Samstag, 15. August 2009

Einzigartige deutsche Rechtssprechung macht's möglich: BGH ermutigt indirekt Polizei, Verdächtige illegal abzuhören

BGH lässt Verwertung von Erkenntnissen aus illegalem Lauschangriff zu (Heise.de)

Zitat:

Zwar entsprach das rheinland-pfälzische Polizeigesetz, auf dessen Grundlage die Verwanzung im Sommer 2004 angeordnet worden war, laut dem Richtspruch nicht in vollem Umfang den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner im März 2004 ergangenen Entscheidung zum großen Lauschangriff nach der Strafprozessordnung aufgestellt hatte. Insbesondere enthielt es nach der Einschätzung des BGH keine Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. In diese Sphäre darf der Staat nach der Maßgabe aus Karlsruhe auf keinen Fall eingreifen.

Die gewonnenen Erkenntnisse konnten aufgrund einer im Einzelfall erfolgten "Gesamtabwägung" gleichwohl für das Verfahren verwendet werden, urteilte nun der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs. [...]

"Bei uns ist es leider nicht so wie in den USA, wo die Nutzung der Früchte vom verbotenen Baum auch in den Verfahren tabu ist", kommentierte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert die Entscheidung gegenüber der Frankfurter Rundschau. Der Datenschützer fürchtet, die Rechtsprechung des BGH könnte dazu führen, dass Behörden auch rechtswidrig ermitteln. Dahinter stünde die Hoffnung, die illegal erlangten Beweise doch in Verfahren einspeisen zu können. (Quelle: Heise.de)

Damit ist erneut der Grundrechteschutz in Deutschland hinsichtlich der Überwachung Verdächtiger als Farce entlarvt, denn dabei geht es ja nicht nur darum, dass bestimmte Beweise nicht vor Gericht verwertet werden dürfen, sondern dass illegale Überwachungen als solche erst gar nicht stattfinden.

Positiv an dem Urteil des BGH ist lediglich, dass es bestätigt, dass deutsche Gerichte nicht nach Belieben die Definition, wer Terrorist ist, festlegen können, sondern sich dabei an deutsche Gesetze halten müssen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber was ist heute noch selbstverständlich, wenn es um Terroristen und deren Behandlung durch Sicherheits- und Justizbehörden geht?

Über den letzten Aspekt des BGH-Urteils berichtet die Süddeutsche Zeitung: Al-Qaida-Urteil des BGH: Strikte Vorgaben für Terrorismus-Urteile.

Zitat:
Zu Unrecht habe das OLG vermeintliche Gesetzeslücken mit einer "europarechtskonformen Auslegung" ausgleichen wollen, nämlich mit dem Hinweis auf einen EU-Rahmenbeschluss von 2002. Etwaige Korrekturen des engen deutschen Begriffs einer "Vereinigung" könne allenfalls der Gesetzgeber vornehmen, sagte Richter Jörg Peter Becker. (Quelle: Sueddeutsche.de)

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