Montag, 10. August 2009

Grotesker Nicht-Wahlkampf enthüllt tiefe Krise des Parlamentarismus in Deutschland

(Via Lallus.net) Wahlkampf: Nehmt uns endlich ernst! (FAZ.net)

Zitat:

Es waren also, so viel darf man vielleicht doch schon sagen, die Tage, in denen das Unbehagen an diesem Wahlkampf wuchs und wir, die Wähler, das Gefühl nicht mehr verdrängen konnten, dass wir ja sehr gerne all die wahlkämpfenden Politiker, deren Spin-Doktoren, PR-Heinis und Berater viel ernster nehmen würden - wenn wir uns nur von ihnen endlich ernst genommen fühlten: wenn also jene, die von uns gewählt werden wollen, mit uns so sprächen, wie Menschen sprechen, die einander prinzipiell für intelligent, erwachsen und zurechnungsfähig halten. [...]

Es kann ja nur die Angst vor dem Wähler sein, was unsere Wahlkämpfer dazu bringt, genau diesen Wähler so hemmungslos zu unterfordern, dass so viele, vor lauter Fremdsein im Wahlkampf, am liebsten Horst Schlämmer wählen würden. (Quelle: FAZ.net)

Jeder, der den letzten US-Präsidentschaftswahlkampf verfolgt hat, wird derzeit vermutlich bei der Beobachtung des deutschen Wahlkampfes nur mit staunenden, offenen Augen dasitzen oder eingeschlafen sein. Staunend darüber, dass es keinen Wahlkampf in Deutschland gibt oder eingeschlafen darüber, dass es keinen Wahlkampf in Deutschland gibt.

Natürlich gab es im US-Wahlkampf auch absolut groteske Momente. Aber sie wurden erzeugt durch die üblichen Versuche der Wahlkämpfer die Wähler mit aller Gewalt auf ihre Seite zu ziehen. Diese grotesken Momente waren, genauso wie die erbitterten inhaltlichen Debatten, Ausdruck eines mit großer Energie geführten Kampfes.

Sobald ein Politiker in Deutschland jedoch ein bestimmtes Image hat in den Medien, mit dem er leben kann, kann man es sich als Politiker in Deutschland bequem machen. Das Image wird weiter Thema bleiben in den Medien, aber nicht politische Ideen oder gesellschaftliche Probleme. Man muss gut lächeln können, aber das Denken ist nicht so wichtig. Die Politiker in Deutschland machen es sich bequem. Sie können es sich bequem machen, denn es gibt niemanden, beispielsweise in den Medien, der sie wirksam (so also, dass die Politiker reagieren müssten) in Bedrängnis bringen könnte durch Hinweise auf inhaltliche Ungereimtheiten in ihren Programmen.

Das mag daran liegen, dass die Parteiprogramme in Deutschland eh für die aktuelle Politik völlig unwichtig sind. Die Regierung kennt ihr Parteiprogramm meist gar nicht (mehr). Und die Partei und die Bundestagsabgeordneten der eigenen Partei vergessen das Parteiprogramm auch wieder ganz schnell, sobald sie an der Macht sind. Parteien geht es darum, an die Macht zu kommen, nicht ihr Parteiprogramm umzusetzen. Mit der daraus resultierenden Unglaubwürdigkeit können sie leben. Denn der Wähler hat ja keine Alternativen, weil jede Partei - wegen des politischen Systems in Deutschland - sich so verhält.

1 Kommentar(e) vorhanden:

Anonym hat gesagt…

Natürlich findet Wahlkampf statt: in den Medien.
Alles Neoliberale über den grünen Klee loben und alles Linke verteufeln. Die Macht der Machthaber festigen, Reichtum schützen und gnadenlose Ausplünderung des Volkes fortsetzen.
Vierte und Erste Gewalt (Legislative) wuchern ungehemmt zu unser aller Schaden zusammen.