Mittwoch, 28. November 2007

Gebildet, unauffällig und irgendwie links - Wie das BKA Verdächtige produziert, statt Taten aufzuklären

(Via Fefe) Der unter Terrorverdacht festgenommene und nun wieder freie Soziologe Dr. Andrej Holm kritisiert das allgemeine Vorgehen von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesanwaltschaft bei der Terrorfahndung: Im Kreis (Freitag.de)

Ausschnitt:

Mit dem Hämmern eines polizeilichen Überfallkommandos an meiner Tür trat die Realität bisher abstrakter Überwachungsphantasien in mein Leben. [...] Zu Beginn der Ermittlungen - so suggerieren es jedenfalls die bisher ausgehändigten Akten der Bundesanwaltschaft - steht eine Internetrecherche. Die Beamten suchen linguistische Übereinstimmungen zu den Erklärungen der "militanten gruppe" und finden mehr oder minder übliche Begriffe, die sich zu Tausenden in kritischen wissenschaftlichen und journalistischen Texten finden wie "Gentrification", "Prekarisierung", "Bezugsrahmen". Für einen Anfangsverdacht, um das Verfahren einzuleiten, reicht dies aus. Das Publizieren und Veröffentlichen selbst wird so zum ersten Anhaltspunkt von Ermittlungen. Ganze Berufstände wie Journalisten, Wissenschaftler und Politiker geraten allein durch ihre Tätigkeit ins Raster. Ihre Präsenz in öffentlich zugänglichen und vor allem netzgebundenen Medien ermöglicht eine zunächst tat- und verdachtsunabhängige Ermittlung. Rechtsexperten bezeichnen dies als eine Vorverlagerung der Strafverfolgung und den Übergang zu einem präventiven Sicherheitsstaat. Der Verdacht - sonst der Ausgangspunkt von polizeilicher Nachforschungen - wird zum Ergebnis der Ermittlungsarbeit. Statt Straftaten aufzuklären, werden Verdächtige erschaffen. [...] Schon jetzt reagieren viele auf die Ausweitung der Überwachungs- und Kontrollinstrumente, indem sie versuchen, sich auf mehr oder minder geeignete Weise zu schützen. So ist selbst aus der Sicht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die effektivste Schutzmaßnahme gegen den Missbrauch von Mobiltelefonen "ein Vermeiden des Mitführens von Handys bei Gesprächen mit sensitivem Inhalt, die Detektion jedweder Mobilfunkaktivität im Raum ... sowie das Deaktivieren sämtlicher drahtloser Schnittstellen von Mobilfunkgeräten." In den bekannt gewordenen 129a-Verfahren sind es jedoch gerade solche Versuche, die das Misstrauen der Sicherheitsbehörden wecken. Die Wahrung von Anonymität und Persönlichkeitsrechten gerät unter Generalverdacht. Die Freiheit selbst wird kriminalisiert. (Quelle: Freitag.de)

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