Mittwoch, 18. Juni 2008

Bundesanwaltschaft: Wieder Ermittlungspanne, wieder wurden Unschuldige jahrelang als vermeintliche Terroristen observiert und schikaniert

(Via Annalist, via Fefes Blog) Der Verdacht (Berliner Zeitung)

Ausschnitt:

Fast zwei Jahre lang warf die Bundesanwaltschaft elf jungen Leuten vor, Terroristen zu sein. Die Ermittlungen erbrachten keinen einzigen Beweis. [...] Der schmal gewachsene Mann, der Torsten genannt werden will, wirkt unsicher. [...] Abgehört habe man ihn und observiert, sagt er, ein Peilsender sei an seinem Auto angebracht worden. Die soziale Einrichtung, bei der er arbeitet, darf seit der Durchsuchung bei ihm vor einem Jahr keine straffällig gewordenen Jugendlichen mehr betreuen. "Dabei habe ich doch nichts mit diesen Anschlägen zu tun", sagt Torsten.

Das Landgericht in Flensburg hat am vergangenen Donnerstag die Razzien bei Torsten und den anderen vom Juni 2007 für rechtswidrig erklärt. Wohnungen und Arbeitsräume von elf angeblichen Linksterroristen in Hamburg, Bad Oldesloe und Berlin waren durchsucht worden. Das hätte nicht angeordnet werden dürfen, sagen die Richter.

Damit dürfte bald das im Frühjahr 2006 von der Bundesanwaltschaft eröffnete Ermittlungsverfahren gegen die vermeintliche Terrorgruppe von Bad Oldesloe eingestellt werden. Es ist längst zu einem Justizskandal geworden. [...]

Verdächtig macht Torsten laut Ermittlungsbericht, dass er sich am Telefon auffallend wenig über politische Dinge unterhält. (Quelle: Berlinonline.de)

Irgendwelche tragfähigen Hinweise, dass die Verdächtigen mit Brandanschlägen zu tun hatten, hatte die Bundesanwaltschaft nicht. Im Gegenteil wurde gerade das Fehlen des Interesses der Verdächtigen beispielsweise am G8-Gipfel (in dessen Zusammenhang Brandanschläge verübt wurden) als "konspiratives Verhalten" bewertet. Der Artikel führt detailliert auf, welchen haarsträubenden Überlegungen die Beamten folgten, wie aus jedem Verhalten und jeder Beobachtung ein Verdacht konstruiert wird. Das ganze liest sich absolut gruselig und erinnert an Schriften von Kafka. Außerdem offenbaren die haltlosen Verdächtigungen ein Ausmaß an Inkompetenz auf Seiten der Ermittler, das selbst ich niemals für möglich gehalten hätte. Das ganze wirkt so, als ob hier siebenjährige Schüler Detektiv gespielt hätten. Nur leider mit den Kompetenzen des gefährlichen Paragraphen 129a ausgestattet.

Die Bundesanwaltschaft ging also erneut massiv gegen beliebige Bürger (vorzugsweise politisch aktive Bürger) in Deutschland vor, dank des unsäglichen Paragraphen 129a, der schon viele Opfer in Deutschland forderte und wohl auch noch fordern wird, weil SPD und Union an der Schikanierung von Unschuldigen furchtbar gerne festhalten wollen, so scheint es. Selbst irgendwelche Signale der SPD-CDU-CSU-Einheitsregierung, dass man mit diesem Vorgehen der Bundesanwaltschaft nicht einverstanden sei, bleiben aus. Frau Harms ist weiterhin im Amt. Einen schönen "Rechtsstaat" haben wir da. Und in den meisten Medien wird der Skandal auch weitgehend totgeschwiegen. Was ich letztlich verstehe, denn wer will sich schon mit Frau Harms anlegen?

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