Dienstag, 2. Dezember 2008

Neue Versammlungsgesetze in Bundesländern zeigen: Demokratie in Deutschland ist im Arsch

Die Versammlungsfreiheit in der Postdemokratie (Telepolis.de)

Nach der Föderalismusreform dürfen die Bundesländer eigene Versammlungsgesetze formulieren. In Baden-Württemberg arbeitet die CDU in Form der Landesregierung folgerichtig gerade daran, die lästige Demokratie wieder ein Stück abzubauen.

Ausschnitt:

In einer Kneipe sitzen einige Gäste zusammen und führen politische Gespräche. Andere gesellen sich hinzu und reden mit. Die Diskussion wird lauter, die Fäuste werden geballt und auf den Stammtisch geknallt, dass die Bierkrüge hüpfen. Da betritt ein Trupp Polizisten den Raum, verhaftet die Gäste und löst die Versammlung auf.

Was wie eine Szene aus deutscher Vergangenheit klingt, könnte nach dem Willen der baden-württembergischen Landesregierung eine der Zukunft werden. Die plant ein neues Versammlungsgesetz, das so restriktiv ausgelegt werden kann, dass Vereine, Verbände und Gewerkschaften sich bedroht sehen.

Die weit gefassten Formulierungen in den bisherigen Entwürfen ermöglichen den Behörden den Missbrauch durch eine restriktive Auslegung. (Quelle: Telepolis.de)

Das unklare Formulieren von neuen Gesetzen ist mittlerweile ein erprobtes Mittel von Union und SPD, um die Herrschaft des Rechts zu unterminieren und die Macht der Exekutive auszuweiten.

In den neuen Versammlungsgesetzen kommen zudem - ebenfalls typisch - neue Behördenbefugnisse hinzu, die ebenfalls neben der unklaren Formulierung der Staats-Willkür Tür und Tor öffnen:
Dem Veranstalter werden weitere Pflichten auferlegt, die größtenteils nur dürftig definiert und schwer nachvollziehbar sind. Sollten die Behörde aber mit der Mitwirkung des Veranstalters nicht zufrieden sein, kann ihr dies als Vorwand dienen, eine Demonstration nicht zuzulassen. Widerspruch und Klage gegen diese Entscheidung hätten keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hingegen ist noch nicht einmal dazu verpflichtet, ihre Entscheidung in einer bestimmten Frist zu fällen, damit noch rechtzeitig Widerspruch und Klage eingelegt werden können. Damit steht jede Versammlung bis zuletzt auf der Kippe und kann sogar verschleppt werden.

Besonders problematisch ist das Uniformierungs- und Militanzverbot

Unter das Verbot fallen nämlich auch Uniformen "gleichartige Kleidungsstücke". Ein Kommentar zum Versammlungsgesetz des Bundes zählt dazu auch Krawatten, Roben, Sportbekleidung und Schutzhelme – also auch Streikende in Arbeitskleidung. Das grundgesetzlich garantierte Streikrecht könnte so ausgehebelt werden. (Quelle: Telepolis.de)

Interessant auch der Hinweis des Telepolis-Autors, dass dieses Verbot von uniformierten Aufmärschen auch den Demonstrationszügen von Neonazis die selbstentlarvende Militanz nehmen würde.

Und zu guter Letzt soll in das Gesetz ein für die Behörden immer anwendbarer Hebel hinein, mit dem sie letztlich jede Demonstration willkürlich verbieten können:
Einen weiteren möglichen Vorwand, um Demonstrationen vorschnell zu verbieten, liefern die "gleichrangigen Rechte Dritter", auf die im Genehmigungsverfahren Rücksicht genommen werden muss. Wer sind die "Dritten", und was sind ihre "gleichrangigen Rechte"? (Quelle: Telepolis.de)

Und ist eine Demonstration doch (aus Versehen vermutlich) genehmigt worden, reichen ein paar provozierende Gewalttäter und die Demonstration müsse vom Veranstalter unverzüglich aufgelöst werden.

Natürlich soll die Polizei umfangreiche Daten über die Demo-Teilnehmer sammeln dürfen.

Solche Gesetze kommen halt raus, wenn die für das Funktionieren einer Demokratie nötige Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative nicht funktioniert. Exekutive und Legislatve sind in Deutschland wegen der Parteien-"Demokratie" bekanntlich immer in EINER Hand, nämlich in der Hand der jeweiligen Mehrheitspartei. Also wird diese Partei, vor allem, wenn sie voraussichtlich über viele Jahrzehnte an der Macht ist, die Macht der Exekutive immer weiter ausbauen. Das eigentlich kontrollieren sollende Parlament macht dagegen nichts, weil es ebenfalls in der Hand der Mehrheitspartei ist. So bleibt als letzte Verteidigungslinie wieder nur das Bundesverfassungsgericht, das inzwischen nicht mehr nur für "Noteinsätze" Dienst tut, sondern dessen Anrufung bei der gefährlichen, verachtenswerten Politik von SPD und Union inzwischen "Normalfall" geworden ist.

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