Freitag, 13. März 2009

Wie kann man dumme und falsche Aussagen der ARD in Bezug aufs Internet stoppen? Ganz einfach: Senioren ins Netz!

"Ihre ganz eigene virtuelle Wirklichkeit" (Stefan-Niggemeier.de)

Und:

Kübelweise Klischees im ARD-Brennpunkt über Winnenden (Carta)

Zitat:

In dem dann folgenden Beitrag wird nahe gelegt, im Netz herrsche eine Atmosphäre von Tätersympathie, Zynismus und entrückter Eigenbrödelei:

– Hier würden sich die Nutzer "ihre eigene virtuelle Wirklichkeit der Bluttat" bauen. Den Massenmedien würden sie "Scheinheiligkeit" vorwerfen.

– Hier herrsche "virtuelle Trauer zwischen ästhetisiertem Schrecken und schönem Schauer".

– Der Amoklauf werde im Netz zur "tragischen Kunst" stilisiert. (Quelle: Carta.info)

Zitat:
den Beitrag, den Moderator Fritz Frey mit den Worten anmoderierte:

Gelernt haben wir, dass das Internet eine wichtige Rolle spielt bei unserem Thema, und das beileibe nicht nur als Plattform für potentielle Täter. Andrea Bähner hat sich heute, am Tag danach, im Netz umgesehen und ist dabei auf eine Art virtuellen Wutausbruch gestoßen. Die, die sich dort ihr ganz eigenes Bild vom gestrigen Wutausbruch machen, können mit der Debatte um Schuld und Verantwortung wenig anfangen.

Und in dem der schöne Satz fiel:

Die Internetcommunity bei YouTube, Twitter oder FlickR baut sich ihre eigene virtuelle Wirklichkeit der Bluttat. (Quelle: Stefan-Niggemeier.de)

Wie könnte man die Qualität der Berichterstattung in der ARD wieder verbessern? Ganz einfach: Senioren ins Netz! Jeder, der Leute kennt, die noch nicht im Internet sind (also vorwiegend wohl Senioren) sollte helfen, diese Menschen mit dem Internet vertraut zu machen. Die ARD wird fast nur noch von über 60ig-jährigen Menschen gesehen. Spätestens wenn auch diese Bevölkerungsgruppe über das Thema mehr Bescheid weiß als der Brennpunkt-Moderator, wird diese Art der ARD-Volksverblödung ein Ende haben. Denn Zeit zum Schreiben von wütenden Zuschauerreaktion hat kaum eine andere Bevölkerungsgruppe mehr als unsere lieben Senioren.

Wissenschaft und Religion müssen sich beide unter das Prinzip der Freiheit unterordnen

Die neuen Atheisten: Rationaler Atheismus: Ein offener Brief an die Herren Dawkins, Dennett, Harris und Hitchens (Humanistischer Pressedienst)

Deutsche Übersetzung eines interessanten Artikels im Scientific American von Michael Shermer, Herausgeber des amerikanischen Skeptiker.

Shermer warnt vor einem allzu aggressiven Atheismus, der soweit geht, Gläubige und ihre Religion so stark zu diffamieren, dass man ihnen das Recht auf ihren unsinnigen Glauben abspricht:

Immer wenn religiöse Glaubenssysteme im Konflikt mit wissenschaftlichen Fakten stehen oder Prinzipien politischer Freiheit verletzen, müssen wir mit angemessenem Selbstbewusstsein antworten. Wir sollten uns nichtsdestoweniger vor unvernünftigem Überschwang hüten. [...]

Es ist irrational, eine feindliche oder herablassende Haltung gegenüber der Religion einzunehmen, weil wir dadurch geradezu garantieren, dass religiöse Menschen auf die selbe Weise darauf antworten werden. [...]

So lange die Religion Wissenschaft und Freiheit nicht bedroht, sollten wir respektvoll und tolerant sein, weil unsere Freiheit, nicht zu glauben, untrennbar mit der Freiheit anderer, zu glauben, verbunden ist. (Quelle: HPD.de)

US-Experte: Man kann Amokläufe sehr wohl im Vorfeld verhindern

Interview mit Bill Woodward: "Probleme erkennen!" (Frankfurter Rundschau)

Der Direktor der Trainingsabteilung im Zentrum zur Gewaltverhütung an der University of Colorado erklärt, wie man Amokläufe verhindern kann.

Ein absolut faszinierendes Interview. Es macht deutlich, dass man Amokläufe sehr wohl verhindern kann und dass "die Umwelt" eine sehr große Rolle spielt als Ursache von Amokläufen. Das Schulklima beispielsweise spielt eine große Rolle und wie Mitschüler, Freunde, Lehrer und Familienmitglieder miteinander umgehen. Sehr, sehr unbequeme Wahrheiten. Im Gegenzug sagt also ein Amoklauf leider auch etwas aus über unsere Gesellschaft, die Familie, das soziale Umfeld und die Institution Schule.

Prof. Joachim Kersten: Verletztes Selbstwertgefühl und nicht Ballerspiele sind Ursache von Gewalt

Prof. Joachim Kersten über die Gefährlichkeit von Medienberichten (Bayerischer Rundfunk)

In der ansonsten für mich schwer zu ertragenden Sendung "Quer" gab es ein interessantes Interview mit dem Polizeiforscher Prof. Joachim Kersten über Medien als mögliche Ursache von Amokläufen.

Unbedingt das oben verlinkte Video ganz bis zum Schluss anschauen.

Killerspiele sieht Kersten wie alle ernstzunehmenden Psychologen nicht als Ursache von Amokläufen an, sondern nur als Teil eines großen Ursache-Komplexes. Die eigentliche Ursache von Amokläufen sei letztlich ein immer wieder verletztes Selbstwertgefühl. Diese Verletzungen treiben Menschen in Gewaltphantasien. Kommt dazu noch eine soziale Isolation hinzu, fehlt diesen Menschen eine Korrektur und eine Spiegelung von außen, die derartige Gewaltphantasien wieder entschärfen könnten. Stattdessen reichern solche verletzten Menschen (die eine extreme Minderheit darstellen) ihre Gewaltphantasien weiter an - unter anderem mit Bildern aus den Medien oder aus Ballerspielen.

Aber auch diese weitere Expertise wird Medien und Politiker nicht davon abhalten, auch weiterhin "Killerspiele" in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen. Vielleicht gibt es ja sogar schon wissenschaftliche Untersuchungen zur Frage, warum Medien und Politiker trotz klar anders lautender Meinung der allermeisten Experten, weiterhin so fixiert sind auf das Thema "Killerspiele"? Vielleicht sind die Aussagen von Psychologen schlicht zu kompliziert für die Medien und für Nicht-Psychologen? Sind Psychologen zu unfähig, sich verständlich mitzuteilen? Oder wollen Medien und Politiker ihre Aussagen eventuell bewusst nicht verstehen? Aber warum nicht?

Neue Idee: Drohnen zur Raketenabwehr über feindlichem Gebiet

Scientist's New Missile Defense: Killer Drones (Wired.com, "Danger Room")

Neue Idee zur Abwehr von Interkontinentalraketen: Ferngesteuerte Stealth-Drohnen kreisen beständig über bekannten Abschussrampen des Feindes und vernichten die feindlichen Raketen noch in der Startphase über dem Gebiet des Feindes.

Medien und Politiker fallen auf gefälschte Amoklauf-Ankündigung rein

Vee haff wayz to make you feel stoopid (Telepolis.de)

Journalisten, Politiker und Polizei kennen sich mit dem Internet nicht aus. Das rächt sich jetzt (mal wieder).

Donnerstag, 12. März 2009

Berlusconi will Parlamentariern Stimmrecht entziehen

Berlusconi will parlamentarische Regeln ändern (Der Standard)

Nur noch die Fraktionsvorsitzenden sollen nach der Vorstellung von Berlusconi künftig das Recht haben im Parlament abzustimmen. Begründet wird diese "Reform" mit dem Ziel "Entscheidungsverfahren zu beschleunigen" - wie so häufig bei ähnlichen Vorhaben auch in Deutschland, wenn demokratische Mitbestimmungs- und Entscheidungs- und damit Kontrollprozesse beschnitten werden sollen mit Hilfe des Zauberwortes "Bürokratieabbau" (Stichwort "Bundesrat" und "Föderalismusreform").

Noch gibt es heftige Proteste gegen diese Entmachtung der Abgeordneten.

Stern.de pöbelt gegen seine Leser

Pöbeljournalismus (Stefan-Niggemeier.de)

Stern.de-"Journalist" Gerd Blank beklagt, dass bei Twitter und im Internet jeder ungefiltert kommunizieren kann und nennt Beispiele, wie auf diese Art und Weise Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Leider schmeißt er alle Twitter-Nutzer mit dem Begriff "Pöbel" in einen Topf und übersieht, dass die etablierten Medien bei den von ihm genannten Beispielen genau die gleichen Verletzungen der Persönlichkeitsrechte begehen.

Ich sehe schon, dass wir auch in Deutschland wie bereits zum Beispiel derzeit in Italien in wenigen Wochen Gesetzesvorstöße haben werden, die eine freie, ungefilterte und anonyme Kommunikation im Internet behindern und verbieten werden wollen. Schließlich würden manche ja ihre Freiheiten missbrauchen und dagegen müsse ja was getan werden...

Innenminister: NPD würde nach Abzug aller Ermittler in sich zusammenfallen

(Via Nightline) NPD droht der finanzielle Ruin (Badische Zeitung)

Zitat:

Bei einer CDU-Veranstaltung im Kreis Calw hatte [der baden-württembergische Innenminister; Anmerkg. von mir] Rech [CDU; Anmerkg. von mir] laut dem Schwarzwälder Boten gesagt: "Wenn ich alle meine verdeckten Ermittler aus den NPD-Gremien abziehen würde, dann würde die NPD in sich zusammenfallen." (Quelle: Badische-Zeitung.de)

Google startet Behavioral Targeting

"Schnüffel-Werbung" überall: Gefangen in Googles Werbenetz (Taz.de)

Auf vielen Webseiten befinden sich von Google eingeblendete kleine Werbeflächen. Wohlgemerkt nicht Werbung für Google, sondern Werbung von Google. Google erfasst so mittels der Auslieferung der Werbebanner auf Millionen von unterschiedlichen Webseiten, welche Webseiten man als Surfer alles ansurft, selbst wenn man niemals Google.de oder Google.com ansurft. Google speichert die so gewonnenen IP-Adressen der Leute, die Webseiten mit Google-Werbebannern besuchen, lange Zeit und versucht Surfprofile herauszudestillieren, um die Internetsurfer ganz bewusst zu überwachen (zu tracken) und ihr Surfverhalten zu protokollieren.

Man kann sich gegen diese Überwachung nur wehren, indem man entweder Anonymisierungsdienste nutzt, die jedoch häufig das Surfen insgesamt sehr viel langsamer machen, oder man wendet ein paar kleine Tricks an, die es zumindest Google erschweren, das eigene Surfverhalten über eine längere Zeit hinaus zu protokollieren:

  • Nach jedem Ausflug ins Internet sollte man die Cookies in seinem Browser löschen.
  • Javascript sollte standardmäßig deaktiviert sein.
  • Surft man nicht mittels eines großen Internetproviders im Internet, bei dem man bei jedem Ausflug ins Internet automatisch eine neue IP-Adresse bekommt, sollte man zudem auch Werbebbannerblockierer einsetzen. Besonders also, wenn man eine statische IP-Adresse hat oder man hinter einem Proxy sitzt, der nach Außen hin immer mit der gleichen IP-Adresse auftritt und den nur wenige Menschen nutzen.
  • Nutzt man immer wiederkehrend und während längerer Zeit (zum Beispiel "im Hintergrund") bei einem Ausflug ins Internet Dienste und Internetangebote, bei denen man Javascript aktiviert haben muss, sollte man für diese Internetseiten einen anderen Browser nutzen als fürs normale Surfen im Internet. Beispielsweise für Twitter oder das eigene Weblog oder eBay Firefox und zum normalen Surfen Opera oder umgekehrt. In dem einen Browser ist Javascript dann aktiviert, in dem anderen deaktiviert.

Müde Manager handeln wie Betrunkene

Müde Manager handeln wie Betrunkene (Harvard Business Manager)

Zitat:

Viele Führungskräfte brüsten sich mit ihrem immensen Arbeitspensum und vergessen dabei, wie wichtig die Erholung durch Schlaf ist. Charles A. Czeisler, Professor an der Harvard Medical School, erläutert, welche verheerenden Folgen ein Schlafdefizit bei wichtigen Entscheidungen haben kann. [...] Sind sie vier oder fünf Tage lang nur auf durchschnittlich vier Stunden Schlaf pro Nacht gekommen, zeigen sich bei ihnen dieselben kognitiven Ausfallerscheinungen, als wenn sie 24 Stunden am Stück wach gewesen wären. Sie befinden sich in einem Zustand, der dem der Trunkenheit ähnelt. [...]

Es irritiert mich, dass die heutige Arbeitskultur Schlaflosigkeit in einer Art glorifiziert wie wir einst Personen verherrlichten, die unmäßig viel Alkohol vertragen konnten. (Quelle: HarvardBusinessManager.de)

Sehr gutes Interview.

Mineralwasser mit Hormonen belastet; Plastikverpackungen im Verdacht

Hormone im Mineralwasser entdeckt (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Das beliebteste Getränk der Deutschen sei den Forschungsergebnissen zufolge mit Hormonen belastet, die dem weiblichen Sexualhormon Östrogen ähneln, teilte die Goethe-Universität am Donnerstag in Frankfurt am Main mit. Noch sei jedoch nicht klar, ob davon eine Gesundheitsgefährdung ausgehe. [...]

"Allerdings mussten wir feststellen, dass Mineralwasser hormonell betrachtet in etwa die Qualität von Kläranlagenabwasser aufweist." (Quelle: FR-Online.de)

Leitungswasser (abgekocht) + Bio-Grüntee. Mehr braucht der Mensch nicht.

Schäuble findet Informationelle Selbstbestimmung nicht gut und verkennt Handeln des Verfassungsgerichts bei Eilentscheidung zu Vorratsdatenspeicherung

Im Gespräch: Wolfgang Schäuble und Winfried Hassemer: Wie viele Sicherheitsgesetze überlebt der Rechtsstaat? (FAZ.net)

Zitat:

Schäuble: [...] Zu den weniger ruhmreichen Taten des Verfassungsgerichts in meiner Erinnerung gehört eine einstweilige Anordnung im Volkszählungsverfahren in den achtziger Jahren. Die öffentliche Erregung, die damals große Teile des Landes ergriff, kann heute niemand mehr nachvollziehen. (Quelle: FAZ.net)

Wenn ich Schäuble hier richtig verstehe, bezieht er sich hier auf das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem es das neue Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung (Wikipedia.org) ausformulierte. Schäuble hält von diesem Grundrecht also anscheinend nicht viel.

Zur öffentlichen Debatte über die Onlinedurchsuchung sagt Schäuble:
Schäuble: Was mich störte an der Debatte, war ihre Länge. So entstehen Verunsicherungen in vielen Teilen der Bevölkerung [...]. (Quelle: FAZ.net)

Komisch, bei mir nahm die Verunsicherung mit zunehmender Debatte ab. Könnte es sein, dass Verunsicherungen dadurch entstanden, dass lange Debatten - manche bezeichnen das Phänomen "lange Debatte" auch als "ausführliche Debatte" - die seltsame Wirkung haben, dass schwache Argumente als schwache Argumente entlarvt werden und dies eventuell auf Seiten der Vertreter solcher schwacher Argumente derartige Verunsicherungen auslösen?

Schäuble sieht "enge Voraussetzungen" bei der Einschränkung von Bürgerrechten in seinen Gesetzen:
Zu Zeiten von Wallenstein musste man Boten abfangen. Im Computerzeitalter muss es unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit des Aufspürens elektronischer Botschaften geben. (Quelle: FAZ.net)

So als ob der Mangel an solchen engen Voraussetzungen in den Gesetzesvorhaben von Schäuble nicht genau der den Kritikern wichtigste Punkt gewesen wäre...

Auch im weiteren Verlauf des Gespräches tut Schäuble so, als ob es bei der Verabschiedung von Vorratsdatenspeicherung, Anti-Terror-Paketen, Onlinedurchsuchung/BKA-Gesetz von seiner Seite aus eine faire (das heißt mit handgreiflichen Daten und Argumenten gestützte) Diskussion über Kosten und Nutzen in Bezug auf Freiheit und Sicherheit gegeben hätte.

Zur Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei der Vorratsdatenspeicherung:
Schäuble: In der Tat muss man sich fragen, wie weit das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung gehen kann. Ich habe zum Beispiel verfassungsrechtliche Zweifel, ob das Verfassungsgericht wirklich entscheiden sollte, für welche Straftaten man welches Instrument gesetzlich vorsehen kann oder nicht. In der einstweiligen Anordnung zur Vorratsdatenspeicherung hat es das getan. Es ist doch Sache des Gesetzgebers, zu sagen: Für diese Straftat kann ich dieses Instrument einsetzen – für jene nicht. (Quelle: FAZ.net)

Schäuble erwähnt selbst, dass es sich um eine einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts handelt. Das Gericht hatte keine andere Möglichkeit in der Schnelle als die Vorratsdatenspeicherung auf diese Weise erst einmal auszubremsen. Es ist eine Notlösung. Statt einer genauen Diagnose, wo und wie ein Gesetz eventuell umgebaut werden muss, nimmt das Gericht erst einmal etwas Power aus dem Gesetz, indem es seine Anwendung einschränkt. Statt einer Reparatur muss der Gesetzeswagen also erstmal maximal im ersten Gang weiterhumpeln.

Aber vielleicht hat Herr Schäuble ja doch etwas gelernt in den Auseinandersetzungen in den letzten Jahren. Denn es findet sich auch folgender Satz im Interview:
Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Sie darf es nicht geben. Nichts im Leben ist hundertprozentig. Und jeder Staat, der nach hundertprozentigen Regelungen strebt, fängt an, sich von der Freiheit wegzuentwickeln. Quelle: FAZ.net)

Wenn es nicht bloß ein Lippenbekenntnis ist. Aber vielleicht stimmt er sich und die CDU schon ein auf eine Koalition mit der FDP. Denn bei allem, was ich (vor allem bei der Wirtschaftspolitik) an der FDP auszusetzen hätte, hat die FDP doch einen großen Vorteil: Ein gewisser Wiefelspütz ist nicht Mitglied der FDP-Fraktion.

Leider meint Schäuble weiterhin, dass das herkömmliche Strafrecht nicht ausreiche, um mit dem internationalen Terror fertig zu werden, sondern dass man irgendwie neben dem normalen Strafrecht ein Sonderrecht für besondere Situationen brauche, so wie man im Krieg Feinde auch nicht gerichtlich anklagen würde, sondern bekämpfen müsse. Einleuchtende Argumente für diese Einschätzung, dass der Terrorismus etwas derart herausgehoben Anderes sein soll als letztlich besonders brutale, organisierte Kriminalität, liefert er auch in diesem Interview jedoch nicht.

Das Wort "Prävention" kommt übrigens im ganzen Interview nicht vor.

ZDF muss tatsächlich "aus aktuellem Anlass" Doku über Gefährlichkeit von Computerspielen bringen

Amokläufer im Visier (ZDF.de)

Nanu? Programmänderung im ZDF-Nachtprogramm? Eine Doku über die Frage, ob Computerspiele Amokläufe auslösen. Anscheinend ist mal wieder ein Amoklauf passiert. Die Hirnaktivität von Computerspielern wurde untersucht. Ergebnis: Beim konzentrierten Computerspielen werden laut fMRT für kurze Zeit bestimmte Hirnbereiche blockiert, die für Emotionen zuständig sind. Klingt sehr gefährlich.

Kann mal jemand untersuchen, ob dieses sekundenlange Blockieren emotionaler Zentren im Gehirn eventuell auch beim Autofahren, Texteschreiben, Fernsehgucken, Kreuzworträtsellösen, feinmotorischen Tätigkeiten etc. passiert? Und anschließend sollte man dann unbedingt all diese Tätigkeiten, die für einige Sekunden Emotionszentren im Gehirn blockieren, verbieten.

Nicht verbieten sollte man jedoch, dass Eltern, in deren Wohnung Minderjährige wohnen, 16 tödliche Schusswaffen im Haus haben (samt anscheinend Massen an Munition).

Aber vielleicht lag ja in dem vermutlich abgeschlossenen Schrank mit den Waffen auch der Schlüssel zu der Schublade, in der die gefährlichen Computerspiele lagerten. Das wäre dann allerdings wirklich ein massives Versagen der Eltern des Amokschützen gewesen.

Ich kann nur davon abraten, sich über das Fernsehen über Wissenschaft und wissenschaftliche Ergebnisse zu informieren. All das, was man im Fernsehen über Wissenschaft und wissenschaftliche Ergebnisse hört, muss und sollte man durchweg nicht ernst nehmen und so schnell wie möglich wieder vergessen. Wissenschaftliche Ergebnisse werden im Fernsehen immer - ich betone: immer - total verkürzt und damit letztlich falsch dargestellt. Wissenschaftler sollten in jedem Halbsatz (nicht nur alle drei Sätze, sondern so, dass es nicht rausgekürzt werden kann, also in jedem Halbsatz) bei Interviews mit den Leuten vom Fernsehen deutlich machen, wo die Grenzen des jetzigen Wissensstandes liegen, wie also Theorien und Daten einzuordnen und zu bewerten sind.

Fernsehen ist und bleibt letztlich ein Schrott-Medium, das nur dazu geeignet ist Quizsendungen und Seifenopern auszustrahlen. Ausnahmen wie die Sendungen von Alexander Kluge sind und bleiben eben eines: absolute Ausnahmen.

Mittwoch, 11. März 2009

Alle Parteien Italiens versuchen derzeit freie, anonyme Meinungsäußerungen im Internet zu verbieten

Italian bloggers call for support from around the world to fight blogger-licensing in Italy (BoingBoing.net)

Ein Artikel von Beppe Grillo auf Englisch, der darstellt, wie die gesamte italienische Politik von Links bis Rechts derzeit in verschiedenen Gesetzesvorhaben versucht, anonyme Meinungsäußerungen im Internet in Italien in unterschiedlicher Weise zu behindern oder gar unter Strafe zu stellen.

Italien wird immer mehr zu einem ernsten Problemfall.

Die Verschleierungsmethoden der Kinderpornografie-Händler

The Techniques for Distributing Child Porn (Schneier.com)

Bruce Schneier verlinkt auf einen Artikel bei Wikileaks.org, in dem ziemlich ausführlich erklärt wird, welche ausgeklügelten Verschleierungstaktiken die Händler von Kinderpornografie-Material nutzen, um sich vor der Strafverfolgung zu schützen.

Ich kann nicht einschätzen, wie glaubwürdig der Bericht ist. Aber egal wie ausgefeilt die Verschleierungsmethoden der Kinderporno-Händler sind, so müssen sie doch irgendwo und irgendwie Kontakt mit potenziellen Kunden aufnehmen. Es muss also immer irgendwo eine Schnittstelle zur "Öffentlichkeit" vorhanden sein. Diese Schnittstelle kann und muss also der Ansatzpunkt sein für Strafverfolger. Stimmen die Schilderungen in dem Artikel, dann muss man jedoch auch erkennen, dass eine allgemeine Überwachung des Internets nicht helfen würde bei der Aufklärung. Alles, was an Datenübertragungen von Kinderpornografie-Material via Internet stattfindet, scheint gut verschlüsselt und versteckt zu passieren.

Dienstag, 10. März 2009

Wissenschaftliches Projekt will weltweiter Internetzensur mit Hilfe der Nutzer auf die Spur kommen

Wo das Web blockiert ist (Heise.de)

Zitat:

Internet-Zensur kommt weltweit aus unterschiedlichen Gründen vor, doch die genauen Dimensionen des Problems ließen sich bislang nur schwer dokumentieren. Ein neues Online-Projekt namens Herdict, das an der Harvard Law School entstanden ist, versucht nun seit Ende Februar, der Sache durch die Mithilfe von Nutzern auf den Grund zu gehen – per Crowdsourcing in aller Welt soll ein Echtzeitbild aktueller Netzblockaden entstehen. (Quelle: Heise.de)

Urteil gegen Stadt Dresden: Auch Clowns dürfen in Deutschland demonstrieren

Gericht weist Auflagen für Rebel Clowns Army zurück (Telepolis.de)

Zitat:

Die Rebel Clowns Army ist auf vielen Demonstrationen präsent. In der Regel schminken sie sich, nähern sich Polizisten und führen Wasserpistolen mit sich, um die Polizei zu karikieren. Das alles wurde ihnen aber gerichtlich erlaubt [...], nachdem die Stadt Dresden dies zunächst untersagen wollte. Die Stadt habe aus eigener Erfahrung aber keine "konkreten Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der den Aufzug begleitenden Polizeibeamten oder anderer Teilnehmer mitteilen" können, urteilten die Dresdner Verwaltungsrichter am 12. Februar. Solche Anhaltspunkte waren dem Gericht auch aus anderen Orten nicht bekannt. (Quelle: Telepolis.de)

Die jetzt als rechtswidrig beurteilten Auflagen gegen die Rebel Clowns Army haben ihre Ursache vermutlich in Falschinformationen, die die die Polizei unter anderem via DPA rund um die G8-Proteste im Jahr 2007 verbreitete, als fälschlicherweise gemeldet wurde, dass sich in den Wasserpistolen der Clowns gefährliche Chemikalien befinden würden.

Medien haben eben doch einen Einfluss.

Der Artikel weist außerdem darauf hin, dass vermutlich noch viele andere Vorschriften rechtswidrig sind, wie beispielsweise standardmäßig vorgschriebene Begrenzungen der Größe von Transparenten. Diese Vorschriften würden im Gegenteil eher zur Eskalation beitragen, weil so die Polizei häufig Demonstrationen gewaltsam sprenge, um vermeintlich zu große Transparente zu konfiszieren. Hier werden also Vorschriften von den Behörden eventuell bewusst dazu genutzt, das Demonstrieren zu schikanieren und zu behindern.

Langer Artikel über das Fiasko der Bahnprivatisierung in Großbritannien

Wirtschaftsgeschichte: 11.000 Jahre Verspätung (Zeit.de)

Zitat:

Großbritannien ist das Mutterland der Eisenbahn. Doch die neoliberal inspirierte Privatisierung des Zugverkehrs vor 15 Jahren geriet zu einem denkwürdigen Fiasko (Quelle: Zeit.de)

Die Privatisierung verursachte ein Zersplittern des Bahnsystems in Firmen, die untereinander nur noch unzureichend kommunizierten, sich unzureichend absprachen und sich gegenseitig die Verantwortung zuschoben. Der Service wurde schlechter, die Loyalität der Mitarbeiter verschwand. Außerdem gab es wegen kurzfristigen Renditedenkens nur noch unzureichende Investitionen in die Infrastruktur. Unfälle und Verspätungen waren die Folge. Die volkswirtschaftlichen Schäden waren enorm.

Affe legt umfangreiche, versteckte Steinvorräte an, um täglich Zoobesucher bewerfen zu können

Affe sammelt Steine für Attacken auf Zoobesucher (Spiegel.de)

Würde ich auch machen, wenn ich Affe in einem Zoo wäre. Keine Freiheit, keine Privatsphäre und die anwaltliche Vertretung in Zoos ist auch äußerst schlecht. Da muss man sich dann halt selbst behelfen, um auf seine Rechte aufmerksam zu machen.

Zitat:

Zwar sammeln wilde Affen Steine zum Knacken von Nüssen oder Stöcke, um Termiten zu fangen, der Grund dafür ist aber eher akuter Bedarf als Vorausplanung, erklärt Osvath. Santino bedenke jedoch eindeutig zukünftige Bedürfnisse, was zeige, dass Schimpansen ein komplexes und hochentwickeltes Bewusstsein besitzen. (Quelle: Spiegel.de)

Informationsfreiheitsgesetz in der Praxis offenbart: Wir leben immer noch in einem Obrigkeitsstaat

Eine Schnecke, kaum Fortschritt (Stern.de)

Der wackere Journalist Hans-Martin Tillack berichtet über seine Erfahrungen mit dem Informationsfreiheitsgesetz.

Fazit: Das Informationsfreiheitsgesetz ist in der Praxis eine Farce. Die dem Bürger gehörenden und dem Bürger unterstehenden Behörden verweigern schlicht und einfach die angefragten Auskünfte. Also müssen Bürger, die Informationen wollen, vor Gericht ziehen. Und dies bedeutet im "Rechtsstaat" Deutschland, dass man mehrere Jahre warten muss, bis solch ein Rechtsstreit ausgefochten ist.

Montag, 9. März 2009

Kleine Anfrage der FDP in Bezug auf GIZ enthüllt: Regierung sieht Internet als "Basis des Verbrechens"

(Via Fixmbr.de) Ist Facebook ein Terrorcamp? (Blog der FDP-Bundestagsfraktion)

Die FDP stellte eine "Kleine Anfrage" an die Bundesregierung bezüglich der Arbeit und der Aufgaben des gerade neu geschaffenen "Gemeinsamen Internetzentrums (GIZ). Das GIZ ist Teil des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (Wikipedia-Artikel). Die FDP erfuhr, dass die Bundesregierung vor allem Weblogs als äußerst gefährliche Erfindung betrachtet, weil auch Islamisten ohne technisches Vorwissen und kostenlos ihre Propaganda via Weblogs verbreiten können.

Deshalb findet die Bundesregierung auch, dass Google eine gefährliche Einrichtung ist, weil auch darüber Islamisten Informationen für Anschläge sammeln können. Deshalb findet die Bundesregierung auch, dass Google-Maps eine gefährliche Einrichtung ist, weil auch darüber Islamisten Informationen über mögliche Anschlagsorte sammeln können. Deshalb findet die Bundesregierung auch, dass der Buchdruck und die Schrift eine gefährliche Erfindung sind, weil diese ebenfalls von Islamisten missbraucht werden können. Auch die Landwirtschaft betrachtet die Bundesregierung als gefährlich, weil auch deren Produkte von Islamisten missbraucht werden können, beispielsweise, um sich vor Anschlägen zu stärken.

Zitat:

Auf der Internetseite des GIZ heißt es dazu: "Zur explosionsartigen Vermehrung islamistischer Propaganda im Internet trägt insbesondere das Phänomen der Weblogs bei. Es handelt sich dabei nämlich um Internetpräsenzen, die von jedermann kostenfrei, anonym und ohne besonderes technisches Wissen eingerichtet werden können, was auch von Islamisten umfänglich genutzt wird." (Quelle: FDPBundestagsfraktion.Wordpress.com)

Die FDP kommentiert diese Antwort so:
Die Bundesregierung zeigt in der Antwort vor allem eines: dass sie den Menschen zutiefst misstraut und insbesondere das Internet mit Argwohn beobachtet. Ein solcher Raum der freien Meinungsäußerung ist der Bundesregierung suspekt, nein mehr noch, es ist ihr Anlass und Begründung zugleich, die Menschen unter Generalverdacht zu stellen. Der Bundesinnenminister sagt das dann so: "Die globale Informationsgesellschaft ist eben auch die Basis des Verbrechens". (Quelle: FDPBundestagsfraktion.Wordpress.com)

"Basis des Verbrechens"... Was ist nicht oder könnte nicht alles "Basis des Verbrechens" sein? Als absolut grundlegendste und übelste Basis des Verbrechens muss man jedoch die Atmosphäre betrachten. Ohne Sauerstoff gäbe es kein Verbrechen. Jeder der atmet, ist verdächtig.

Fazit: Derartige "Argumente" sind keine Diskussionsgrundlage. Einfach eine breite, unspezifische Gefährdung zu benennen, kann kein Argument dafür sein beispielsweise Methoden der Rasterfahndung anzuwenden, um Nadeln im Heuhaufen zu finden. Solche "Argumente" zeugen nur entweder von einer Denkfaulheit, großem Unwissen oder bewusster Täuschungsabsicht.

Das Böse ist immer und überall - kann deshalb auch Überwachung immer und überall sein? Natürlich nicht.

Geheime Memos der Bush-Regierung veröffentlicht, die Militäreinsätze innerhalb der USA ohne Rücksicht auf Verfassung für rechtens erklärten

Bush Lawyers Approved Constitution-Free Domestic Military Ops, Docs Show (Wired.com, "Threat Level")

Zitat:

The Justice Department secretly authorized President George Bush to use the military inside the United States to snoop on, raid and even kill citizens in order to fight terrorism without regard to the Fourth or Fifth Amendment, according to a Oct 23, 2001 memo released by the Obama Administration Monday. [...]

American Civil Liberties Union attorney Melissa Goodman says that's why the memos are so disturbing.

"The fact we had the OLC in the business of stretching the law to create an outcome and create legal cover for illegal activities is a dangerous thing," Goodman said. "There is no serious question that the Fourth Amendment applies to U.S. government officials acting on U.S. soil." (Quelle: Blog.Wired.com/27BStroke6)

Threat Level berichtet auch über weitere Memos des "Office of Legal Counsel" (OLC) für die Bush-Regierung, in denen mehr oder weniger durchgängig der Regierung nahegelegt wurde, dass sie nicht auf die Verfassung und Bürgerrechte zu achten habe, wenn es um die Terror-Abwehr gehe.

Aachener Zeitung suggeriert, Jörg Tauss hätte sich politisch für Freigabe von Kinderpornografie eingesetzt

Jörg Tauss: Subtile Hetze (Datenschutz-Blog)

Kommentar: Jörg Tauss in der Presse - Primitiver geht es immer (Datenschutz-Blog)

Jens Ferner über deutsche Medien, die jetzt suggerieren, dass der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss politisch dafür gekämpft haben soll, dass Kinderpornografie frei zugänglich sei.

Zitat:

Wieder wird suggeriert, dass Tauss wollte, dass KiPo frei zugänglich ist. Alle Probleme und rechtlichen Fragen, um die es bei dem Thema Netzsperren geht, wegen denen Tauss - so wie die vielen anderen Kritiker - Netzsperren abgelehnt haben, sind nicht mehr vorhanden: Es wird im Ergebnis behauptet, der “Engel” von der Leyen wollte KiPo im Internet abschaffen und die bösen Kritiker wollten es frei zugänglich lassen. (Quelle: Datenschutzbeauftragter-online.de)

Sonntag, 8. März 2009

Welt am Sonntag: CDU übt bei weiteren Personalentscheidungen Druck aufs ZDF aus

CDU soll Wunschkandidaten für ZDF-Landesstudios benannt haben (Spiegel.de)

Nun wird offenbar, dass CDU-Landespolitiker auch bei anderen Besetzungen von Redakteursposten des ZDF massiv Einfluss nehmen.

Auszug:

Demnach soll der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) versuchen, Michael Krons als neuen Leiter des ZDF-Landesbüros in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. [...]

Politische Begehrlichkeiten gibt es dem Bericht zufolge [...] auch bei der Neubesetzung der Leitung des ZDF-Landesstudios in Hessen. (Quelle: Spiegel.de)

Ich finde das alles ja lächerlich. Was fürchtet die CDU eigentlich? Kritische Berichte im ZDF? Das wäre ja so als ob ein Eskimo Angst vor Sandstürmen hätte.

Keine Trennung von Innen- und Justizressort auf EU-Ebene

Demokratie heißt auch Kontrolle (Frankfurter Rundschau)

Der Artikel kritisiert, dass auf EU-Ebene das Justiz- und Innenressort in einer Hand sind.

Auszug:

Es ist in dem Maße, in dem die EU in den Bereichen Inneres und Justiz Kompetenzen gewonnen hat, ein grundlegender demokratischer Makel. Die beiden Ressorts gehören getrennt, sie müssen sich bei aller kollegialen Kooperation gegenseitig belauern: Wie viel Sicherheit muss sein, wie viel Freiheit darf aufgegeben werden? [...]

Die Bürgerfreiheiten brauchen einen nur ihnen verpflichteten Anwalt, einen eigenständigen Justizkommissar. (Quelle: FR-Online.de)

Ein "eigenständiger" EU-Kommissar? Wichtiger als die Trennung dieser beiden Ressorts auf EU-Ebene wäre zunächst sicherlich eine größere demokratische Kontrolle der Geschehnisse auf EU-Ebene. Danach kann man dann auch solche Fragen behandeln.

Aushebelung des Bundesverfassungsgerichts durch neues "Sicherheitsgesetz"

Familienzuwachs für den Großen Bruder (Telepolis.de)

Über die Gesetzesinitiative "Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes", in der das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer neuen Überwachungsbehörde mit gefährlichen, neuen Befugnissen mutiert, durch die die Einschränkungen des Bundesverfassungsgerichts bei der Verwendung von Daten aus der Vorratsdatenspeicherung wieder aufgehoben werden.

Auszug:

Über den Umweg des geplanten Gesetzes erhält nun das BSI die Befugnis, die Daten der Nutzer auszuwerten und auch bei TK-Straftaten aktiv zu werden. Das BSI darf die erhobenen und analysierten Daten nicht nur bei schweren Straftaten, Terrorismusgefahr etc. an Verfassungsschutz und Polizei weiterleiten, §5(4), Satz 1 ermöglicht dies eben auch bei den TK-Straftaten:

§5 (4) Das Bundesamt kann die nach Absatz 3 verwendeten personenbezogenen Daten an die Strafverfolgungsbehörden zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer mittels Telekommunikation begangenen Straftat übermitteln.

Was das Bundesverfassungsgericht also ausdrücklich durch seine Entscheidungen bei der VDS nicht genehmigt hat, soll nun über Bande realisiert werden. (Quelle: Telepolis.de)

Bundesgeheimrepublik Deutschland

Innenministerium kippt Novelle zur Freigabe geheimer Akten (Frankfurter Rundschau)

Auszug:

Historiker fürchten, dass die Bundesrepublik mit der neuen Vorschrift wieder in ihren traditionell restriktiven Umgang mit geheimen Akten zurückfällt. Mit dem Hinweis auf vermeintliche Sicherheitsinteressen seien bisher etliche Kapitel der bundesdeutschen Geschichte unerforscht, kritisieren Geschichtswissenschaftler. Unter Verschluss seien bisher etwa geheime Akten über die Schleyer-Entführung, eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern der Rote Armee Fraktion und Geheimdiensten, aber auch Unterlagen über das womöglich manipulierte Misstrauensvotum gegen den damaligen SPD-Bundeskanzler Willy Brandt. (Quelle: FR-Online.de)

CDU/CSU hat Angst vor Terror-Kindern

(Via Fefes Blog) Befugnisse des Verfassungsschutzes sollen erweitert werden: Union will auch Kinder überwachen lassen (Tagesschau.de)

Auszug:

Der Verfassungsschutz soll nach dem Willen der Union künftig auch Daten von Minderjährigen speichern können. Das sagte der Innenexperte der Unions-Fraktion, Hans-Peter Uhl, der "Berliner Zeitung". Demnach soll die Altersgrenze für die elektronische Speicherung personenbezogener Daten von derzeit 16 Jahren auf 14 oder zwölf Jahre gesenkt werden. Ziel sei eine bessere Überwachung terrorverdächtiger Minderjähriger, erläuterte Uhl. Das Gesetz soll vor der Sommerpause geändert werden. (Quelle: Tagesschau.de)

Das muss man nicht weiter kommentieren. Das könnte man höchstens noch psychoanalytisch durchleuchten. Das wäre sicherlich erhellend.

Die schnelle Alternative zur Internetfilterung: Kampf gegen Kinderpornografie mittels "Abuse-E-mails"

Eintrag Donnerstag, 5. März 2009 (Fefes Blog)

Fefe weist auf eine interessante Aktion von "Care Child" hin. Die haben schlicht und einfach Abuse-E-mails (also eine Beschwerde/Hinweismail) an Internetprovider geschickt, auf deren Servern Kunden Kinderpornografie verbreiteten. Und siehe da: nach kurzer Zeit waren 16 von 20 Domains vom Netz.

Sehr erfolgreich, sehr einfach, sehr schnell. Alles Attribute, die man komplizierten Internetfilterbemühungen nicht zusprechen kann.

Die Sprengkraft der Wörter "Sollen" und "Grundsätzlich" im neuen Gendiagnostikgesetz

So teuer sind unsere Grundrechte: 300000 Euro (Datenschutz-Blog)

Jens Ferner warnt vor dem neuen Gendiagnostikgesetz.

Auszug:

  1. Im Punkt 6 wird festgehalten, dass "Reihenuntersuchungen freiwillig sein sollen". Kleiner Tipp: "sollen" ist nicht gleich "müssen". Für einen Juristen liegen zwischen den Begriffen Welten. Oder deutlich: "sollen" ist geäußertes Wunschdenken, also wertlos.
  2. Das gleiche "sollen" finden wir bei vorgeburtlichen Untersuchungen unter Punkt 7.
  3. Punkt 9 ist angesichts des BVerfG Urteils 1 BvR 421/05 Blödsinn.
  4. Unter Punkt 10 wird erklärt, dass genetische Untersuchungen durch den Arbeitgeber "grundsätzlich unzulässig" sind. Soll ich dem Leser mal erklären, was "grundsätzlich" für einen Juristen heisst? Ganz einfach: Sofern nicht eine der vielen Ausnahmen zutreffen, ist es vielleicht nicht erlaubt. "Grundsätzlich" ist am Ende so viel Wert wie "sollen": Nichts. Man merkt es im letzten Satz, wenn nebulös erklärt wird, zum "Arbeitsschutz" ist es unter engen Voraussetzungen erlaubt.
  5. Das "Grundsätzlich" findet sich dann auch noch bei Versicherungen. Wem jetzt nicht mulmig wird, der sollte es nochmal in Ruhe lesen. Man beachte dabei den letzten Satz, der eine Vorlagepflicht bei Versicherungssummen ab 300.000 Euro vorsieht. Damit kennen wir wenigstens den Wert unseren ach so garantierten Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung: Bei 300.000 Euro ist das nämlich nicht mehr ganz so wichtig.
(Quelle: Datenschutzbeauftragter-online.de)

Schäubles Neusprech

Innenministerdeutsch: Des Schäubles kleines Wörterbuch (Zeit.de)

Auszug:

Wie lassen sich Einschränkungen der Bürgerfreiheit als Gewinn für alle verkaufen? Indem man sie sprachlich vernebelt. Ein Katalog des Neusprech zur Inneren Sicherheit (Quelle: Zeit.de)

Behinderte Schüler in Deutschland: Aussortiert und abgesondert

Behinderte Schüler in Deutschland: Aussortiert und abgesondert (Taz.de)

Auszug:

Conny ist halbseitig gelähmt und geht auf eine Sonderschule. Laut UN-Konvention müssen Kinder wie Conny in normale Schulen integriert werden - doch die Bundesländer schert das nicht. (Quelle: Taz.de)

Berliner Justizsenatorin: "Terrorcamp-Gesetz" dient nur dazu, bei kleinstem Verdacht Überwachung zu ermöglichen

Verbot von Terrortraining: "Das ist reine Symbolpolitik" (Spiegel.de)

Die Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) weist noch einmal auf das Offensichtliche hin: dass das neue Gesetz, das bereits den Besuch von Terrorcamps strafbar machen soll und vage Hinweise auf die Vorbereitung eines Anschlages als Grundlage für Untersuchungsverfahren einführen will, nur dazu dient, die Anwendung des polizeilichen Überwachungsapparates bereits bei kleinstem Verdacht zu ermöglichen.

Auszug:

Von der Aue: [...] Der Vorschlag ist aber nicht nur überflüssig. Er geht mir auch zu weit ins Vorfeld einer Straftat hinein. Es wird ja noch nicht einmal verlangt, dass ein Täter einen konkreten Vorsatz hat. Es reicht nach dem Entwurf, dass man sich ein Buch mit Bombenanleitungen kauft in der Absicht, irgendwann einen Anschlag zu begehen. Diese Absicht können Sie doch niemals nachweisen. [...]

Wir suggerieren den Menschen ein Mehr an Sicherheit, das es mit diesem Gesetz nicht geben wird. Stattdessen würden in Zukunft eine Menge Menschen überwacht, nur weil sie sich irgendwelche physikalischen Abhandlungen aus dem Internet heruntergeladen haben - und zwar mit dem ganzen Arsenal, das die Strafprozessordnung bereithält: Onlinedurchsuchung, Telefonüberwachung, Großer Lauschangriff. Das halte ich bei so geringen Hinweisen für nicht vertretbar. (Quelle: Spiegel.de)

Politiker in Deutschland ignorieren kriminelle Gewalttaten von Polizisten

Schläger in Uniform – Polizeigewalt wird kaum verfolgt (NDR.de, Sendung "Panorama")

Auszug:

Der prügelnde Polizist wird nie gefunden, weil alle Beamten vor Ort nichts gesehen, nichts gehört haben wollen. Das Verfahren wird eingestellt. Wie so oft, denn in der Polizei zählt Teamgeist viel. Wer gegen Kollegen aussagt, gilt deshalb meist als Verräter. Die Aufklärungsquote bei Polizeiübergriffen - mangelhaft.

Deshalb fordert der Europarat schon seit Jahren, Deutschland solle unabhängige Polizeikommissionen einrichten. (Quelle: DasErste.NDR.de/Panorama)

BND-Untersuchungsausschuss: Regierungsparteien behindern Aufklärung von BND-Tätigkeiten

Beweisantrag im BND-Ausschuss weiter blockiert - Stadler: Koalition missachtet BGH (Tagesschau.de)

Wenn die Tagesschau mal über die Kritik der kleinen Oppositionsparteien an der Arbeit der großen Koalition berichten, dann ist es meist auch gleich lesenswert und erhellend.

Auszug:

Im BND-Untersuchungsausschuss haben sich die Koalitionsfraktionen über einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) auf Herausgabe wichtiger Akten des Bundesnachrichtendienstes (BND) hinweggesetzt. In den Akten geht es um den Informationsaustausch zwischen dem BND und den USA während des Irak-Kriegs 2003. [...]

Die SPD bestreitet den Vorwurf einer "Verschleppungstaktik". Der SPD-Obmann, Michael Hartmann, sagte, die Opposition verfolge den falschen Weg. Es sei nicht der BND-Ausschuss, der über die Herausgabe der Akten zu entscheiden habe, sondern die Bundesregierung. Ob die Bundesregierung dazu verpflichtet sei, habe das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. (Quelle: Tagesschau.de)

Wie die Landesregierungen in Deutschland massiven Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Sender ausüben

Politiker in den Sender-Gremien (NDR.de, Sendung "Zapp")

Der Beitrag der Sendung "Zapp" schildert, wie Regierungspolitiker in Deutschland Einfluss ausüben auf die öffentlich-rechtlichen Sender.

Zufall oder Teil eines großen Puzzles? DNA-Spur des "Phantoms" im Kontext eines Sauerland-Terror-V-Manns aufgetaucht

Kriminalität: Das "Phantom" und die Terrorzelle (Morgenpost.de)

Der Artikel stellt die seltsamen Verbindungen dar zwischen den "Sauerland-Terroristen", einem V-Mann des LKA Rheinland-Pfalz, einem Kontaktmann des CIA und des türkischen Geheimdienstes, einem dreifachen Mord und einer DNA-Spur, die der Polizei bundesweit schon seit langer Zeit Rätsel aufgibt, weil sie wahllos an den verschiedensten Verbrechensschauplätzen aufgefunden wird.

BND wendete die angeblich so komplizierte Onlinedurchsuchung mehrere tausend Mal im Ausland an

BND infiltrierte Tausende Computer im Ausland (Spiegel.de)

Auszug:

Der Bundesnachrichtendienst hat offenbar in großem Umfang die Online-Durchsuchung zur Spionage angewandt und dadurch geheime Daten abgefangen. Nach SPIEGEL-Informationen wurden in den vergangenen Jahren 2500 Mal Computer im Ausland infiltriert. (Quelle: Spiegel.de)

Soviel dazu, dass eine Online-Durchsuchung ("Bundestrojaner") angeblich so wahnsinnig aufwendig sei, dass sie eh nur in Einzelfällen angewendet werden könne - ein Argument, dass die Bundesregierung sogar vorm Bundesverfassungsgericht vertrat und auch beim BKA-Gesetz wieder als Beschwichtigung den Bürgern vorsetzte.

Schlimm wäre es, wenn andere ausländische Geheimdienste ähnlich verfahren wie der BND und eventuell sogar eine internationale Zusammenarbeit von Geheimdiensten stattfinden würde. Wenn also deutsche Sicherheitsbehörden ausländische Geheimdienste beauftragen würden, in Deutschland Onlinedurchsuchungen durchzuführen und andersherum.