön, wenn sich hier eine alle Lager überspannende Koalition bilden könnte, die gemeinsam überlegt, wie man die Demokratie in Deutschland wieder auf Vordermann bringen könnte. Ohne eine umfassende Reform scheint es nicht mehr zu gehen. Diese Reform müsste einerseits die Macht der Parteien extrem zusammenschrumpfen lassen zu Gunsten freierer Parlamentarierer und zu Gunsten direkterer Mitsprachemöglichkeiten der Bürger. Außerdem müssten Mittel und Wege gefunden werden, den nicht-öffentlichen Einfluss von Lobbyisten zu unterbinden und es müsste von beiden Lagern betont werden, dass Demokratie ohne soziale Gerechtigkeit nicht funktioniert.

Aber solch ein Kampf für mehr Demokratie wird nicht einfach. Lobbyisten, die von der Wirtschaft zu einhundert Prozent abhängigen Medien, die sogenannten Parteien der "Mitte" und die Neoliberalen (die ja einen schwachen Staat - und damit dann automatisch auch eine schwache Demokratie und einen schwachen Einfluss der Bevölkerung - wollen) werden alles tun, um eine Abschaffung der Parteiendemokratie zu Gunsten einer echten parlamentarischen Demokratie, angereichert durch Mitbestimmungsverfahren der direkten Demokratie, zu verhindern.

Dienstag, 11. August 2009

Bürgerrechtsorganisation "Statewatch" warnt: EU entwickelt sich zum Überwachungsstaat

(Via Heise.de) EU agrees rules for remote computer access by police forces – but fails, as usual, to mention – the security and intelligence agencies (Statewatch.org, PDF-Datei)

Zitat:

A quote from Senator Frank Church, who headed a seminal inquiry in 1975 into the surveillance of the peace movement in the USA (the "Church Committee report"), seems pertinent: "If a dictator ever took charge in this country, the technological capacity that the intelligence community has given the government could enable it to impose total tyranny, and there would be no way to fight back because the most careful effort to combine together in resistance to the government, no matter how privately it was done, is within the reach of government to know. Such is the capacity of technology." And that was more than 30 years ago. (Quelle: Statewatch.org)

Statewatch weist darauf hin, dass die Geheimdienste der USA und verschiedener EU-Staaten vermutlich per heimlicher Online-Durchsuchung auf die Computer der Bürger zugreifen. Es gäbe für die Geheimdienste dabei keinerlei rechtliche Regelungen, weshalb davon auszugehen sei, dass die Geheimdienste schlicht und einfach alles tun, was technisch möglich ist an heimlichen Überwachungsmaßnahmen.

Außerdem vermutet Statewatch, dass nach der Umsetzung des Lissabon-Vertrages in der EU auch die Zusammenarbeit (und damit auch der Datenaustausch) zwischen den verschiedenen nationalen Geheimdiensten durch eine neue EU-Institution geregelt und intensiviert werden könnte.

Ich gehe schon lange davon aus, dass es keinen Schutz gibt vor dem Staat. Wenn der Staat etwas wissen will, wenn der Staat jemanden intensiv überwachen will, dann wird er es machen. Und wenn es rechtlich nicht möglich ist, beispielsweise den Computer von jemandem zu verwanzen und Kameras in seiner Wohnung zu installieren (weil selbst ein Amtsrichter beispielsweise einer Überwachung eines Anwalts oder eines bekannten Journalisten ohne Vorliegen von handfesteren Belegen für ein vorliegendes Verbrechen nicht zustimmen würde), dann wird sich das BKA vermutlich ohne große Schwierigkeiten heimlich an den BND wenden und der wird eventuell die CIA fragen, doch einmal heimlich in die Wohnung der zu observierenden Person einzudringen. So halten sich dann alle Parteien mehr oder weniger an die Gesetze und so kann jeder jederzeit intensiv und heimlich und an der Justiz vorbei überwacht werden.

Geheimdienste halt. Die größten Gefährder der Demokratie.

Und hier noch eine interessante, noch umfassendere Analyse von Statewatch.org zum aufkeimenden EU-Überwachungsstaat:

The Shape of Things to Come - the EU Future Group (Statewatch.org, PDF-Datei)

Zitat:
"Every object the individual uses, every transaction they make and almost
everywhere they go will create a detailed digital record. This will generate a
wealth of information for public security organisations, and create huge
opportunities for more effective and productive public security efforts." (EU
Council Presidency paper) [...]

This examines the proposals of the Future Group and their relation to existing and
planned EU policies. It shows how European governments and EU policy-makers are
pursuing unfettered powers to access and gather masses of personal data on the
everyday life of everyone – on the grounds that we can all be safe and secure from
perceived "threats". (Quelle: Statewatch.org: The Shape of Things to Come - the EU Future Group, PDF-Datei)

Diese 60 Seiten starke Analyse von Statewatch.org macht deutlich, dass die EU-Regierungen intensiv die technischen Möglichkeiten zu einer noch umfassenderen Überwachung der Bürger ausloten und ihre Überwachungsmaßnahmen auch international und auf EU-Ebene koordinieren wollen und alle gewonnenen Daten über die Bürger untereinander austauschen wollen.

Montag, 10. August 2009

Grotesker Nicht-Wahlkampf enthüllt tiefe Krise des Parlamentarismus in Deutschland

(Via Lallus.net) Wahlkampf: Nehmt uns endlich ernst! (FAZ.net)

Zitat:

Es waren also, so viel darf man vielleicht doch schon sagen, die Tage, in denen das Unbehagen an diesem Wahlkampf wuchs und wir, die Wähler, das Gefühl nicht mehr verdrängen konnten, dass wir ja sehr gerne all die wahlkämpfenden Politiker, deren Spin-Doktoren, PR-Heinis und Berater viel ernster nehmen würden - wenn wir uns nur von ihnen endlich ernst genommen fühlten: wenn also jene, die von uns gewählt werden wollen, mit uns so sprächen, wie Menschen sprechen, die einander prinzipiell für intelligent, erwachsen und zurechnungsfähig halten. [...]

Es kann ja nur die Angst vor dem Wähler sein, was unsere Wahlkämpfer dazu bringt, genau diesen Wähler so hemmungslos zu unterfordern, dass so viele, vor lauter Fremdsein im Wahlkampf, am liebsten Horst Schlämmer wählen würden. (Quelle: FAZ.net)

Jeder, der den letzten US-Präsidentschaftswahlkampf verfolgt hat, wird derzeit vermutlich bei der Beobachtung des deutschen Wahlkampfes nur mit staunenden, offenen Augen dasitzen oder eingeschlafen sein. Staunend darüber, dass es keinen Wahlkampf in Deutschland gibt oder eingeschlafen darüber, dass es keinen Wahlkampf in Deutschland gibt.

Natürlich gab es im US-Wahlkampf auch absolut groteske Momente. Aber sie wurden erzeugt durch die üblichen Versuche der Wahlkämpfer die Wähler mit aller Gewalt auf ihre Seite zu ziehen. Diese grotesken Momente waren, genauso wie die erbitterten inhaltlichen Debatten, Ausdruck eines mit großer Energie geführten Kampfes.

Sobald ein Politiker in Deutschland jedoch ein bestimmtes Image hat in den Medien, mit dem er leben kann, kann man es sich als Politiker in Deutschland bequem machen. Das Image wird weiter Thema bleiben in den Medien, aber nicht politische Ideen oder gesellschaftliche Probleme. Man muss gut lächeln können, aber das Denken ist nicht so wichtig. Die Politiker in Deutschland machen es sich bequem. Sie können es sich bequem machen, denn es gibt niemanden, beispielsweise in den Medien, der sie wirksam (so also, dass die Politiker reagieren müssten) in Bedrängnis bringen könnte durch Hinweise auf inhaltliche Ungereimtheiten in ihren Programmen.

Das mag daran liegen, dass die Parteiprogramme in Deutschland eh für die aktuelle Politik völlig unwichtig sind. Die Regierung kennt ihr Parteiprogramm meist gar nicht (mehr). Und die Partei und die Bundestagsabgeordneten der eigenen Partei vergessen das Parteiprogramm auch wieder ganz schnell, sobald sie an der Macht sind. Parteien geht es darum, an die Macht zu kommen, nicht ihr Parteiprogramm umzusetzen. Mit der daraus resultierenden Unglaubwürdigkeit können sie leben. Denn der Wähler hat ja keine Alternativen, weil jede Partei - wegen des politischen Systems in Deutschland - sich so verhält.

Samstag, 8. August 2009

Süddeutsche.de-Artikel gegen all die Mythen rund um die angebliche Notwendigkeit von Internetsperren gegen Kinderpornografie

Kinderpornografie: Simple Lösungen für ein komplexes Problem (Süddeutsche Zeitung)

Die Artikel-Überschrift ist leicht irreführend. Es geht um die Internetsperren gegen Kinderpornografie. Und die sind ja nun gerade keine Lösung, auch keine simple. Schon gar keine Lösung gegen Kinderpornografie.

Der Artikel erläutert, dass es zudem gar keinen Massenmarkt mit kinderpornografischen Abbildungen im Internet gibt. Dies sind die Beobachtungen von Rechtsanwalt Udo Vetter.

Und der Artikel problematisiert die Art und Weise, wie die Internetsperren in einem Hoppla-Hopp-Verfahren politisch durchgesetzt und zum Gesetz wurden.

Außerdem erläutert der Artikel, warum das Internet überhaupt kein rechtsfreier Raum ist.

Irritierende Frage im "Medienzeitalter": Wie erreicht man, dass die Leute wieder über Politik informiert sind?

Schlacht um die Offliner (Malte-Welding.com)

Malte stellt die entscheidende Frage:

Momentan werden die Bürger von dem Thema nicht recht erreicht. Gestern erst meinte eine Bekannte, die mitbekommen hat, dass ich gerade was zu dem Thema schreibe: “Ja, ich hab da auch mal gelesen, dass das jetzt ganz gefährlich sei, weil die sich jetzt so aufregen, dass sie nicht mehr auf die Seiten kommen.” Wir reden hier von einer netten, intelligenten jungen Frau, die von Netzsperren nur sehr am Rande mal etwas gehört hat. Wie kommt man an die Leute ran, die keinen Facebookaccount haben, nicht twittern und schon gar nicht bloggen? (Quelle: Malte-Welding.com)

Früher hätte man geantwortet: Sag den Offlinern, sie sollen mal ein bisschen aufmerksamer die Nachrichten verfolgen, damit sie mitbekommen, was um sie herum geschieht.

Dieser Tipp funktioniert heute bekanntlich nicht mehr. Und das nicht, weil die Offliner überhaupt gar keine Nachrichten verfolgen, sondern weil sie in den Offline-Nachrichten meistens nichts Relevantes finden. Die Hauptbotschaft der Tagesschau ist es ja, zu melden, dass die Welt (immer) noch nicht untergegangen ist, dass Politiker XY um sein Ansehen kämpft, dass es Diskussionen gibt um Steuererhöhungen/Krankenkassenbeitragssatzerhöhungen/sonstige steigende oder fallende Preise/Sozialausgabensenkungen oder -erhöhungen. Und natürlich Sport und Wetter und Lottozahlen. Politikerpersönlichkeiten, Geld (aber nur, wenn es bei diesem Thema um einige wenige Euro mehr oder weniger im Monat geht), Sport, Wetter, Lotto. Diese Themen gelten in den Normalo-Medien als relevant. Aber sind das tatsächlich die relevanten Themen? Viele Rezipienten nehmen das einfach hin. Sie kommen nicht auf den Gedanken, nicht nur den Inhalt einzelner Nachrichten zu hinterfragen, sondern die gesamte Themenauswahl und Themenschwerpunktsetzung.

Vielleicht wäre es also eine mögliche Lösung, den Leuten die thematische Beschränktheit der Mainstream-Offline-Medien unter die Nase zu reiben und was diese Beschränktheit mit ihnen, ihrer Gesellschaft, ihrer Umwelt und ihrem Weltbild macht.

Gefragt wären also Strategien, die Beschränktheit der Mainstream-Medien plastisch vor Augen zu führen, damit "die Leute" stärker und häufiger anfangen, den Medienzirkus von sich aus zu hinterfragen und von sich aus nach anderen Informationen zu suchen.

Kognitive Dissonanz erzeugen - und zwar schnell und nachhaltig - wäre also vermutlich eine dieser möglichen Strategien. Aber das ist nicht einfach. Fetzig geschriebene Weblogs, auf die man dann beispielsweise konkret verweisen kann, könnten ein kleines Puzzleteil solch einer Strategie sein.

Das ZDF zeigt Politiker zum Wohlfühlen - Aaaaahhhhh, ist das alles schöööön. Ist ja auch Urlaubszeit.

Kolumne: Liebe Meinungsmacher! (Frankfurter Rundschau)

Mely Kiyak, Kolumnistin der Frankfurter Rundschau, wundert sich über die Spitzenkandidaten-Lobhudeleien im ZDF.

Zitat:

Diese Woche sah ich im ZDF einen Filmbeitrag über den Kanzlerkandidaten. In der Programmzeitschrift stand: Porträt. Ich sah aber eine Werbesendung. [...]

Warum werden Spitzenkandidaten oder Parteivorsitzende der anderen drei Parteien nicht in einer Einzelsendung gezeigt? (Quelle: FR-Online.de)

Wie jetzt? Eine Sendung, in der alle Spitzenkandidaten miteinander kritisch verglichen werden, beispielsweise? Hahaha, der Witz war gut. Wir sind hier nicht in Großbritannien und wir haben deshalb hier auch keine BBC, sondern ARD und ZDF. Der Deutsche mag keine freche Rumfragerei, sondern liebt die aalglatten Journalisten-Darsteller bei ARD und ZDF. Das war schon immer so. Und da werden ARD, ZDF und die Politiker auch drauf achten, dass das so bleibt.

Deutsche Innenpolitik ist geprägt von einer Kultur der Unsicherheit und Angst

Staatliche Überwachung: Sicherheit total (Zeit.de)

"Wenn wir Angst haben, raschelt es überall." (Sophokles)

Ein sehr guter Artikel, der ebenfalls aufzuzeigen versucht, dass die Sicherheitspolitik bestimmt ist von Übertreibungen, falschen Rezepten, Unverhältnismäßigkeit und in Folge dessen Nebeneffekten, die schlimmer sind als die Gefahren, die man zu bekämpfen vorgibt.

Nicht irgendwelche "Gefährder" sind die Gefahr, sondern jene, die von "Gefährdern" sprechen.

Zitat:

Bedrohung ist subjektiv und damit relativ. Sie bestimmt sich nicht im Verhältnis zu einem irgendwie messbaren Gefahrenpotenzial, sondern anhand der Risiken, die jeder von uns wahrnimmt. In einer zunehmend sicheren Welt richtet sich die Angst auf immer kleinere oder unwahrscheinlichere Szenarien. [...]

Wir wissen, dass wir nach aller berechenbaren Wahrscheinlichkeit am ehesten beim Putzen des Bads oder im Auto eines unnatürlichen Todes sterben werden. Trotzdem bekommen wir keine Gänsehaut beim Anblick unseres Badezimmers. Autohersteller werden nicht von der Polizei überwacht, obwohl es, gemessen an den Todeszahlen, naheliegender wäre, einen "Krieg gegen den internationalen Straßenverkehr" auszurufen. [...]

Selbst wenn wir davon ausgingen, die "Kofferbomber von Köln" hätten Erfolg gehabt, bedroht Sie das mit einem Risiko von eins zu vier Millionen. Rund siebenmal wahrscheinlicher ist es, als Kind zu ertrinken. Natürlich kommt trotzdem niemand auf die Idee, Schwimmbäder oder Badeteiche zu verbieten. Aber 76 Prozent der Deutschen geben an, dass sie Angst haben, Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden. (Quelle: Zeit.de)

Leider beleuchtet der Artikel nicht weiter die Frage, warum Polizei, Geheimdienste und Innenpolitiker auf Landes- und Bundesebene sich so sehr vor den Karren der irrationalen Ängste der Bevölkerung spannen lassen. Bei anderen politischen Themen geschieht dies ja auch nicht, da sind Politiker durchaus in der Lage Politik gegen den Stammtisch oder gegen populäre Missverständnisse durchzusetzen. Meine These ist, dass die Sicherheitsbehörden und Innenpolitiker bei diesem Thema nicht etwa Getriebene, sondern Treibende sind. Die gefährlichen Nebenwirkungen von immer intensiveren "Sicherheits"-Maßnahmen werden von diesen Leuten nicht nur hingenommen, sondern diese Nebenwirkungen sind sogar auf Seiten mancher Politiker erwünscht. Man muss sich nur ansehen, wie Schäuble, die CDU, die Generalbundesanwältin und manche Medien vermeintliche Ermittlungserfolge gegen Terrorismus politisch ausschlachten oder wie Sicherheitsbehörden Hand in Hand mit manchen Politikern Politik gegen vermeintlich hochgefährliche linke Gruppen (G8-Gegner) machen...

Freitag, 7. August 2009

SPD weiter auf politischen Abwegen ins extremistische Lager: Teile der SPD-Bundestagsfraktion befürworten Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen

(Via Fefe) SPD fordert Anti-Pirateriegesetz nach französischem Vorbild (Digitale Linke)

Zitat:

Die filmpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Krüger-Leißner, hat in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift promedia (nur in der Printfassung zugänglich) gefordert, im Internet den "Schutz des geistigen Eigentums" nach französischem Vorbild sicherzustellen. Dazu ist sie bereit, auch Grundrechte über Bord zu werfen – so jedenfalls belegen es ihre Interview-Äußerungen: "In Deutschland ist manches schwieriger als in anderen Ländern. Wir haben starke Grundrechte in unserem Grundgesetz verankert, aber die hindern uns manchmal einfache, klare Lösungen zu finden. Als ich gehört habe, wie die Franzosen das Problem der Piraterie lösen wollen, habe ich mich gefragt, warum wir das nicht hinbekommen." [...]

["]Wir neigen immer dazu, komplizierte Lösungen zu finden, während die französische eine simple Lösung ist, die auf den ersten Blick einleuchtet." (Quelle: Blog.Die-Linke.de)

"Franzöisches Vorbild" heißt in diesem Fall, dass Urheberrechtsverletzern von einer Behörde auf Zuruf der Musikindustrie für lange Zeit jeglicher private Zugang zum Internet verboten wird. "Französisches Vorbild" heißt, dass Bürger massiv in ihrer informationellen Sebstbestimmung behindert werden. "Französisches Vorbild" heißt, dass Bürger massiv bei der demokratischen Mitwirkung in der Gesellschaft und in ihrer Berufsausübung und in ihren Kontakten und in ihrer Kommunikation mit Freunden und Familien behindert werden. Und das nur, weil eine sterbende Industrie, deren Dienstleistungen technisch überflüssig geworden sind, fiktive Schäden anzeigt.

Das "Französische Vorbild" im Umgang mit Urheberrechtsverletzern ist somit vor allem eines: Ein Vorbild der Unverhältnismäßigkeit und Inkompetenz und mit seinen Beschränkungen der Bürgerrechte ein schwerer Angriff auf das Grundgesetz und die Demokratie.

SPD weiter auf politischen Abwegen ins extremistische Lager: SPD-Chef Jurk in Sachsen nähme Verstoß gegen Grundgesetz in Kauf

Streitfall Web-Sperren entzweit die SPD (Heise.de)

Zitat:

Der sächsische Wirtschaftsminister Thomas Jurk von der SPD ließ sich in einem von der Freien Presse organisierten l Chat derweil gegenüber einem von ihm ausgemachten "Piraten" trotz seines abgelegten Eids auf die Verfassung zu einer gewagten Aussage verleiten: "Wenn wir gegen das Grundgesetz verstoßen, weil wir Pädophilen unmöglich machen kinderpornografische Bilder aus dem Internet herunterzuladen, dann nehme ich das in Kauf", erklärte der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Sachsen. (Quelle: Heise.de)

Mensch, was für ein mutiger Mann, dieser SPD-Spitzenkandidat! Hat keine Scheu, das von vielen als so wichtig erachtete Grundgesetz zur Seite zu schieben! Wie engagiert von dem SPD-Mann! Unerschrocken gegen Verbrecher! Harte Hand gegen Kriminelle! Weg also mit diesem überflüssigen Balast namens Grundgesetz! So will ich die SPD sehen: Motiviert, auf Seiten des einfachen Mannes (der bei "Grundgesetz" eh nur "Bahnhof" versteht), engagiert gegen das Böse in der Welt. Nur so kann die SPD nämlich gegen ihren in Zukunft wichtigsten Konkurrenten dort unten im Lager der Unter-Fünf-Prozent-Parteien bestehen. Wenn dort unten im Sumpf die SPD nicht extremistische Töne anschlagen würde so wie dieser Murks, äh Jurks, äh Jurk, würde sie vermutlich nämlich glatt noch weniger Stimmen bekommen als die NPD. Die SPD kennt nämlich ihre Gegner und weiß total ganz genau, was ihre potenziellen Wähler wollen. Also: Weiter so!

Donnerstag, 6. August 2009

Grüne unterstützen Europakurs der CSU bei Diskussion um mehr Rechte für Bundestag auf EU-Ebene

Europapolitik: Grüne unterstützen Europakurs der CSU (Süddeutsche Zeitung)

Zitat:

Eine Stärkung des deutschen Parlaments in der Europapolitik sei immer schon eine Forderung der Grünen [...]. In einem vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages im Auftrag der Grünen erstellten Entwurf des Begleitgesetzes heißt es: "Gibt der Bundestag eine Stellungnahme ab, legt die Bundesregierung diese ihren Verhandlungen zugrunde." Abweichungen erlaubt der Entwurf nur aus "wichtigen außen- und integrationspolitischen Gründen". [...]

SPD und FDP haben bereits klargestellt, dass sie eine Verbindlichkeit der Stellungnahmen des Bundestages ablehnen. Auch aus der CDU wurde zum Teil scharfe Kritik an dem Vorstoß der CSU geäußert. (Quelle: Sueddeutsche.de)

Die Grünen gelten ja bislang als absolute Pro-EU-Partei in Deutschland. Und die CSU als neue Anti-EU-Partei. So zumindest häufig die oberflächliche Darstellung in den Medien. Mal sehen, wie die Spindoktoren von SPD, FDP und CDU mit diesem "Bündnis" aus Grünen und CSU jetzt umgehen: Die Grünen zu Anti-Europäern erklären oder die CSU zu verantwortunglosen Spinnern? Irgendwie nicht glaubwürdig. Das schaffen selbst die Spindoktoren nicht. Ah, ich ahne, wie man mit diesem kleinen Aufkeimen von Sachpolitik umgehen wird bei SPD und CDU und somit auch beim größten Teil der deutschen Medien: Ignorieren.

Ein extremes Beispiel der Verlogenheit: SPD betreibt selbst ungefilterte DNS-Server - Müssen Kinderschänder nun der SPD dankbar sein?

Der Dank der Kinderschänder (Evildaystar.de)

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Eckhard Fischer beschimpfte kürzlich einen Bürger, der bekanntgegeben hatte, einen nicht gefilterten, nicht zensierten DNS-Server nutzen zu wollen mit den Worten: "Sie hingegen haben für sich die technischen Voraussetzungen geschaffen, damit sie sich weiterhin unbeschränkt, wenn Sie denn die Absicht hätten, die Vergewaltigung von Kindern betrachten können und dies auch im Bekanntenkreis weiter empfohlen. Die Kinderschänder in dieser Welt werden es Ihnen danken." Pädophile, die ihre Neigung bekämpften, würden dagegen der SPD danken, "da sie nun nicht mehr Gefahr laufen, versehentlich auf entsprechende Seiten zu stoßen". (Quelle: Heise.de).

Und nun zeigt das Weblog Evildaystar.de im oben verlinkten Artikel auf, dass die SPD selbst in ihrer Bundeszentrale eigene, anscheinend nicht gefilterte DNS-Server betreibt, die die Genossen zum ungefilterten Zugriff auf das Internet nutzen können.

Da kann man nur hoffen, dass es in der SPD keine Kinderschänder gibt. Aber da man das eben nur hoffen kann und darüber nicht sicher sein kann, ist die SPD aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion selbst also ein unverantwortlicher Verein, dem die Kinderschänder dieser Welt danken müssten.

Berichterstattung über kommende Leichtathletik-WM wird zeigen, welche Medien ihre Mitarbeiter schützen und welche nicht

taz sagt Leichtathletik-WM ab (Heise.de)

Auf den ersten Blick eine für Sportdesinteressierte völlig unwichtige Meldung, so scheint es: Die Taz wird nicht von der 12. Leichtathletikweltmeisterschaft berichten, die in wenigen Tagen in Berlin anfängt.

Die Taz berichtet jedoch nicht, weil sich eh kaum jemand dafür interessiert, oder weil sie Personalmangel haben. Nein, die Taz berichtet nicht, weil die Taz ihre Mitarbeiter und Journalisten beschützen will - so wie sich das für einen verantwortungsvollen Arbeitgeber gehört.

Denn jeder TV-Sender, jeder Radio-Sender und jede Zeitung, die in den nächsten Tagen eigene Reporter vor Ort von der Leichtathletikweltmeisterschaft berichten lassen, verletzen dabei die Rechte ihrer Mitarbeiter und Journalisten, weil die Journalisten nämlich unterschreiben mussten, dass das privatwirtschaftliche "Berliner Organisations-Komitee" (BOC), das die DopingSpiele organisiert, intensiven Zugriff auf viele bei den Sicherheitsbehörden eventuell gespeicherten Daten der Journalisten bekommen darf.

Zitat:

Ihnen [den Taz-Journalisten, Anmerkg. von mir, Solon] wurde den Angaben zufolge die Akkreditierung verweigert, weil sie die Einverständniserklärung nicht unterschrieben beziehungsweise entscheidende Passagen gestrichen hatten. Hätten sie es getan, wären laut taz über sie Erkundungen beim Landesdatensystem POLIKS, beim Polizeiinformationssystem INPOL-neu, beim polizeilichen Staatsschutz Berlin, bei der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze ("Gewalttäter Sport") sowie bei "vergleichbaren Datensammlungen der Polizei des Bundes und der Länder" eingeholt worden. Auch der Verfassungsschutz der Länder und des Bundes sowie der Bundesnachrichtendienst würden in die Untersuchungen eingebunden. Dies sei nicht nur unverhältnismäßig, hält die tageszeitung fest, es fehle zudem eine Rechtsgrundlage und die Journalisten würden ohne Anhaltspunkte zu potenziellen Verdächtigen gestempelt. (Quelle: Heise.de)

Man wird also in den nächsten Tagen offen sehen können, welche Arbeitgeber in den Medien die Rechte ihrer Mitarbeiter mit Füßen treten. Denn jeder Sender oder jede Zeitung, die mit eigenen Mitarbeitern direkt vor Ort von diesem krankheitsfördernden Profi-Sport-Ereignis berichtet, muss folgerichtig seine Journalisten zuvor ins Messer hat laufen lassen.

Natürlich ist das alles auch ein erneutes Beispiel für inaktzeptable Gesetze, die den Datenschutz nur als Erschwernis für Sicherheitsbehörden begreifen und nicht als Schutz für die Bürger. In Berlin regiert übrigens die SPD und die Linkspartei in einer Koalition. Warum also lassen sie derartige gesetzliche Möglichkeiten zu, dass Privatfirmen überhaupt in diesem Umfang Daten von staatlichen Sicherheitsbehörden nutzen dürfen?