Samstag, 16. Februar 2008

Heiße Ware in zwei Fällen: Daten aus Liechtenstein

Steuerskandal: Drei Festnahmen im Liechtensteiner Erpressungsfall (Spiegel.de)

Schon verrückt: In dem einen Fall kauft der BND (oder die Bundesregierung - die Angaben dazu variieren in der Presse) via Informant Kundendaten der Liechtensteiner Bank LGT. Und in dem im hier verlinkten Artikel geschilderten Fall werden Leute verhaftet, die auch im Besitz von anscheinend ähnlichen Kundendaten waren, allerdings von der Liechtensteiner Bank LBB, und diese Daten jedoch dazu nutzten, um die Bank zu erpressen.

Ausschnitt:

Insgesamt neun Millionen Euro sollen die Erpresser seit 2005 von der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) kassiert haben, damit sie deren Kundendaten nicht ausplaudern. Jetzt hat die Polizei drei Verdächtige in dem Fall festgenommen [...]. Die Rostocker Ermittler waren dem Verbrechen zufällig auf die Spur gekommen [...]. Lückemann betonte, die Festnahmen hätten nichts mit dem aktuellen Steuerskandal um Ex-Postchef Klaus Zumwinkel und andere Kunden der Liechtensteiner LGT-Bank zu tun. (Quelle: Spiegel.de)

Steuerhinterziehung in Liechtenstein: Bundesregierung bezahlte BND-Informanten

Moral und Wirtschaft: Die Politiker schießen sich auf die Manager ein (Welt.de)

Ausschnitt:

Unterdessen werden pikante Details bekannt, wie die Fahnder an die brisanten Bankdaten aus Liechtenstein gelangten. Der Ankauf von Kundendaten der Liechtensteiner LGT Treuhand AG wurde aus dem Etat des Bundesfinanzministeriums bezahlt. Dabei soll es sich um knapp mehr als vier Millionen Euro gehandelt haben. Berichte, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND) die Summe aufgebracht haben soll, seien falsch, sagte ein hochrangiger BND-Mitarbeiter zu WELT ONLINE. Ein Informant, der Kontakte zur LGT Treuhand AG besaß, hatte dem Bundesnachrichtendienst die Kundendaten angeboten. "Alle weiteren Maßnahmen wurden mit dem Bundesfinanzministerium und dem Kanzleramt abgestimmt. Der BND hat nur eine Vermittlerrolle gespielt", erklärte der Nachrichtendienstler. Der Bundesnachrichtendienst wird dem Parlamentarischen Kontrollgremium am kommenden Mittwoch Bericht über die Vorgänge erstatten. (Quelle: Welt.de)

Ob der Informant zuvor vielleicht Geld bei der LGT-Treuhand für seine Daten bekommen wollte, vom Angebot der LGT-Treuhand jedoch enttäuscht war und deshalb dann zum BND ging? Die Antwort wird man wohl nie erfahren. Schöner Stoff fürs Kino.

Freitag, 15. Februar 2008

Der grüne Punkt ist eigentlich pure Geldvernichtung und hilft der Umwelt kaum

Gelbe Tonne ohne Nutzen, dafür aber mit hohen Kosten (3Sat-Sendung "Nano")

Ausschnitt:

139.000 Tonnen Restmüll werden in Düsseldorf jährlich verbrannt. 12.000 Abfall kommen im gelben Sack zusammen, von dem die Hälfte als unbrauchbarer Sortierrest ebenfalls verbrannt wird. Nur 2500 Tonnen Kunststoffe werden aus dem Grünpunkt-Müll gesammelt, von denen wiederum zwei Drittel verbrannt werden - nur 1000 Tonnen Kunststoffe können so recycelt werden. "Da kann man sich auch überlegen, ob man nicht gleich alles ohne Aufbereitung in die Verbrennung gibt", sagt Ultrich Koch vom Verband der kommunalen Städtereiniger. "Die Aufbereitung als Ersatzbrennstoff kostet teilweise bis zu 1000 Euro bei Kunststoffen - das ist Geldvernichtug pur."

"Wir haben heute Trennsysteme, die pro Sekunde 300.000 Einzelentscheidungen treffen um zu sortieren", sagt Wiemer. Technisch könen sie heute Kunststoffe in zehn oder mehr verschiedene Sorten trennen, etwas, was der Mensch gar nicht kann." In ihrem Gutachten 2002 haben die Umweltweisen den ökologischen Sinn der Getrenntsammlung eindeutig bezweifelt. [...]

Der Rückkehr zu diesem Eintonnensystem steht aber die gültige Verpackungsverordnung entgegen, die die getrennte Erfassung und Verwertung des Verpackungsmülls vorschreibt. Dem ZDF-Magazin "Frontal 21" liegt ein Vertrag vor, in dem das Duale System den Entsorgungsfirmen Höchstquoten vorschreibt: "Übergibt der Auftragnehmer dem Sortiervertragspartner ... weniger als 98 Prozent der ... Bezugsmenge ... erhält er für jede Tonne Mindermenge eine Mehrvergütung von 55 Euro." Der Unternehmer macht damit Gewinn, wenn er gelbe Tonnen ungeleert und gelbe Säcke zurücklässt. (Quelle: 3Sat.de/Nano)

Moderne Sklaverei in Österreich jetzt gesetzlich erlaubt

Österreich: Ausbeutung, legalisiert (Frankfurter Rundschau)

Ausschnitt:

Stundenlöhne von knapp 1,20 Euro, 64-Stunden-Woche, zusätzlich täglich zehn Stunden Arbeitsbereitschaft, drei Stunden Nachtschlaf auf der Couch: Das ist in Österreich legal für Frauen, die kranke, behinderte und alte Menschen zu Hause pflegen. Die Wohlfahrtsverbände, der sozialdemokratische Sozialminister, die Gewerkschaften: alle einverstanden. [...] Auch die österreichischen Hilfsorganisationen wollen jetzt an dem Geschäft partizipieren: Die Volkshilfe steigt ebenso in die Vermittlung "selbstständiger" Pflegerinnen ein wie das Hilfswerk und die katholische Caritas, meist mit zu Stundenlöhnen von 2,15 Euro. (Quelle: FR-Online.de)

Hinweis: Der verlinkte Artikel der Frankfurter Rundschau ist vermutlich nur maximal zwei Wochen online abrufbar.

Mit Teleskop Spiegelungen von Bildschirminhalten auf Brillen, Tassen, Augen ausspionieren

Verräterische Reflexionen: Datenklau dank Brille möglich (PC-Professionell)

Ausschnitt:

Informatiker der Universität des Saarlandes haben unter Leitung von Prof. Dr. Michael Backes gezeigt, wie leicht sich die Daten eines PC-Benutzers dank Reflexionen des Bildschirminhaltes etwa in Brillengläsern, Kaffeetassen oder Teekannen entwenden lassen. Mit einer speziell angepassten Teleskop-Ausstattung im Wert von rund 1000 Euro konnten sie aus den Spiegelbildern Informationen rekosntruieren. [...] Ihre Ergebnisse wollen die Informatiker auch am saarländischen Forschungsstand auf der Cebit (Halle 9, Stand B35) vorstellen. Als einziger wirkungsvoller Schutz bieten sich momentan nur Fensterläden und Vorhänge an. (Quelle: PC-Professionell.de)

Phantomschmerz Erbschaftssteuer

Viel Lärm um (fast) nichts (Frankfurter Rundschau)

Ausschnitt:

Wenn der Bundestag heute über die Erbschaftsteuer berät, müsste es eigentlich nicht um Entlastungen gehen, sondern um das Gegenteil: Wie kann die Gesellschaft einen größeren Anteil an den riesigen Vermögen bekommen, mit denen einige junge Menschen an den Start gehen? [...] Nirgends [...] beruhen die Wehklagen der Wirtschaft und ihrer Verbände so auf Phantomschmerz wie bei der Erbschaftsteuer. [...] 98 Prozent also bleiben steuerfrei. Kann, darf eine Gesellschaft, die sich ihrer Defizite bei Bildung und Chancengleichheit zunehmend bewusst wird, noch bescheidener werden? (Quelle: FR-Online.de

Hinweis: Der verlinkte Artikel der Frankfurter Rundschau ist vermutlich nur maximal zwei Wochen online abrufbar.

Fall Zumwinkel: Ist Informant des BND möglicherweise krimineller Erpresser?

Fall Zumwinkel: Wie die Ermittler vorgingen (Zeit.de)

Ausschnitt:

Die Vorgänge um Klaus Zumwinkel erinnern an den Fall Batliner. Damals wie heute gab es Informanten, die die Liechtensteiner Stiftungsgeschäfte von wohlhabenden Deutschen verrieten [...]. Auf dem Datenträger befanden sich interne Daten von rund 150 Kunden des Liechtensteiner Treuhänders Herbert Batliner, einem der bekanntesten und schillerndsten Vermögensverwalter im Fürstentum. Unter den Namen waren der Milliardär Friedrich Flick oder der Springreiter Paul Schockemöhle. [...] Rund 180 Milliarden Euro deutscher Schwarzgelder sollen nach Berechnungen der Deutschen Steuer-Gewerkschaft auf Konten in der Schweiz und Liechtenstein lagern. [...] Wilde Spekulationen gibt es jedoch über den Informanten. Wollte jemand Rache am Post-Chef üben? Oder zielte der Geheimnisverrat auf eine Bank? Ein Gerücht, das kursiert, besagt, dass der Fall Zumwinkel in Zusammenhang stehen könnte mit einem Erpressungsfall, der am Montag in der Presse in Liechtenstein für Schlagzeilen sollte. (Quelle: Zeit.de)

Wer hat vom vergifteten Wasser aus der Steueroase getrunken? Ermittlungen gegen bis zu 700 Verdächtige

Ermittlungen gegen bis zu 700 Verdächtige (Handelsblatt)

Wenn schon beim Bekanntwerden der Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung gegen Post-Chef Zumwinkel die Politiker warnen, das würde der Linkspartei viele Stimmen bringen (Warum eigentlich? *hysterisches Gelächter*), dann könnte nach dieser Logik die große Koalition wohl jetzt abdanken.

Ausschnitt:

Hunderte von weiteren Tätern seien bereits enttarnt, heißt es in den Ermittlerkreisen. Die Nachrichtenagentur AP konkretisiert das und berichtet mit Berufung auf Justizkreise von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum gegen 600 bis 700 weitere Verdächtige. Besondere Brisanz: Die Fahnder haben offenbar massenhaft Unterlagen aus der LGT-Bank, der Bank der liechtensteinischen Fürstenfamilie, erhalten. „Wir haben die ganze Bank geknackt“, sagte ein Ermittler dem Handelsblatt. [...] Bei den Steuersündern, so heißt es weiter, handele es sich meist um reiche und prominente Deutsche. (Quelle: Handelsblatt.com)

Ein interessantes Detail zum Fall Zumwinkel enthält der Artikel auch noch:
Erst nachdem das ZDF von der Aktion gegen Zumwinkel erfuhr, entschlossen sich die Fahnder zum Zugriff. (Quelle: Handelsblatt.com)

Das ZDF hatte seine Kameraleute vom ZDF-Morgenmagazin live vor dem Haus von Zumwinkel postiert, noch bevor die Polizei zur Razzia anrückte, wie beispielsweise Süddeutsche.de berichtet.

Das heißt, dass wohl aus den Ermittlerkreisen jemand Dinge an das ZDF verraten hat. Dies wiederum nötigte die Staatsanwaltschaft anscheinend, früher als geplant offen gegen die Verdächtigen vorzugehen. Und das wiederum könnte sich jetzt vielleicht fatal auf den Erfolg der Ermittlungstätigkeiten auswirken und so vielleicht einigen Verdächtigen ermöglichen, beispielsweise Beweise beiseite zu schaffen. Oder es führt im Gegenteil dazu, dass nun viele Steuerhinterzieher lieber den Weg der Selbstanzeige gehen.

BGH-Beschluss zu Andrej H.: Verschlüsselte E-Mails machen keinen Terroristen

BGH Beschluss vom 18.10.2007: Verschlüsselte E-Mails kein Indiz für Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (JurPC)

Die ausführliche Begründung vom Bundesgerichtshof, warum der als Terrorverdächtige monatelang intensiv überwachte und schließlich in isolierende Untersuchungshaft verfrachtete Soziologe Dr. Andrej H. sofort freizulassen war.

Das Urteil zeigt, auf Grund welcher vagen Verdachtsmomente heute die Ermittlungsbehörden bereit sind, tiefgreifend in das Leben der Bürger Untertanen einzugreifen.

Andrej H. hatte also Kontakt mit jemanden, der wiederum auch verdächtigt wurde, an einer Sachbeschädigung teilgenommen zu haben. Man hat verschlüsselt kommuniziert. Das ist anscheinend im Kern tatsächlich der Hauptgrund für die Verhaftung von Andrej H. gewesen.

Man kann die Bundesanwaltschaft und das BKA nur noch als Präventions-Amok-Verein bezeichnen.

Steuerfahndung gegen Zumwinkel: Der BND gab entscheidende Hinweise

Der Fall Zumwinkel: BND half Ermittlern auf die Spur (Süddeutsche Zeitung)

Ausschnitt:

Als die Fahnder gegen sieben Uhr morgens vor der Villa in Köln-Marienburg vorfuhren, war das ZDF schon da. Die Nation konnte live im Morgenmagazin bei einer anrollenden Durchsuchung dabei sein. [...] Um kurz nach sieben Uhr wurde auf dem Radiosender WDR 2 der Journalist Jürgen Zurheide zugeschaltet. "Eine Geheimaktion?“ fragte der Moderator. "Eher nicht", antwortete der erfahrene Rundfunkmann. [...] So öffentlich wie die Durchsuchung war die Vorgeschichte dieser Aktion nicht. Denn der Bundesnachrichtendienst (BND) spielte eine Rolle. Die Geheimen hatten Amtshilfe geleistet und einen Informanten, der vergangenes Jahr Interna über Zumwinkel anbot, an die Wuppertaler Steuerfahndung vermittelt. Mehr soll nicht gewesen sein. (Quelle: Süddeutsche.de)

Donnerstag, 14. Februar 2008

Das BKA-Gesetz wird die Republik verändern

"Das BKA wird sich der Kontrolle entziehen" (Berliner Zeitung)

Wolfgang Wieland (Grüne) erläutert im Interview wie Union und SPD mit dem neuen BKA-Gesetz die Republik verändern werden.

Ausschnitt:

Es gibt in dem Gesetzentwurf einen Paragrafen 20, der die künftigen Befugnisse des BKA auflistet. Dieser Paragraf ist gegliedert nach den Buchstaben a bis y - das heißt, man braucht fast das gesamte Alphabet, um alle Ermittlungskompetenzen für das BKA zu definieren. Dazu gehören etwa der Lauschangriff innerhalb und außerhalb der Wohnung plus Videoangriff, die Raster- und Schleierfahndung sowie der Einsatz sogenannter IMSI-Catcher, mit denen innerhalb kürzester Zeit der Standort von Handy-Benutzern ermittelt werden kann. Dazu gehören auch weitgehende Abhörerlaubnisse, der Einsatz von V-Leuten und verdeckten Ermittlern. Und das Recht, Wohnungen jederzeit betreten zu können. (Quelle: BerlinOnline.de)

Außerdem soll das BKA - ganz im Stil von Geheimdiensten - jeden, wirklich jeden Bürger Untertanen eigentlich ohne jegliche ernstzunehmende Begrenzungen ausforschen dürfen:
[...] das BKA wird durch das neue Gesetz von der Bundesanwaltschaft bis zu einem gewissen Grad abgekoppelt. Es kann selbstständig Vorfeldermittlungen führen. Und erst, wenn das BKA meint, jetzt reichen die Erkenntnisse, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, informiert es die Bundesanwaltschaft. Bis dahin steht das BKA nicht mehr unter der Sachleitungsbefugnis der Generalbundesanwältin, sondern es handelt in eigener Regie. Damit wird sich das BKA, sollte das Gesetz in Kraft treten, bis zu einem gewissen Grad jeglicher Kontrolle, der justiziellen und erst recht der parlamentarischen, entziehen können. (Quelle: BerlinOnline.de)

Mittwoch, 13. Februar 2008

Illegal vom Apfelsaft naschen - Essen (aber nicht trinken) mit Hartz IV im Selbstversuch

Sarrazin-Experiment (Mark Seibert Logbuch)

Mark Seibert startet den Selbstversuch und versucht mit dem Hartz-IV-Regelsatz für Lebensmittel auszukommen und einen vom Berliner Senator Sarrazin ausgearbeiteten dreitägigen Ernährungsplan centgenau umzusetzen.

Leider vergaß der Senator, dass der Mensch trinken muss. Auch Obst gab es nur spärlich. Eine Bratwurst und weitere Zutaten konnten ebenfalls nicht zu den von Sarrazin angegebenen Preisen gefunden werden. Andere Zutaten mussten in größeren Mengen auf einmal gekauft werden, um insgesamt im gesetzten Preislimit zu bleiben. Von einer abwechslungsreichen Ernährung könnte dann jedoch nicht mehr gesprochen werden.

Ausschnitte aus den Berichten von Mark Seibert:

Mir fehlen genau wie Udo Vetter die Worte angesichts des Rechenstücks, mit dem Berlins Finanzsenator Thilos Sarrazin zeigen will, dass 4,25 Euro pro Tag (also der Hartz IV-Regelsatz) dicke ausreichen, um sich gesund, vollwertig und abwechslungsreich zu ernähren. (Quelle: Mark.LinkeBlogs.de)
Ausgehend davon, dass der Regelsatz schon an der Grundversorgung, nämlich der Ernährung, scheitert, kann sich jeder vorstellen, welche Folgen Hartz IV für gesellschaftliche, kulturelle oder sonstige Beteiligung am Leben hat. (Quelle: Mark.LinkeBlogs.de)

Immer wieder faszinierend: Die Medienmanipulationen beim Thema "Venezuela"

Hortung von Lebensmitteln illegal (Amerika21.de)

Ich archiviere den Link zu diesem Artikel von Amerika21.de, weil zur Zeit mal wieder anderswo Agentur-Meldungen in zahlreichen deutschen Medien erscheinen, die die Situation in Venezuela extrem verkürzt darstellen. Wieder einmal ist die Medienberichterstattung über Venezuela ein äußerst anschauliches Beispiel dafür, wie Medien vor allem durch gezieltes Weglassen und Kürzen extrem manipulativ berichten. Das Beispiel Venezuela ist zur Medienanalyse so wertvoll, weil hier bei einem klar umrissenden Thema beinahe alle deutschen Medien extrem manipulativ, verkürzt und teilweise sogar völlig falsch berichten.

Verleiten lassen sich die deutschen Medien dazu vermutlich, weil die meisten deutschen Medienkonsumenten keinerlei alternative Informationsquellen über Venezuela kennen dürften und weil das Thema die meisten Menschen in Deutschland kaum direkt betrifft oder intensiver interessiert. In einem etwas größeren Rahmen betrachtet - vor allem außenpolitisch - ist das, was in Venezuela vor sich geht, jedoch dennoch bedeutsam. Außerdem ist Venezuela für bestimmte politische Gruppierungen eine Art Symbol, das entweder mit Hoffnung oder mit Hass verknüpft ist. Venezuela ist sozusagen der zugespitzte Kampf zwischen Sozialismus und Neoliberalismus. Und deswegen gibt es hier mächtige Interessengruppen, die ihre Sicht der Dinge in die Medien drücken wollen.

Dass man vieles an der Politik vom venezolanischen Präsidenten Chávez kritisieren kann, steht für mich außer Frage. Aber die Art und Weise, wie über Venezuela berichtet wird, entlarvt wie sonst kaum ein anderes Thema das oftmals eklatant unsaubere Arbeiten deutscher Medien und ihr häufiges Versagen bei der Aufgabe, die Medienkonsumenten zu informieren statt ihnen Meinungen vorzusetzen.

Amerika21.de berichtet ein wenig mehr über die Hintergründe der Situation in Venezuela und entlarvt so die manipulative Berichterstattung anderswo.

Ausschnitt:

Seit einigen Monaten hat Venezuela mit Versorgungsengpässen zu kämpfen. [...] Die Angebotsknappheit in Venezuela liegt auch darin begründet, dass der Konsum in den letzten Jahren dramatisch angestiegen ist: Von 2004 bis 2007 stieg er von 24 Milliarden US-Dollar auf 52 Milliarden Dollar. Bedingt durch das starke Wirtschaftswachstum der letzten Jahre und die umfangreichen Sozialprogramme der Regierung hat sich die Kaufkraft gerade der ärmsten Bevölkerungsschichten extrem gesteigert. Zwischen 2004 und 2006 hat sich das Einkommen der Armen in Venezuela inflationsbereinigt mehr als verdoppelt [...]. Die Vertreter der Privatwirtschaft erklären die staatlichen Preiskontrollen zur Ursache der Engpässe. Die Regierung wirft den Unternehmern wiederum absichtliche Verknappung des Angebotes aus Profitgier und politischen Motiven vor, was auch von Experten in Betracht gezogen wird. Andererseits beklagen viele Händler, dass zu den festgelegten Preisen oft gar nicht mehr gewinnbringend verkauft werden kann. Dem Druck aus der Privatwirtschaft hat die Regierung allerdings auch schon teilweise nachgegeben: Viele Festpreise wurden stark angehoben, und die meisten sind mittlerweile aufgehoben. Heute sind nur noch die Preise von 20Produkten reguliert. Vorher waren es etwa 400 gewesen. Mit der Festlegung sollten Verbraucher vor überteuerten Preisen und extremen Schwankungen geschützt werden. [...] Das größte Problem Venezuelas ist die Importabhängigkeit bei Lebensmitteln. Immer noch müssen mehr als 70 Prozent eingeführt werden [...]. (Quelle: Amerika21.de)

Hörensagen bevorzugt: Polizei, Staatsanwaltschaft und Regierung Sachsen-Anhalts erneut im Zwielicht

Protokoll über einen unliebsamen Beamten (Tagesspiegel)

Ausschnitt:

Im November unterhielt sich Ennullat beim Abendessen in der Polizeiakademie Niedersachsen, wo er eine Aufstiegsausbildung absolvierte, mit anderen Beamten aus Sachsen-Anhalt über den Fall Oury Jalloh. Der Afrikaner war im Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle, an Händen und Füßen gefesselt, verbrannt. Zwei Polizisten stehen in Halle vor Gericht, die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung beziehungsweise Körperverletzung mit Todesfolge. Ennullat äußerte sich bei dem Essen in Hannoversch Münden kritisch über die Rolle der Polizei im Fall Jalloh. (Quelle: Tagesspiegel.de)

Andere Polizisten hörten dieses Gespräch und fertigten für das Innenministerium ein Gesprächsprotokoll an, das dann an die Regierung und schließlich an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde, die es sodann im Oury-Jalloh-Prozess sogar verwendete.

Der abgehörte Polizist selbst erfährt davon nichts, er wird nicht gehört, nur sein angeblich Gesagtes aus dem Mund Dritter darf "sprechen".

Hinzu kommt, dass der abgehörte Ennullat zusammen mit zwei anderen Kollegen eine andere Polizeiaffäre in Sachsen-Anhalt ins Rollen gebracht hatte: Sie hatten sich - damals noch im Staatsschutz tätig - geweigert, dem Drängen des damaligen Vizechefs der Polizei-Direktion Dessau nachzugeben, die Bekämpfung rechter Kriminalität zu bremsen. Der Linkspartei und der FDP erscheint nun der Umgang mit Ennullat als mögliche späte Rache aus dem Polizeiapparat und von der Regierung Sachsen-Anhalts an Ennullat.

Mich hingegen verwundert vor allem, dass Privatgespräche beim Abendessen mir nichts dir nichts strafrechtliche Relevanz bekommen, ohne dass der Abgehörte überhaupt zur Sache persönlich befragt wird oder sonstwie mitbekommt, dass seine womöglich dahingesagten Äußerungen irgendwo in einem Gerichtsprozess verwendet werden - möglicherweise zu seinem eigenen Schaden.

Mehr zum Prozess rund um den Tod von Oury Jallo: Über den Prozess zum Tod von Oury Jalloh in Dessau (Linkablage).

Empfehlung: "Quarks & Co." über die Terror-Hysterie

Die Waffen der Terror-Fahnder (WDR-Sendung "Quarks & Co.")

Die Sendung gibt es auch in Kürze für einige Zeit als Videodatei zum Herunterladen auf dieser Webseite. Anscheinend gibt es nun auch zusätzlich alle Sendungen von "Quarks & Co." im Archiv als Videostream.

Die Sendung stellt in der gewohnt guten "Quarks & Co."-Qualität dar, wie nutzlos solche Dinge wie Vorratsdatenspeicherung oder die Begrenzung der Flüssigkeitsmitnahme an Flughäfen sind zur Verhinderung von Terrorattentaten, wie teuer oder gefährlich für die Privatsphäre sie jedoch auf der anderen Seite sind und wie wir die Terrorgefahr subjektiv als viel zu hoch einschätzen und dass unser Urteilsvermögen beim Einschätzen von Risiken oft versagt. Es wird gezeigt, dass bei vielen Antiterror-Maßnahmen das Kosten-Nutzen-Verhältnis überhaupt nicht stimmt.

Auch die Ungereimtheiten bei den offiziellen Verlautbarungen des Bundesinnenministeriums bezüglich jüngster Terror-Warnungen und die Blauäugigkeit der deutschen Medien, die oft unkritisch berichten, werden thematisiert.

Wiederholt wird die Sendung am Samstag, 16. Februar 2008, 10.25 - 11.10 Uhr.

Dienstag, 12. Februar 2008

Bayern: Studentische Hilfskräfte müssen angeben, ob sie zu Linkspartei Kontakt haben

Bayern läßt prüfen (Junge Welt)

Ausschnitt:

Wer im öffentlichen Dienst des Freistaats Bayern arbeiten will, muß auf einem "Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue" angeben, ob er die Partei Die Linke unterstützt. Das machten Klaus Weber, Professor für Sozialpädagogik in München, und Rechtsanwalt Rüdiger Helm, zwei parteilose Kandidaten auf der linken Liste für die Münchner Stadtratswahlen Anfang März, Ende vergangener Woche öffentlich. [...] Weber sagte, sogar studentische Hilfskräfte müßten diesen Fragebogen ausfüllen und wahrheitsgemäß angeben, ob sie mit der Linken Kontakt hätten. (Quelle: JungeWelt.de)

Das geheime Wahlrecht scheint in Bayern nicht viel wert zu sein, wenn man seine Wahlpräferenzen derart offenlegen soll.

Montag, 11. Februar 2008

Musiker, schwarz, fröhlich, blind? Sehr verdächtig!

Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? (Telepolis.de)

Ausschnitt:

Nachdem das Boarding abgeschlossen war, hätte das Flugzeug eigentlich starten können, wäre da nicht ein Passagier an Bord gewesen, der sich an das Kabinenpersonal wandte und als Universitätsdozent für Psychologie vorstellte. Ihm kämen die fünf schwarzen CSI'ler (übrigens die einzigen Schwarzen an Bord) verdächtig vor, und er konnte mit zwei schlagenden Indizien zeigen, dass es sich fraglos um Terroristen handeln müsse: Am Gate saßen sie fröhlich zusammen, jetzt sitzen sie getrennt. Einer von den fünf tue so, als sei er blind, dabei lese er jetzt Zeitung. (Quelle: Telepolis.de)

Die schwarzen Musiker, denen die italienische Polizei völlige Harmlosigkeit attestierte, mussten trotzdem den Ryanair-Flieger verlassen und konnten erst einen Tag später auf kompliziertem Wege nach Hause fliegen.

Wenn dieser ominöse Dozent tatsächlich Psychologie studiert haben sollte, hat er wohl beim Studium keinerlei Vorlesungen in Sozialpsychologie besucht, wo Dinge wie Vorurteilsbildung und die mangelhafte Fähigkeit von Menschen, Personen einzuschätzen, eigentlich das A&O des Lehrplans sind.

Robert Leicht (Zeit.de): Ungerechtfertigte Kritik habe Verfassungsgerichts-Kandidat Dreier "verbrannt"

Verfassungsgericht: Wie der Kandidat Horst Dreier verbrannt wurde (Zeit.de)

Robert Leicht meint, dass vorschnelle und angeblich sachlich falsche Kritik von liberalen Journalisten an Horst Dreier, dem SPD-Kandidaten für einen freiwerdenden Verfassungsgerichts-Richterposten, Dreiers Kandidatur ungerechtfertigterweise zerstört hätte.

Ich sehe das Problem weniger in irgendwelchen Kritiken an Dreier, sondern in der Art des Auswahlverfahrens, das in Hinterzimmern mittels Absprachen zwischen SPD und Union vonstatten geht. Eine öffentliche Nominierung, öffentliche Vorstellung, öffentliche Anhörung und öffentliche Befragung mehrerer möglicher Kandidaten - beispielsweise vor einer (oder mehreren) öffentlich übertragenen gemeinsamen Sitzungen von Bundestag und Bundesrat - würde nicht nur der Demokratie gut tun, sondern auch den Kandidaten gerechter werden und diese vor ungerechtfertigten Vorverurteilungen schützen.

Da wir aber in der praktischen Politik keine wirkliche Demokratie haben in Deutschland, sondern eine Parteien-Demokratur, in der die Parteipolitik und die Wahrung der Parteiinteressen das höchste Staatsziel ist, wird es niemals dazu kommen, dass die Besetzung der Posten der mächtigen Verfassungsrichter in transparenter Art und Weise öffentlich diskutiert werden wird.

Seltsam, dass Robert Leicht seine Kritik nicht hier, also am Fehlen eines adäquaten, institutionalisierten Auswahlverfahrens, ansetzt, sondern nur individuelles Verhalten von Journalisten und Politikern kritisiert.

Welchen Einfluss haben ausländische Geheimdienste auf die US-Politik?

TagesZeichen, Sendung vom 07.02.2008 (MP3-Datei, WDR-Radiosendung "Das TagesZeichen")

Wie eventuell die US-Geheimdienste und die US-Administration, sowie vermutlich auch Abgeordnete der Demokraten von türkischen und pakistanischen Geheimdiensten unterwandert sind und wie ein Whistleblower am Reden gehindert wird.

P.S.: Man sollte die MP3-Datei so schnell wie möglich herunterladen, weil sie bald online nicht mehr abrufbar sein wird. Der WDR löscht die Audiodateien nämlich immer nach einiger Zeit.

Sonntag, 10. Februar 2008

Neue Version von TrueCrypt: Kostenloses Verschlüsseln der Systempartition

TrueCrypt-Anleitung: Verschlüsselung der Systempartition (Fixmbr.de)

Das kostenlose TrueCrypt kann nun also auch endlich die Systempartition während des laufenden Betriebs verschlüsseln. Wunderbar!

Der Einsatz dieses (oder eines ähnlichen) Programms sollte Pflicht werden für alle Behörden-Laptops, damit beim Abhandenkommen des Laptops (oder beim Hinterlassen des Laptops als Pfand bei einer Prostituierten) keine Daten in falsche Hände geraten. Privatpersonen sollten außerdem auch ihre Desktop-Rechner verschlüsseln, da mittlerweile auch die deutsche Polizei gerne heimlich in die Wohnungen einbrechen möchte und heimlich am Rechner herummanipulieren möchte (Begriffe wie "Gentrifikation" zu verwenden reicht bekanntlich inzwischen, um ins Visier des Präventions-Amok-Vereins BKA zu gelangen und über ein Jahr lang intensiv observiert zu werden).

Kleine Sammlung bekloppter Politiker-Vorschläge

10 Prozent Bekloppte in allen Parteien? (Mark Seibert Logbuch)

Auf der Linkspartei herumzuhacken gilt in den Medien derzeit ja als schick. Mark Seibert gibt zu, dass es teilweise einige Aussetzer in seiner Linkspartei gibt, es in anderen Parteien jedoch häufig nicht viel besser aussieht.

Ausschnitt:

Jedenfalls wird jede Partei ein gewisses Penum Irrer in ihren Reihen haben. Zunächst dachte ich, dass die Kloppi-Quote irgendwo um 10 Prozent liegen müsste. Inzwischen gehe ich davon aus, dass jede Partei (egal, wie groß sie ist) ein Kontingent von 7.000-10.000 Patienten zugewiesen bekommt. [...] Weil aber auch die etablierten Parteien lustige Meldungen produzieren wollen, schicken sie halt ihr Stammpersonal auf alljährliche Amokfahrt. Hier ein kleiner Blick auf die Top 10 der Sommerlochausfälle [...] Jörg Schönbohm (CDU) könnte mit bekloppten Vorschlägen ein eigenes Blog füllen. Zum Beispiel damit: Der Politiker forderte von RBB, dass der Sende "Radio Multikulti" in "Radio Integration" umbenannt werden solle. (Quelle: Mark.LinkeBlogs.de)

Zumindest könnte es sich lohnen, hier in der Linkablage ein neues "Tag" (neue Kategorie) aufzumachen namens "Bekloppte Politiker-Vorschläge". Dann kann ich die Linkablage auch während des Sommerlochs füllen. ;-)

Berliner Verfassungsschutz gefährdet die Verfassung

Schlappe für Berlins Schlapphüte (Telepolis.de)

Von wegen "Verfassungsschutz"... Politisch missliebige, soziale, außerparlamentarische Bewegungen wie beispielsweise das "Berliner Sozialforum" wurden durch den Berliner Verfassungsschutz observiert und die Arbeit des Sozialforums durch die Einschleusung von V-Männern anscheinend behindert. Auskunft über seine Tätigkeiten wollte der Verfassungsschutz jedoch nur unzureichend geben. Dies hat nun zumindest das Berliner Verwaltungsgericht moniert.

Den Geheimdiensten sollte man mit allergrößtem Misstrauen begegnen. Ihre Arbeit scheint teilweise nicht mehr dem Schutz der Grundrechte zu dienen, sondern immer mehr selbst zu einer Gefährdung der Grundrechte zu werden.

Ausschnitt:

Im Juni 2006 war durch die Presse bekannt geworden, dass der Inlandsnachrichtendienst des Landes Berlin das BSF systematisch observiert hat. Mehrere potentielle Überwachungsopfer forderten daraufhin Einsicht in die Akten des Geheimdienstes, der dem SPD-geführten Innensenat untersteht. Doch lediglich bei dem bekannten Politologen Peter Grottian wurde dem Antrag stattgegeben. Dem 65-jährigen wurden jedoch nur 80 Seiten ausgehändigt. Zum Vergleich: Die Mitglieder des Senatsausschusses für Verfassungsschutz bekamen für eine parallel anberaumte parlamentarische Untersuchung der Affäre fünf Aktenordner zur Verfügung gestellt. Die Ausschussmitglieder stehen allerdings unter einer Geheimhaltungspflicht und dürfen deswegen zu dem Material nicht Stellung nehmen. Weil die Anträge anderer Aktivisten des BSF abschlägig beschieden wurden, klagte Fehse gemeinsam mit drei weiteren Mitstreitern gegen die Informationssperre. Nun bekam er Recht. Eine Einsicht dürfe gemäß dem Berliner Verfassungsschutzgesetz nicht pauschal verwehrt werden, stellte das Verwaltungsgericht fest. (Quelle: Telepolis.de)

Die alltägliche Diskriminierung von Schwarzen in Westdeutschland - Beispiel: Biberach

Rassismus: Alltägliche Diskriminierung in Biberach (Zeit.de)

Ausschnitt:

Dass ein Bus einfach an ihnen vorbeifährt, wenn sie an der Haltestelle stehen, haben sie bereits früher erlebt. Und andere ihrer schwarzafrikanischen Bekannten ebenfalls. Auch, dass der Bus einfach weiterfährt, wenn sie das Signal zum Aussteigen geben. Und erst drei Stationen später notgedrungen hält, weil dort Deutsche einsteigen möchten. (Die Schwarzafrikaner tricksen den Fahrer gelegentlich aus: Sie drücken einfach drei Stationen zu früh auf den Aussteigeknopf, dann passt das irgendwann mit dem richtigen Halt.) Es kann auch schon mal vorkommen, dass der Busfahrer, wenn sie vorgehen und um einen Halt bitten, so scharf bremst, dass sie schnell nach einem Griff fassen müssen, wenn sie nicht gegen die Vorderscheibe geschleudert werden möchten. (Quelle: Zeit.de)

Aber immerhin werden die Leute, die sich gegen die Diskriminierung wehren und sich vor den Bus stellen, damit der beschissene weiße Busfahrer endlich die Tür aufmacht, nicht angezeigt wegen Behinderung des Straßenverkehrs. Alles in Ordnung also.