Freitag, 19. Juni 2009

Netzsperren sind eine Verhöhnung von Strafermittlung und Gericht

Kinderpornografie im Web: Netzsperren bringen keinen vor Gericht (Zeit.de)

Ein sehr guter Kommentar von Kai Biermann zu der Unsinnigkeit und Gefährlichkeit des gestern verabschiedeten Zugangserschwerungsgesetz.

Zitat:

Und wer solche Inhalte sperren will, muss sich der Frage stellen, warum dann nicht auch andere kriminelle Inhalte gesperrt werden.

Leicht aber könnte das Sperren dann zum Alibi werden, könnte dazu führen, dass die mühsameren und teureren Strafermittlungen an Beachtung verlieren. Und leicht könnten die Grenzen immer weiter gezogen werden, könnten Sperren zu einem echten Instrument der Zensur wachsen. Wer sagt, dass der Bundestag nicht auch bald den Paragrafen 130 StGB [Volksverhetzung; Anmerkg. von mir, Solon] darin aufnimmt, oder den 130a? Hürden, um das zu verhindern, stehen nicht in dem Gesetz. (Quelle: Zeit.de)

AK-Zensur antwortet auf leeres PR-Geschwafel der SPD

Dörmann versucht den AK-Zensur einzuseifen (Reizzentrum)

Dörmann ist der SPD-Verhandlungsführer gewesen gegenüber der Union in Bezug auf das gestern verabschiedete Internetsperrgesetz (Zugangserschwerungsgesetz). Nachdem offenbar wurde, dass die SPD ihre Positionen bereits festgezurrt hatte, wollte die SPD dennoch ein weiteres Gespräch mit Vertretern des Arbeitskreises Zensur (AK-Zensur) führen. Der AK-Zensur lehnte ab, weil er sich nicht für wahltaktische Manöver und Gute-Miene-zu-bösem-Spiel-Machen missbrauchen lassen wollte. Über diese Absage beklagt sich nun die SPD beim AK-Zensur. Die oben verlinkte Antwort vom AK-Zensur ist lesenswert, weil sie das falsche Spiel und das leere PR-Geschwafel der SPD entlarvt.

Zitat:

"Deshalb kämpft die SPD auf internationaler Ebene gegen die Zensur des Internets."

Sie haben wahrlich Humor. International ja, aber in Deutschland, ach... (Quelle: RZ.Koepke.net)

Nach dem Kampf gegen Internetsperren: Müssen Politiker in Zukunft mehr Angst haben vor der Meinungsmacht des Internets?

Weshalb die Diskussion um Internet-Sperren Deutschlands Politikern (und dem Allensbach-Institut) Angst machen sollte (Indiskretion Ehrensache, Handelsblatt)

Thomas Knüwer bringt noch einmal einen Überblick über die ekelhaften Methoden der politischen Auseinandersetzung auf Seiten der Internetsperr-Befürworter und er kommt zu dem Mut machenden Fazit, dass diese Art der lügnerischen, politischen Meinungsmanipulation, wie sie allen voran Frau von der Leyen an den Tag legte, zunehmend erfolgloser werde, weil die Bürger durch das Internet heute weniger abhängig seien von den Massenmedien und weniger anfällig für derartige Kampagnen seien.

Ich bin da skeptischer. Die Zahl der Internetnutzer wird in Deutschland kaum mehr steigen. Es sind ja eigentlich schon alle im Netz. Und fast noch mehr als bei den Massenmedien kommt es bei der Nutzung des Internets darauf an, als Medienkonsument selbst nach erhellenden Informationen zu suchen. Das Internet entfaltet jedoch in dem Moment Wirkung, wenn man beispielsweise im persönlichen Gespräch mit jemandem statt langer, stockender Erklärungen und Vorträge, warum die Bild-"Zeitung" ein stinkender Haufen Scheiße ist, ihm einfach die URL Bildblog.de aufschreiben kann. Schaut dieser Jemand dann tatsächlich mal unter dieser Adresse ins Internet, ergibt sich für ihn die Chance eines Aha-Erlebnisses.

Die Möglichkeit, schnell auf äußerst interessante Informationen zu stoßen, stellt das Internet zur Verfügung. Aber es bleibt die große Herausforderung, eingefleischte Tagesschau-Gucker, die vielleicht höchstens zusätzlich noch den Lokalteil ihrer Zeitung lesen, dazu zu bringen, selbständig im Internet nach kritischen Informationen zu suchen.

Der Geheimdienst NSA beglückt die amerikanischen Bürger weiterhin mit umfassender Überwachung all ihrer E-mail-Kommunikation

NSA-Lauschprogramm weiter aktiv (Heise.de)

Zitat:

Das unter der Bush-Regierung gestartete Überwachungsprogramm der National Security Agency (NSA) läuft laut Geheimdienstexperten auch unter US-Präsident Barack Obama weiter. Dies berichtet die New York Times, die das umstrittene Lauschprogramm 2005 enthüllte. Neue Einzelheiten enthält der Bericht zudem über das Mitschneiden und Auswerten von E-Mails durch den technischen US-Geheimdienst. Demnach werden großen Mengen der elektronischen Post ohne richterliche Anordnung in einer mit dem Codenamen "Pinwale" bezeichneten Datenbank gespeichert und durchforstet. Eingeschlossen sei auch die Mailkommunikation von US-Bürgern, obwohl dafür eigentlich eine gerichtliche Genehmigung erforderlich sei. (Quelle: Heise.de)

Natürlich haben sich dabei NSA-Agenten auch einfach mal so die Mailkommunikation vom ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton angesehen.

Ich wette auch von Paris Hilton, aber die verheimlicht ja eh nichts, hat also vermutlich auch eh nichts zu verbergen.

Die E-mail-Kommunikation ist aber natürlich nur ein kleiner Teil dessen, was die NSA da so weltweit und ohne jegliche Kontrolle sammelt, speichert und auswertet.

Zitat:
Der ehemalige US-Agent Russel Tice hatte im Januar angegeben, dass die NSA Telefongespräche, Faxe, E-Mails und andere computervermittelte Nachrichten prinzipiell rund um die Uhr 365 Tage im Jahr belausche. Dabei würden kompletten Kommunikationsströme einzelner Organisationen wie Fernsehsender oder Verlage herausgefischt und in umfangreichen Datenbanken gespeichert. (Quelle: Heise.de)

Wie nach 9/11 das Sicherheitsdenken eskalierte - eine Bilanz des BND-Ausschusses

BND-Ausschuss: Foltern lassen (Zeit.de)

Ein Fazit zum BND-Ausschuss. Sehr guter Artikel.

Zitat:

Wer den Erfolg des Gremiums nur anhand der aufgedeckten Skandale bemisst, der mag von einem Fehlschlag sprechen. Und doch haben die Abgeordneten, vor allem die der Opposition, minutiös rekonstruiert, wie sich die Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden und das Denken führender Politiker nach 9/11 veränderten. Mit aller Macht wurde versucht, weitere Anschläge zu verhindern – bisweilen ohne Rücksicht auf Grundrechte und Prinzipien des Rechtsstaats. [...]

Bei Khafagy jedenfalls gab es mehr Hinweise auf Verbindungen zu Islamisten als bei Kurnaz. Doch dem Bremer blieb die Heimreise bis zum Sommer 2006 verwehrt. "Wir wollten ihn jedenfalls nicht in Deutschland haben", unabhängig davon, ob Kurnaz "gefahrenträchtig war oder nicht", sagte Otto Schily später entwaffnend offen.

Die Entscheidung, eine Rückkehr des Bremers zu verhindern, zeigt deutlich, wie die Bedrohung im Herbst 2002 eingeschätzt wurde. Es galt, alles zu tun, um aufzuklären, wie gefährlich Islamisten in Deutschland waren. Jedes Indiz wurde maximal negativ ausgelegt – zulasten des Betroffenen.

[...] auch ein anderer Beschluss gefasst wurde, der vor 9/11 kaum denkbar gewesen wäre: BKA, BND und Verfassungsschutz erhielten die Genehmigung, nach Damaskus zu reisen, um dort den Deutschsyrer Mohammed Haydar Zammar zu vernehmen. (Quelle: Zeit.de)

Bundesdatenschutzbeauftragter Schaar: Zum ersten Mal wird institutionelle Zensur in Deutschland eingeführt / Beschädigung von Schaars Amt

Datenschützer zum Internetsperr-Gesetz: "Da wurde mit sehr heißer Nadel gestrickt" (Spiegel.de)

Zitat:

Schaar: Ich habe insbesondere ein Problem mit der offenbar erst sehr spät gefundenen Vorgabe, ein Kontrollgremium einzurichten, das in meiner Dienststelle angesiedelt ist und dessen Mitglieder ich zu benennen habe - nach welchen Kriterien auch immer.

SPIEGEL ONLINE: Aber diese Mitsprachemöglichkeit müssten Sie doch begrüßen...

Schaar: ...wenn es denn um eine Aufgabe ginge, die meiner Funktion entspräche. Aber dieses Gremium soll ja eben nicht nach datenschutzrechtlichen Kriterien oder nach Kriterien der Informationsfreiheit urteilen - was meine originären Aufgaben sind. Sondern es geht darum, nach strafrechtlichen Kriterien festzustellen, ob es sich bei bestimmten Inhalten um Kinderpornografie handelt. Das ist eine völlig wesensfremde Funktion, die mir da zugewiesen werden soll. Das Problem ist doch: Zum ersten Mal soll es in Deutschland eine institutionelle Inhaltskontrolle geben, was ja in der Tat Datenschutzrisiken birgt. Das ist eine sehr gravierende Änderung unserer Medienordnung - und dabei liegt es auf der Hand, dass derartige Sperrmechanismen später einmal auch bei vergleichbaren Zwecken genutzt werden könnten. (Quelle: Spiegel.de)

Kann gut sein, dass SPD und Union hier gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollten: Zensur einführen und den unbequemen Bundesdatenschutzbeauftragten Schaar zur Amtsaufgabe drängen.

Schäuble hat mal wieder gewonnen.

Donnerstag, 18. Juni 2009

Professor für Politikwissenschaften: Netzsperrengegner sind alles Kommunisten und Anarchisten

(Via Fefe) Netz-Anarchos und trojanische Pferde (Frankfurter Rundschau)

Hier quatscht ein Professor der Politikwissenschaften extrem dummes Zeug. Hat sicherlich Seltenheitswert, sollte man deshalb als Rarität gut aufheben.

Die Mühe einer Erwiderung haben sich noch einmal die unermüdlichen Leute von Netzpolitik.org gemacht: Herfried Münkler kämpft gegen das Internet.

Ich habe keine Lust mehr solch einen absoluten Schwachsinn inhaltlich tiefergehend zu kommentieren. Es ist kurz gesagt die immer wiederkehrende gleiche Masche: Es wird immer nur einfach die dummdreiste Behauptung aufgestellt, dass das Internet ohne Netzsperren ein rechtsfreier Raum sei und dass deshalb die Gegner von Netzsperren nicht alle Tassen im Schrank hätten. Ich fühle mich mittlerweise durch diese extrem plumpen "Argumentationen" in der immer gleichen bescheuerten Masche schon nicht mehr so sehr deswegen persönlich angegriffen, weil ich ein Mitunterzeichner der Online-Petition bin und - anders als dies Herfried Münkler frech und diffamierend in den Raum stellt - kein Kommunist oder Anarchist bin (hey, Münkler, was sind sie eigentlich für einer? Vielleicht ein Faschist? Ich meine, kann ich ja auch einfach mal so in den Raum stellen...).

Nein, was mich mehr trifft, ist diese abgrundtiefe Arroganz, mit der diese Leute auftreten, weil sie sich ganz offensichtlich nicht einmal fünf Minuten Zeit genommen haben, um sich überhaupt mit dem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen. Das ist eine Zumutung. Und es ist auch eine Zumutung von der Frankfurter Rundschau, ihren Lesern diesen hanebüchenen Quatsch vorzulegen.

Für so etwas bekommt ein Kolumnist also Geld von euch, liebe FR? (Ich weiß, dass ihr hier mitlest). Oder schreibt Münkler für euch kostenlos? Oder gab's da eine Anweisung von ganz oben vom Verlagschef? Kleine Lobbyarbeit für die Urheberrechtsinteressen des Verlagswesen, was? Ach, ist das alles ekelhaft durchsichtig. Wie soll man da als Leser überhaupt noch einmal mit gutem Gefühl oder gar Genuss eine eurer Zeitungen in die Hand nehmen? Ich glaube, das lasse ich in Zukunft sein.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Rechtsgutachten zu Kinderpornosperren: BKA dürfte ohne Umwege auch Abuse-Mails an ausländische Provider verschicken

Wissenschaftlicher Dienst: BKA darf Abuse-Mails schreiben (Odem.blog)

Zitat:

Eine wichtige Begründung für Internet-Sperren war ja bisher: das BKA dürfe aufgrund der Souveränität der Staaten keine ausländischen Provider anschreiben. Die Hausjuristen des Bundestages sehen das in ihrer Zusammenfassung so:

["]Solange eine Email des BKA nur eine Benachrichtigung an den Host-Provider darstellt, und diesen auf inkriminierte Inhalte auf seinem Server hinweist, wird das BKA nicht hoheitlich tätig, da es dem Host-Provider kein Tun, Dulden oder Unterlassen vorschreibt, sondern diesen lediglich informiert. Solche rein informativen Emails des BKA an außereuropäische Host-Provider wären demnach zulässig. Unzulässig wären hingegen derartige Emails durch das BKA an Host-Provider, die diesem eine Löschung der inkriminierten Inhalte vorschreiben würden.["]

Ein freundlicher Hinweis wäre demnach erlaubt, nur keine Aufforderung oder ähnliches. (Quelle: Blog.Odem.org)

Damit hat sich auch dieses (eh schon wackelige) Argument für irgendwelche Internetsperren mit einem juristischen Boom! in Luft aufgelöst.

Aber um Argumente geht es bei dieser Veranstaltung namens Internetsperren ja von Anfang an vermutlich nicht. Es geht um Macht, um Machtmissbrauch, um Machtsicherung.

Internetsperre gegen Kinderpornos: "Erst löschen, dann sperren" wird NICHT zum Prinzip bei neuem Gesetz

Der Fake läuft: Löschen statt Sperren? Wohl eher nicht. (Datenschutz-Blog)

Zitat:

Ich zitiere mal den Gesetzesentwurf:

["]Die Aufnahme in die Sperrliste erfolgt nur, soweit zulässige Maßnahmen, die auf die Löschung des Telemedienangebots abzielen, nicht oder nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend sind. (§8a II TMG-E)["]

Das klingt zwar nach "erst löschen, dann sperren" – ist es aber nicht. Der Witz liegt im "nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend sind" – übersetzt heißt das: Das BKA kann eine Prognose erstellen, ob eine Löschung in angemessener Zeit stattfindet. Wenn das BKA dann (überspitzt) meint "das wird eh nix bis morgen" kann es dann sperren statt löschen. Ist also nix mit "erst versuchen". (Quelle: Datenschutzbeauftragter-Online.de)

Die Hetzer von der CDU/CSU

Klare Kante gegen Kinderpornographie (CDU-, CSU-Fraktion)

Eine Pressemitteilung der CDU- und der CSU-Fraktion des Bundestages zur Einigung mit der SPD, ein Gesetz zum Sperren von Internetseiten zu verabschieden.

Zitat:

Unter Berufung auf eine angebliche Internetzensur durch den Staat wollten die Linksaußen in der SPD durchsetzen, dass das Internet zum rechtsfreien Raum wird. Die SPD wäre dadurch Gefahr gelaufen, Straftaten im Internet Vorschub zu leisten, von der Vergewaltigung und Erniedrigung kleiner Kinder bis hin zu Urheberrechtsverletzungen in breitestem Ausmaß gegenüber Künstlern und Kreativen. Allen engagierten Streitern gegen das abscheuliche Verbrechen der Kinderpornografie ist angesichts des Scheiterns der SPD-Linken ein Stein vom Herzen gefallen. (Quelle: CDUCSU.de)

Übersetzt heißt das wohl, dass jeder, der Einwände gegen das Gesetz hat, aus Sicht der CDU-CSU-Frakton ein Verbrecher ist. So sieht also die demokratische Meinungsfindung aus aus Sicht der CDU/CSU. Hab ich nicht immer gesagt, dass das eine extremistische Partei ist, die ihre politischen Gegner nicht mit Argumenten bekämpft, sondern mit hanebüchenen Unterstellungen, impliziten Drohungen und persönlichen Verunglimpfungen und Beleidigungen?

Dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist, stimmt aber natürlich. Ansonsten hätte sicherlich schon jemand eine Anzeige gestellt gegen die CDU/CSU-Fraktion wegen des verleumderischen Inhalts dieser Online-Pressemitteilung.

Iran: Repräsentative Befragung drei Wochen vor Wahlen zeigten Vorsprung von Ahmadinedschad

The Iranian People Speak (Washington Post)

Drei Wochen vor der Wahl im Iran wurde von der Organisation "Terror Free Tomorrow" eine repräsentative Befragung von Iranern durchgeführt. Dabei teilte die Mehrheit mit, für Ahmadinedschad stimmen zu wollen. Ein Drittel war noch unentschlossen. Angst hatten die befragten Iraner bei ihren Antworten wohl nicht, weil sich in der Befragung auch vier von fünf Iranern für einen Wandel des politischen Systems im Iran aussprachen.

Die Washington Post liefert jedoch auch gleich in einem weiteren Artikel eine skeptische Analyse dieser Befragung: About Those Iran Polls.

Wichtigster Einwand: In den drei Wochen zwischen Befragung und Wahl wäre die Popularität von Mussawi ernorm gestiegen und rund die Hälfte der Befragten hätte sich überhaupt nicht geäußert. Dies schwäche die Aussagekraft der Befragung enorm.

Zitat:

One should be enormously wary of the current value of a poll taken so far before such a heated contest, particularly one where more than half of voters did not express an opinion. (Quelle: WashingtonPost.com)

Der Machtapparat im Iran und der Kampf hinter den Kulissen

Islamische Republik Iran: Das zerrissene Land (Frankfurter Rundschau)

Hintergrundinformationen über den Machtapparat und den Machtkampf im Iran.

Zitat:

Weil ihm der Rückhalt im System fehlte, baute sich Chamenei im Laufe der vergangenen Jahre seine eigene Hausmacht auf: Geheimdienst, Militär, Revolutionsgarden und paramilitärische Bassidsch. Aus diesen Kreisen kommt Ahmadinedschad, mit dessen Ideen sich Chamenei identifizieren konnte, wie nie zuvor mit einem Präsidenten. (Quelle: FR-Online.de)

Haben Irans Machthaber Angst vor Bereitschaft zum Märtyrertum bei den Demonstranten?

Gwynne Dyer: The rules for street demonstrations are different in Iran (Straight.com)

Warum die Machthaber im Iran nicht einfach Demonstranten erschießen können und wollen und warum das die große Chance sein könnte für den Erfolg der Proteste.

Zitat:

However, in Iran, killing demonstrators practically guarantees that the authorities will lose in the end. [...]

Most Iranians are Shia Muslims, and Shias have a great reverence for martyrdom. Kill a demonstrator, and you create a martyr. Kill a hundred, and you create a revolution. (Quelle: Straight.com)

Dienstag, 16. Juni 2009

Gesammelte interessante Twitter-Nachrichten zu den Unruhen in Iran

The Daily Dish (Andrew Sullivan, The Atlantic)

Andrew Sullivan sammelt die wichtigsten Twitter-Nachrichten von Twitterern im Iran. Jeder, der Twitter nur ein paar Minuten verfolgt hat, wird bereits von Andrew Sullivans Arbeit gelesen haben, aber schadet ja nicht, sein Weblog hier auch noch einmal zu verlinken. Für alle, die Twitter weiterhin "radioaktiv" finden und sich an diesen "SMS-Nachrichtendienst" (O-Ton von Tom Buhrow) nicht rantrauen.

Iran-Wahl: Zweifel an offiziellen Angaben zur Stimmverschiebung zwischen Konservativen und Reformern

Analysts pore over 'ambiguous' Iran results (CNN.com)

Eine (weitere, aber ganz brauchbare) Analyse zur Frage, ob die Wahlergebnisse im Iran nun gefälscht waren oder nicht. In dieser Analyse werden nur die Stimmenverschiebungen im Iran betrachtet zwischen der Wahl im Jahr 2005 und der jüngsten Wahl. Viele Zweifel an der Wahl stammen aber natürlich auch aus der Art und Weise, wie die Wahlergebnisse bereits zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht wurden und dass das iranische Staatsoberhaupt sogar noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse Ahmadinedschad zum Gewinn von 24 Millionen Stimmen gratulierte (ja, er nannte exakt die Zahl von 24 Millionen Stimmen... kurz nach Ende der Wahl...).

Zitat:

"The fact that you had some areas where conservatives got only 20 percent of the vote in 2005 and got 70 percent of the vote this time -- things like that have people who already had doubts about those numbers scratching their heads," Silver said. (Quelle: CNN.com)

Montag, 15. Juni 2009

Iran am Scheideweg: Irans theokratische Halb-Demokratie ist verschwunden - Jetzt kommt totaler diktatorischer Polizeistaat oder echte Demokratie

Iran's Clarifying Election (Wall Street Journal)

Ahmadineschad scheint das gesamte politische Establishment, also auch die geistlichen Führer, des Irans mit Hilfe der ihm hörigen Polizei, der Geheimdienste und des Militärs in den Schwitzkasten genommen zu haben. Selbst der bislang als höchste Autorität geltende "Oberste Führer" Ayatollah Ali Khamenei könnte nur noch eine Sprechpuppe von Ahmadineschad sein, vermuten Beobachter.

Der Artikel schildert außerdem, wie unglaubwürdig das Wahlergebnis dem Volk präsentiert wurde.

Zitat:

Mr. Ahmadinejad's victory has the merit of clarifying the situation within the Islamic Republic. The choice is now between a repressive regime based on a bizarre and obscurantist ideology and the prospect of real change and democratization. There is no halfway house. (Quelle: WSJ.com)

Augenzeugenbericht zu Polizeigewalt in Iran

Hatred, chaos and savage beatings in Tehran (CNN.com)

Ein Augenzeugenbericht über die Polizeigewalt in Iran.

Zitat:

The Baseejis were just as ruthless. Those who didn't ride on motorcycles walked the streets in large packs carrying clubs. They didn't wear uniforms, so they could easily ambush protesters. They beat one protester so badly that he collapsed in the middle of an intersection and trembled uncontrollably. [...]

Never since the Islamic Revolution of 1979 have Iran's people appeared this divided. (Quelle: CNN.com)

Warum die Proteste in Iran vermutlich kein Strohfeuer sind - Es droht neues "Tiananmen"

Laura Secor: Iran's stolen election (NewYorker.com)

Der Artikel schildert, welch hohe Erwartungen viele Iraner in die Wahl und den Herausforderer Mussawi/Mousavi/Moussavi gesetzt hatten. Das offiziell verkündete Wahlergebnis erscheint Beobachtern vor dem Hintergrund der jüngsten politischen Entwicklungen in Iran als offensichtliche Fälschung. Und so ist es wohl gerade die Deutlichkeit der Fälschung, die die Leute in Iran wütend macht. Haben bislang viele Iraner vor einer offenen Revolte zurückgeschreckt und diente die Wahl von zuvor ausgewählten Präsidentenkandidaten bislang noch als eine Art Ventil für die Unzufriedenheit, stellt die iranische Regierung die Bürger jetzt vor die schlichte Wahl, zu akzeptieren, dass das Volk absolut machtlos ist oder aber zu revoltieren.

Zitat:

In the days before the vote, my Iranian contacts breathlessly compared the atmosphere in Iran to that of 1979, the year of the Islamic Revolution. In the last twenty-four hours, the unavoidable analogy has become 1989. The big question is where we are: Wenceslas Square or Tiananmen. (Quelle: NewYorker.com)

Ein kleines Video zeigt, dass paramilitärische Polizei in Iran tatsächlich Angst und Schrecken verbreitet

(Via Twitter.com/Iran09) Riot police in Iran beating to death in people house (YouTube.com)

Ein Video, offensichtlich aufgenommen aus einem Hochhaus, das zeigt, wie in einem Innenhof eines typisch iranischen Privathauses eine am Boden liegende Person von offensichtlich uniformierten Menschen getreten wird.

Auch wenn im Video nur die Misshandlung einer einzigen Person gezeigt wird, ist die Aussagekraft des Videos dennoch enorm. Denn es zeigt, wie in Iran paramilitärische Polizei äußerst brutal gegen Bürger vorgeht.

Das Entscheidende ist hierbei die Situation, in der die Polizeigewalt stattfindet. Wenn...

  • mehrere mit Schlagstöcken bewaffnete und durch Helme mit Gesichtsschutz ausgestattete uniformierte Menschen in einem von der öffentlichen Straße abgetrennten Hinterhof eine einzelne und einsame Person (der schwarzen Kleidung und den vermutlich von ihr stammenden Schreien nach eine Frau) niederschlagen
  • und diese Person anschließend nicht mitnehmen, sondern auf dem Boden liegen lassen
  • und noch dazu ein sich ebenfalls im Hinterhof befindliches Motorrad mit Tritten zu beschädigen versuchen
... dann zeigt dies, dass es hierbei der paramilitärischen Polizei...
  • nicht um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung geht
  • und kein Mensch vor gewalttätigen Demonstranten geschützt werden sollte
  • und die Polizei hier nicht etwa eine Person hart anfasste, die sich einer Festnahme widersetzte.
Das auf den ersten Blick unscheinbare Video, das zudem nur die Misshandlung einer einzelnen Person zeigt, macht also unzweifelhaft deutlich, dass in Iran paramilitärische Polizeieinheiten wie eine gesetzlose Horde nur daran interessiert zu sein scheinen, Angst und Schrecken unter der Bevölkerung zu verbreiten.

Die typische Anlage des Hauses und die zu hörenden Kommentare der filmenden Augenzeugen sind außerdem ein deutlicher Hinweis, dass sich die Szene tatsächlich in Iran abgespielt hat.

Das einzige, was angezweifelt werden kann, wäre der Zeitpunkt des Geschehens. Und natürlich ist unklar, ob die misshandelte Person tatsächlich an den Folgen der Polizeigewalt starb. Dies ist jedoch letztlich nicht ausschlaggebend für die einfache, aber durch das Video überzeugend belegte Feststellung, dass in Iran tatsächlich entfesselte Polizeigruppen Terror verbreiten.