Protokoll über einen unliebsamen Beamten (Tagesspiegel)
Ausschnitt:
Im November unterhielt sich Ennullat beim Abendessen in der Polizeiakademie Niedersachsen, wo er eine Aufstiegsausbildung absolvierte, mit anderen Beamten aus Sachsen-Anhalt über den Fall Oury Jalloh. Der Afrikaner war im Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle, an Händen und Füßen gefesselt, verbrannt. Zwei Polizisten stehen in Halle vor Gericht, die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung beziehungsweise Körperverletzung mit Todesfolge. Ennullat äußerte sich bei dem Essen in Hannoversch Münden kritisch über die Rolle der Polizei im Fall Jalloh. (Quelle: Tagesspiegel.de)
Andere Polizisten hörten dieses Gespräch und fertigten für das Innenministerium ein Gesprächsprotokoll an, das dann an die Regierung und schließlich an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde, die es sodann im Oury-Jalloh-Prozess sogar verwendete.
Der abgehörte Polizist selbst erfährt davon nichts, er wird nicht gehört, nur sein angeblich Gesagtes aus dem Mund Dritter darf "sprechen".
Hinzu kommt, dass der abgehörte Ennullat zusammen mit zwei anderen Kollegen eine andere Polizeiaffäre in Sachsen-Anhalt ins Rollen gebracht hatte: Sie hatten sich - damals noch im Staatsschutz tätig - geweigert, dem Drängen des damaligen Vizechefs der Polizei-Direktion Dessau nachzugeben, die Bekämpfung rechter Kriminalität zu bremsen. Der Linkspartei und der FDP erscheint nun der Umgang mit Ennullat als mögliche späte Rache aus dem Polizeiapparat und von der Regierung Sachsen-Anhalts an Ennullat.
Mich hingegen verwundert vor allem, dass Privatgespräche beim Abendessen mir nichts dir nichts strafrechtliche Relevanz bekommen, ohne dass der Abgehörte überhaupt zur Sache persönlich befragt wird oder sonstwie mitbekommt, dass seine womöglich dahingesagten Äußerungen irgendwo in einem Gerichtsprozess verwendet werden - möglicherweise zu seinem eigenen Schaden.
Mehr zum Prozess rund um den Tod von Oury Jallo: Über den Prozess zum Tod von Oury Jalloh in Dessau (Linkablage).
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