Donnerstag, 17. September 2009

Kommune holt sich günstigen Kredit direkt bei Bürgern - Banken schäumen vor Wut

Quickborns New Deal (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Erstmals seit mehr als zehn Jahren schien Quickborn nichts anderes mehr übrig zu bleiben, als teure Bankenkredite aufzunehmen. [...] Da hatte eine Bürgerin eine Idee: Quickborner könnten doch Quickborn Geld leihen, zu einem niedrigeren, dafür aber garantierten Zinssatz – dann bleibe das Geld in der Stadt. (Quelle: FR-Online.de)

Ein Modell auch für andere Kommunen?

Interessant ist es schon, macht der Deal doch deutlich, dass Bürger und Stadt letztlich ein und dasselbe sind und sich gegenseitig nicht die Butter vom Brot nehmen wollen, während Banken nur daran interessiert sind, selbst Geld zu verdienen. Besser wäre es natürlich, wenn eine Kommune ihre Ausgaben aus den Steuern finanzieren könnte. Aber die Kommunen haben ja keinen Einfluss auf die Höhe der Steuern. Die werden auf Landesebene und Bundesebene festgesetzt.

EU-Wahlbeobachter: Mehr als ein Viertel aller Stimmen in Afghanistan gefälscht

Karsai vorläufig Wahlsieger (Der Standard)

Zitat:

Die von den Vereinten Nationen unterstützte Wahlbeschwerdekommission hat bereits eine Neuauszählung der Stimmen aus mindestens zehn Prozent der Wahllokale angeordnet. Die Europäische Union sprach sogar davon, dass 27 Prozent aller gemeldeten Ergebnisse Anlass zur Skepsis gäben. Von 5,5 Millionen überprüften Stimmen erschienen etwa 1,5 Millionen verdächtig, erklärte ein Sprecher der EU-Wahlbeobachter. (Quelle: DerStandard.at)

Medienmagazin Zapp zeigt, wie PR-Branche verwoben ist mit deutschem Journalismus

PR-Schule - Journalisten als Aushängeschilder (NDR-Medienmagazin "Zapp" vom 16.09.2009)

Zapp berichtet, wie viele Chefredakteure deutscher Zeitungen und bekannte Journalisten auch öffentlich-rechtlicher Sender gemeinsame Sache machen mit der PR-Branche. Der Leser oder Zuschauer ist eben nicht der eigentliche Kunde vieler deutscher Medien, sondern es sind die Wirtschaftsunternehmen mit ihren Anzeigen. Diese müssen von den Medien zufrieden gestellt werden, damit die Zeitung wirtschaftlich überleben kann. Warum sich aber Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender, wie beispielsweise Peter Voß auf diesen Ringelpietz mit Anfassen einlassen, kann eigentlich entweder nur mit absolut grenzenloser Naivität und Eitelkeit erklärt werden oder mit persönlicher Habgier.

Zitat:

Der natürliche Feind des Journalismus ist die PR. PR ist nichts schlimmes, nur mit Journalismus hat es eben nichts zu tun, das sollte man schön trennen. Das müsste sich spätestens nach dem Schleichwerbeskandal auch in allen Hierarchie-Ebenen der ARD herumgesprochen haben. Jetzt stellt sich heraus, dass ausgerechnet einflussreiche ARD-Journalisten als Botschafter für eine neue PR-Hochschule auftreten. Eine Verbindung, die sich eigentlich verbietet. (Quelle: NDR.de)

Montag, 14. September 2009

Japan: Industrie will Tondateien auf Handys inhaltlich kontrollieren

Japan: Handy-Software soll illegalen Musiktausch unterbinden (Heise.de)

Die Musikindustrie (z.B. Sony) und japanische Handy-Hersteller (z.B. Sony) sollen sich darauf geeinigt haben, auf neuen Handys zwangsweise eine Software vorzuinstallieren, die das Abspielen von Musik auf dem Handy nur dann erlaubt, wenn bei jedem Musikstück zuvor das Handy eine Verbindung zu einem Server aufnimmt und abfragt, ob das Musikstück irgendwo in einem Online-Shop gekauft wurde. Stammt das Musikstück aus einer anderen Quelle, soll das Abspielen auf dem Handy nicht möglich sein.

Gibt es eigentlich für diese Art der Beraubung der Rechte des Kunden durch in Endprodukte fest eingebaute Überwachungshardware und Überwachungssoftware schon einen griffigen, kurzen Namen? Dieses Phänomen wird sich ja vermutlich auf immer mehr Endprodukte ausweiten.

Ich schlage hierfür den Begriff "gefesseltes Produkt" vor. Hat jemand einen besseren Vorschlag?

Gefesselte Produkte schränken hierbei nicht nur die Verbraucherrechte ein, sondern meist auch die Bürgerrechte. Auch Einschränkungen der Netzneutralität, also z.B. die Drosselung oder gar Sperrung bestimmter Internetinhalte durch Internet-Zugangsanbieter sind eine Form der Produkt-Fesselung.

Gefesselte Produkte schränken den Nutzer ein, ein Produkt seiner Bestimmung nach zu verwenden. Die Nutzungseinschränkung setzt dabei auf einer inhaltlichen Ebene an, nämlich auf einer inhaltlichen Kontrolle von Informationen, die mit dem gefesselten Produkt empfangen, verarbeitet oder weiterverbreitet werden können. So führen gefesselte Produkte automatisch immer auch zu einer Einschränkung der Bürgerrechte, insbesondere des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Rezipientenfreiheit.

Man könnte also kurz und bündig sagen: Handys, die das Abspielen von Tondateien nur erlauben, wenn diese aus einer bestimmten Quelle stammen, greifen die Demokratie an. Und wieder einmal ist es die Musikindustrie, die hier an vorderster Front der Demokratie-Gefährder steht.

Polizist schlägt Bürger am Rand einer Demo mit Faust ins Gesicht: Video von Passant zwingt Polizei zu Ermittlungen

Video: Polizeiangriff auf Demonstranten (RBB)

Am Rande der Demonstration "Freiheit statt Angst" in Berlin filmte jemand, wie ein Polizist einem Bürger einen Faustschlag ins Gesicht versetzte. Auf dem Video ist nicht erkennbar, warum solch harte Gewalt gegen den Bürger nötig gewesen sein soll.

Solche offenbar übertriebene Polizeigewalt kommt am Rande von Demonstrationen vermutlich ständig vor. Die betroffenen Bürger mit ihren Anzeigen gegen Polizeibeamte konnten bislang jedoch nicht darauf hoffen, vor Gericht Recht zu bekommen. Die Medienaufmerksamkeit und das hochauflösende Videomaterial scheinen die Berliner Polizei nun aber zumindest zu zwingen, Ermittlungen gegen die am Vorfall beteiligten Polizisten einzuleiten.

Zitat:

Polizeisprecher Frank Millert sagte in der rbb-Abendschau, das Vorgehen der Beamten sei nicht durch eine normale "Festnahmeseituation" zu erklären. Man habe deswegen ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. (Quelle: RBB-Online.de)

Mal sehen, ob diese Untersuchungen zu einem befriedigenden Ergebnis führen. Ich befürchte jedoch, dass am Ende - wie so oft bei Anschuldigungen von Polizeigewalt - der Eindruck beim Beobachter zurückbleibt, es werde von Seiten der Polizei nicht unabhängig und ernsthaft ermittelt oder gar Beweise unterdrückt und Zeugenaussagen der Beamten manipuliert. Schließlich ermittelt hier die Polizei gegen sich selbst. Es gibt in Deutschland keine unabhängige Einrichtung, die Polizeigewalt in solchen Fällen untersucht. Deutsche Politiker von SPD und Union haben sich wiederholt gegen die Einrichtung solcher unabhängigen Stellen ausgesprochen - trotz wiederholter Aufforderungen und Mahnungen der UNO oder des EU-Rates (siehe dazu diesen Eintrag in der Linkablage).

Links zu dem Video selbst gibt es bei Fefe.

Der Drang der Parteien zur "politischen Mitte" tötet die Demokratie

Mit der verbalen Keule: Die politische Streitkultur in Deutschland (Manuskript einer Sendung des Deutschlandfunks)

Interessante Hintergrund-Sendung des Deutschlandfunks zur politischen Streit(un)kultur in Deutschland. Ein indirekter Aufruf für mehr Rhetorik und mehr klarer Streitkultur und wider die Konsenspolitik.

Zitat:

Für Politikwissenschaftler hängt der hiesige Wahlkampfverdruss auch mit einem tiefsitzenden Problem zusammen - dem in Deutschland weit verbreiteten Drang zur politischen "Mitte". Sie gilt als Symbol für den Ausgleich von sozialen und politischen Gegensätzen.

Die Politologin Chantal Mouffe argumentiert vehement gegen die allzu optimistische Diagnose derer, die ein Ende aller widerstreitenden Ideologien behaupten. Demokratie baue ihrer Natur nach stets auf Polarisierung und kollektive Identifikation. Die Abwesenheit des Streits stellt danach nicht einen besonderen Reifegrad, sondern im Gegenteil ein Defizit an Demokratie dar. [...]

Zitat Merseburger: "Es waren Adenauers und Schumachers Feindschaft gegen ein Große Koalition, ihre Furcht vor dem Gespenst von Weimar, die beide zu der Überzeugung brachten, die neugeborene Republik brauche glasklare Fronten im Parlament. Wenn die zunächst ungewohnte, ja anfangs ungeliebte Demokratie langsam im Volke Wurzeln schlug, so hat dies viel mit jener glasklaren Scheidung zu tun, auf die sich beide 1949 verständigt haben." (Quelle: Dradio.de)

Ein faszinierendes Beispiel dieser Streitkultur, die kein Blatt vor den Mund nimmt und so auf unausgesprochene Hintergründe und verschwiegene Motive hinweisen kann, bringt die Deutschlandfunk-Sendung auch:
Und wenn es noch eines Vergleichs bedurft hätte. Die aktuellen Anwürfe der Sozialdemokraten gegen den nobilitierten Alpen-Messias der Wirtschaftspolitik, Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg, muten geradewegs wie seichtes Geplätscher an gegen jene scharfzüngige Polemik, die der junge SPD- Bundestagsabgeordnete namens Helmut Schmidt-Hamburg vor genau 50 Jahren dem Großvater des heutigen Wirtschaftsministers im 3. Deutschen Bundestag zuteil werden ließ. Man beachte dabei eine parlamentarische Rarität: Polemik mit Ansage!

Diese wirkte wie die letzte revolutionäre Zuckung der deutschen Sozialdemokratie knapp eine Woche vor Verabschiedung des Godesberger Programms.

Helmut Schmidt (1959): "Hören Sie mir doch mal zu, ich bin ja noch gar nicht polemisch, das kommt noch verehrter Freund. Es fällt schwer, nicht zu beklagen, dass die Deutschen niemals eine Revolution zustande gebracht haben, die dieser Art von Großgrundbesitzern die materielle..." (Quelle: Dradio.de)

Der Rest des Satzes von Schmidt ging im daraufhin ausbrechenden riesigen tumultartigen Lärm im Bundestag unter.