Donnerstag, 2. April 2009

Verdacht: Schwere Rechtsverstöße von BKA und Verfassungsschutz: Plünderung von Telekomdaten über Jahre ohne richterliche Beschlüsse

Bundeskriminalamt: Rasterfahndung mit Telekom-Kundendaten (Frankfurter Rundschau)

Zitat:

Lange gingen Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz in der Telekom ein und aus, beklagen die Insider. Informationen würden oft auf dem kleinen Dienstweg beschafft - ohne schriftliche Verfügungen oder Richter-Beschlüsse. "Amtshilfe", werde dann gemurmelt - und die ehemaligen Beamten bei der Telekom widersetzten sich selten einem solchen Ansinnen.

Die Folge sei eine massive Aushöhlung des Fernmeldegeheimnisses durch die Ermittlungsbehörden, hieß es schon des öfteren aus der Telekom. Im Bereich der Strafverfolgung habe der Hunger der Ermittler nach Verbindungsdaten stark zugenommen und schon längst verfassungswidrige Ausmaße angenommen. (Quelle: FR-Online.de)

Das wird jetzt interessant wie die deutsche Öffentlichkeit mit diesem heraufdämmernden Skandal umgehen wird. In den USA endete ein ähnlich skandalöses Verhalten von FBI und NSA damit, dass die Zusammenarbeit der Telekommunikationsfirmen mit FBI und NSA im Nachhinein durch ein in die Vergangenheit zurückwirkendes (!) Gesetz für nicht strafbar erklärt wurde.

Die erste Frage wäre: Wird der Skandal überhaupt von den Medien aufgenommen? Die nächste Frage wäre, ob es Schäuble und Co. schaffen, die Vorwürfe mit wenigen Worten kleinzureden. Dann: Lassen sich die Medien auf die Abwiegelungen ein? Wenn nicht: Wird es Untersuchungsausschüsse geben? Vor der Wahl? Unwahrscheinlich. Und selbst wenn: Untersuchungsausschüsse werden wenig helfen, eindeutiges Fehlverhalten von Verfassungsschutz und BKA festzustellen. Die wissen schon, wie sie das verhindern. Mit der Union wird es sicherlich auch keine Gesetze geben, die den Datenschutz stärken, denn bekanntlich ziehen in der Union Schäuble und seine Baden-Württemberger Kreise die Strippen. Fazit: Es wird etwas Aufregung geben, keine Aufklärung, keine persönlichen Konsequenzen, keine neuen Gesetze und bei den Medien wird das Thema in maximal drei Wochen tot sein.

Und die Leute werden weiterhin Kunden bei der Telekom bleiben. Man kennt es nicht anders. Der Staat ist kein Verbrecher. Die Sonne scheint magentafarben. Und wir leben alle ewig.

Also, BKA und Verfassungsschutz: Bitte weiter machen!

Mal sehen, wie lange es braucht, bis es auch klare Verdachtsmomente gegen deutsche Banken und Sparkassen gibt, illegal mit den staatlichen Behörden zusammengearbeitet zu haben. Ähnlich wie bei der Zusammenarbeit von Telekommunikationsfirmen wie AT&T mit Polizei (FBI) und Geheimdiensten (NSA) gab es auch dazu ebenfalls in den USA schon erste Verdächtigungen. Bislang aber auch in diesem Fall ohne jede Konsequenzen. Ohne ein Verschwörungsspinner zu sein, muss man allein aus dem, was man als normaler Bürger beobachten kann, die traurige Schlussfolgerung ziehen, dass die Geheimdienste - trotz Demokratie und Gewaltenteilung - wissen, wie sie die Öffentlichkeit lenken und die Schlüsselfiguren in Politik und Medien unter Druck setzen können.

Nachtrag: Tagesschau.de meldet, dass die Telekom nicht Kundendaten an BKA und Verfassungsschutz weitergegeben habe, sondern "nur" Mitarbeiterdaten: Telekom übergab Mitarbeiterdaten an das BKA.

Zitat:
Nach Erkenntnissen des ARD-Hauptstadtstudios galt die Telekom nach den Terroranschlägen in den USA als gefährdeter Betrieb für terroristische Anschläge. Deshalb habe das BKA Daten der Mitarbeiter auf Verbindungen in die islamistische Szene überprüft. (Quelle: Tagesschau.de)

Der Tagesschau.de-Artikel suggeriert für mich eindeutig, dass damit der Vorwurf, die Telekom habe darüber hinaus auch Kundendaten ohne richterliche Genehmigung an BKA und Verfassungsschutz weitergegeben, quasi entkräftet sei. Was natürlich falsch ist. Dass die Telekom auch Mitarbeiterdaten an BKA und Verfassungsschutz weitergegeben hat, sagt nichts darüber aus, ob sie auch Kundendaten weitergegeben hat.

Ich vermute, dass die Medien sich jedoch mit diesem Dreh der Story zufrieden geben werden. Darauf deutet auch hin, dass in den meisten Medien nur über die womöglich illegale Rasterfahndung berichtet wird, nicht aber über den Verdacht, dass darüber hinaus auch weiter und wiederholt die Sicherheitsbehörden ohne richterlichen Beschluss (was ja der eigentliche Skandal ist!) die Telekom quasi zur Herausgabe von Daten erpresst haben sollen.

Fazit: Die Story stirbt, bevor sie überhaupt genauere Beachtung, Prüfung und Betrachtung fand. Die ZDF-Heute-Sendung von heute 19 Uhr schloss ihre Kurz-Meldung über den Verdacht mit den Worten, dass das BKA nun alles genau prüfen wolle. Na, dann ist ja gut. *LOL* Und die ARD-Tagesschau berichtete in der 20-Uhr-Ausgabe überhaupt nicht.

Faszinierend.

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