Donnerstag, 23. April 2009

Weiteres illegales KFZ-Kennzeichen-Screening in Bundesländern lässt an Autorität des Verfassungsgerichts zweifeln

Autokennzeichen-Erfassung: Fünf Bundesländer nutzen verbotene Videoüberwachung (Spiegel.de)

Zitat:

Laut ADAC erfassen noch immer fünf Bundesländer Autokennzeichen per Video. Damit verstoßen sie gegen ein im März 2008 gefälltes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. [...]

Ein Gutachten belege Verstöße in Bayern, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Baden-Württemberg, teilte der ADAC am Donnerstag in München mit. In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel würden Autofahrer weiter nach dem alten, in einzelnen Aspekten verfassungswidrigen Gesetz ohne jeden Anlass überwacht. [...]

Baden-Württemberg plane trotz der klaren Vorgaben der Karlsruher Richter eine nicht verfassungsgemäße Überwachung des Straßenverkehrs. Die Polizei in Berlin führe mittlerweile sogar ohne erforderliche gesetzliche Grundlage Videokontrollen durch [...]. (Quelle: Spiegel.de)

Rechtliche Konsequenzen wird dieses Fehlverhalten der Exekutiv-Organe natürlich nicht haben. Urteile des Bundesverfassungsgerichts scheinen im Grunde genommen nur so eine Art "Ermahnung" zu sein, ohne wirkliche Autorität.

IP-Datensammeln von Besuchern der Kinderporno-Sperrseite eröffnet Kriminellen Missbrauchsmöglichkeiten

1&1 hält Vertrag zu Kinderporno-Sperren weiter für unzureichend (Heise.de)

Zitat:

Kriminellen böten sich ganz neue Möglichkeiten, Unschuldige in den Verdacht des Konsums kinderpornographischer Darstellungen zu bringen. Im Internet kursierten bereits Anleitungen, wie böswillige Netzbürger anhand des Regierungsvorstoßes unbedarfte Surfer als vermeintlichen Kinderporno-Nachfrager abstempeln könnten. Dafür sei es nur nötig, einen verklausulierten Link auf die geplante Stopp-Seite zu verbreiten und damit eine mögliche Aufzeichnung der Nutzerspuren anzustoßen. (Quelle: Heise.de)

Gesetzesentwurf zur Kinderporno-Sperre schafft Angst und Rechtsunsicherheit bei normalen Surfern

Kinderpornografie: Internet-Sperre schränkt Grundrechte ein (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Die Grundrechteinschränkung, die das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat, ist das Ergebnis einer erheblichen Verschärfung des Entwurfs. Neu ist, dass die Provider nun doch die IP-Adressen von Internetnutzern, die - gezielt oder unwissentlich - versuchen, auf die blockierten Seiten zuzugreifen, speichern und an "die zuständigen Stellen" weiterleiten dürfen. [...]

Eine Speicherung von Verbindungsdaten solle aber nicht erfolgen, sagte Zypries - obwohl diese Möglichkeit im Text des Gesetzentwurfs ausdrücklich erwähnt wird.

Die Speicherung dieser Daten mache alle Nutzer pauschal zu Verdächtigen, selbst wenn sie keine Ahnung haben, auf was für eine Seite ein Link führt [...].

Neu ist auch, dass nicht mehr nur Seiten, die Kinderpornografie enthalten, blockiert werden - sondern auch Seiten, die auf solche Angebote verweisen.

So könnte die Sperrung allerdings auch sogenannte Whistleblower-Seiten wie Wikileaks.org betreffen. (Quelle: FR-Online.de)

Fazit: Eine nicht öffentlich kontrollierte Polizeibehörde bestimmt selbständig, welche Internetseiten gesperrt werden - u.a. jetzt auch Internetseiten, die nichts direkt mit Kinderpornografie zu tun haben. Nutzer können ohne jegliche Absicht auf gesperrten Seiten landen und werden so - ebenfalls ohne dies zu wissen - zu Verdächtigen. Dies kann in Deutschland ruck-zuck Hausdurchsuchungen nach sich ziehen samt langjähriger Beschlagnahme aller Datenträger und IT-Ausrüstung.

Dem gegenüber stehen quasi keine tatsächlichen Vorteile zur Bekämpfung von Kinderpornografie durch das Gesetz.

Die öffentlich-rechtlichen Medien berichten nicht über die Kritik am Gesetz.

Sieht man sich die Monströsität dieses Gesetzes an und die trotzdem ausbleibende Protestreaktion breiter gesellschaftlicher Kreise, muss man schlussfolgern, dass in Deutschland eine Bundesregierung jegliche Art von Gesetzen verabschieden kann, so lange nur solche abstrakten Werte wie Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit betroffen sind und es nicht um die Erhöhung von Steuern, Krankenkassenbeiträgen oder Abwrackprämien geht. Das wirft ein insgesamt absolut katastrophals Bild auf den Zustand dieser Gesellschaft und löst bei mir heftige Fluchtreaktionen aus. Zumal mit der kommenden Bundestagswahl eher wohl noch eine Verschlechterung dieser Situation zu erwarten ist.

Proteste gegen Regierungsentwurf für Kinderporno-Sperren

Proteste gegen Regierungsentwurf für Kinderporno-Sperren (Heise.de)

Zitat:

Der Münsteraner Informationsrechtler Thomas Hoeren etwa sprach gegenüber heise online von einer "Sauerei", dass es nun doch um die Aufzeichnung von IP-Adressen gehe. Noch vor einer Woche habe das Bundesfamilienministerium das Gegenteil versichert. Die Erfassung personenbezogener Daten bezeichnete der Rechtsprofessor als "schweren Eingriff ins Fernmeldegeheimnis" [...]. (Quelle: Heise.de)

Gesetzentwurf des Bundeskabinetts: Sperrung von Internetseiten wird gekoppelt mit völlig neuer Dimension der Internetüberwachung durch BKA

Kinderporno-Sperren: "Frontalangriff auf die freie Kommunikation" befürchtet (Heise.de)

Zitat:

Der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert übt scharfe Kritik an den Plänen zu Kinderporno-Websperren. Im aktuellen Gesetzesentwurf, den das Bundeskabinett am morgigen Mittwoch beschließen will, erkennt er eine "völlig neue Überwachungsdimension". Werde das Speichern der Zugriffsversuche und die Weitergabe etwa von IP-Adressen an die Polizei gestattet, könnte eine Vorverlagerung der Verdachtsgewinnung erfolgen, "die Zigtausende von absolut unschuldigen Menschen zu Verdächtigen machen würde". [...]

Die Aufnahme in das Filterverzeichnis durch eine "Verwaltungsbehörde" schaffe zugleich "nicht ansatzweise" echte Rechtssicherheit, ob eine Webseite tatsächlich kriminelle Inhalte enthalte. (Quelle: Heise.de)

Tagesschau und Heute verschweigen übrigens, dass im Gesetzesentwurf des Kabinetts derartige neue Befugnis-Ausweitungen des BKA zur Internetüberwachung drinstehen.

Regierungsfunk halt.

Wie SPD und Union diesen freiheitlichen Rechtsstaat namens Bundesrepublik Deutschland kaputt machen

Staat und Privates: Republik im Notstand (Frankfurter Rundschau)

Ich tue dem verlinkten Artikel mit meiner Überschrift oben etwas Unrecht. Denn der Ton des verlinkten Artikels ist nirgends einer des Agitprops. Inhaltlich läuft es jedoch genau auf die von mir gewählte Überschrift "Wie SPD und Union diesen freiheitlichen Rechtsstaat namens Bundesrepublik Deutschland kaputt machen" hinaus.

Der verlinkte Artikel von Christian Bommarius ist das Lesenswerteste, was ich im vergangenen Jahr hier verlinkt habe. Bitte verlinkt diesen Artikel weiter, weist auf ihn hin, druckt ihn aus für all die, die das Internet nur ausgedruckt lesen und gebt ihn weiter als Gedankenanregung für die Leute, die nur "Tagesschau" und "Heute" gucken.

Zitat:

Vierzig Jahre hat der Gesetzgeber benötigt, um die Kritiker der Notstandsgesetze zu bestätigen. [...]

Und es ist zugleich die Bestätigung von Jaspers' Skepsis: "Unsere Staatsstruktur beruht auf der Angst vor dem Volk, dem Misstrauen gegen das Volk [...]." [...]

Die neue Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik bedroht nicht nur einzelne Grundrechte, sie gefährdet das Fundament des Grundgesetzes. [...]

Aus allen Sicherheitsgesetzen der vergangenen Jahre tönt die Devise: "Erst müssen die Menschen für den Staat da sein, damit der Staat für die Menschen da sein kann." Das ist die Parole des Präventionsstaats. [...]

Die Möglichkeit des Präventionsstaats, die Garantie der inneren Sicherheit im entscheidenden Augenblick tatsächlich einzulösen, ist grotesk begrenzt. Fast unbeschränkt hingegen ist sein Anspruch, zur Einlösung der unseriösen Garantie unverdächtige Bürger als potenzielle Täter zu betrachten, die Privatheit also unter Generalverdacht stellen zu dürfen. (Quelle: FR-Online.de)

Der Artikel macht indirekt deutlich, wie sich das Verständnis von Freiheit und Rechtsstaat bei SPD und Union, dokumentiert durch ihre Politik der vergangenen Jahre, grundlegend unterscheidet von dem, wovon das Grundgesetz spricht und was das Grundgesetz schützen will. Nicht umsonst bezeichne ich SPD und Union neuerdings als extremistische Parteien.

Montag, 20. April 2009

Sichtweisen von Anklage und Verteidung kurz vor Prozessbeginn gegen "Sauerland-Terroristen"

"Die Welt wird brennen" (Welt.de)

Wenn man von dem suggestiven Anfang des Artikels absieht, in dem bildlich ausgemalt wird, wie die sogenannten "Sauerland-Terroristen" vor den Kochtöpfen stehen und versuchen ihre Bomben zu kochen, ein einigermaßen brauchbarer Artikel, der auch Hinweise auf mögliche Verbindungen von Geheimdiensten zu den Terroristen und ihrem Umfeld erwähnt. Man muss ja schon gnädig sein, wenn in den Medien nicht mehr nur völlig unkritisch die Meinung von BKA und Bundesanwaltschaft eins zu eins übernommen wird. Ein (kleiner) Fortschritt also bei den Medien.

Zitat:

Ein Zuträger der Nachrichtendienste soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen auch der in Deutschland geborene Türke Mevlüt K. sein. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, den Sauerländern bei der Beschaffung der Sprengzünder geholfen zu haben. K., der in der islamistischen Szene den Tarnnamen "Abu Obeida" trägt, war 2002 in Ankara mit einem Koffer voller Geld als mutmaßlicher Unterstützer von al-Qaida festgenommen worden. Doch nach nur einem Jahr kam er wieder aus der Haft frei - angeblich weil er sich sowohl mit dem türkischen Geheimdienst MIT als auch mit der CIA verbündet hatte. Die Bundesanwaltschaft hat bislang keinen Haftbefehl gegen Mevlüt K. erwirkt, der in der Türkei leben soll. (Quelle: Welt.de)

Für Journalisten ist es peinlich, einer Frau von der Leyen zu glauben

Das Stoppschild ist dringend nötig! (Tagesschau.de)

Ein Kommentar bei Tagesschau.de für die Einführung von Internetfiltern gegen Kinderpornografie.

Ich hab nichts dagegen, wenn jemand seine Pro-Filter-Meinung als Kommentar darstellt. Problematisch wird das jedoch, wenn er dabei mit nachweisbar falschen Zahlen argumentiert und nicht auf die Lügen von Frau von der Leyen hinweist.

Kann man als seriöser Journalist überhaupt noch den Ausführungen von Frau von der Leyen einfach so glauben?

Kann man als angeblich seriöse Nachrichtensendung seinen Zuschauern einen mit solch einer faustdicken Lüge daherkommenden Kommentar zumuten?

Anscheind ja. Bei der Tagesschau ist das möglich.

Internet-Sperren für Urheberrechtsverletzer bleiben auf der EU-Agenda

Internet-Sperren für Urheberrechtsverletzer bleiben auf der EU-Agenda (Heise.de)

Zitat:

Laut einem Kompromissvorschlag für die Neufassung der europäischen Telecom-Regulierung soll der Grundrechtsschutz der Internetnutzer nur noch in abgeschwächter Form sowie als nicht einklagbarer Erwägungsgrund in das umfangreiche Gesetzesvorhaben aufgenommen werden. (Quelle: Heise.de)

Es ist erschreckend, wie im EU-Parlament die kleine Lobby von Musikindustrie, Filmindustrie und Zeitungsverlegern die Fäden zieht und wie die Parlamentarier immer wieder aufs Neue in die Irre geführt werden durch einzelne, vermutlich korrupte Parlaments-Ausschuss-Berichterstatter. In einer Art Halbschatten, außerhalb der Wahrnehmung der ganz bewusst größtenteils nicht über die Vorgänge berichtenden Medien sollen grundlegende Bürgerrechte massiv beschnitten werden durch neue gesetzgeberische Leitlinien.