Donnerstag, 2. Juli 2009

Urteil des BVerfG zu Lissabon-Vertrag führt auch im EU-Ausland zu Überlegungen, die nationalen Parlamente und Verfassungsgerichte zu stärken

Adamovich: Deutsches EU-Urteil hat Folgen für Österreich (Der Standard)

Das Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Lissabon-Vertrag löst erste Erdbebenwellen im europäischen Ausland aus. Den EU-Mitgliedsländern wird klar, wie sehr die nationalen Parlamente und die nationalen Verfassungsgerichte durch den Lissabon-Vertrag über den Tisch gezogen wurden. In Österreich gibt es erste ernstzunehmende Stimmen, auch via Verfassungsurteile der europäischen Integration Grenzen aufzuzeichnen.

Zitat:

Was die deutschen Verfassungsrichter in ihrem Grundsatzentscheid zum EU-Vertrag von Lissabon geschaffen haben, ist nicht nur ein juristisches Urteil. Ihr Spruch liest sich über weite Strecken wie ein Plädoyer darüber, was die Union sein darf und was nicht. Und das hat auch Folgen für Österreich [...].

Sollte der Verfassungsgerichthof in Österreich den Lissabon-Vertrag prüfen könnte er die in Karlsruhe festgelegten Integrationsschranken übernehmen. [...]

Das deutsche Bundesverfassungsgericht genieße hohes Ansehen und durch den Entscheid "werden Höchstgerichte in ganz Europa dazu ermuntert, eigene Grenzen der europäischen Integration festzulegen". Stelzer rechnet vor allem mit mehr Konflikten zwischen nationalen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. (Quelle: DerStandard.at)

Der Europäische Gerichtshof könnte also bald einen schweren Stand haben in Europa.

Die Zeiten, in denen die EU-Regierungen unter sich im europäischen Hinterzimmer in undemokratischer Art und Weise Gesetze ausklamüserten, scheinen womöglich tatsächlich bald vorbei zu sein - und zwar nicht so sehr, weil in Deutschland jetzt der Bundestag in einer extra Runde noch einmal offiziell die Wünsche der Regierung bestätigten muss - so wie der Bundestag das immer macht - sondern, weil dann auch in anderen EU-Ländern die nationalen Parlamente der EU in die Suppe spucken werden.

Die Ironie an der Geschichte wäre dann, dass der Lissabon-Vertrag, mit dem die EU-Regierungen ein Durchregieren auf EU-Ebene erreichen wollten, genau zum Gegenteil führen könnte und dank des Bundesverfassungsgerichts nun die demokratischen Institutionen der Nationalstaaten gestärkt werden könnten. Keine schlechte Lösung für die europäischen Demokratie(en).

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