Samstag, 9. Februar 2008

Spiegel.de: Neoliberalismus ist eigentlich Sozialismus. Oder so.

Anti-Neoliberalismus: Unsozial sind immer die anderen (Spiegel.de)

Ausschnitt:

Als neoliberal gelten hierzulande generell Leute, die sich mit dem Rüstzeug der Ökonomie den Problemen der Wirklichkeit stellen und dabei auch noch Sympathie für das Wirken von Märkten erkennen lassen oder die Globalisierung für eine gute Sache halten. Das tut man nicht, das zeugt von Kälte, geistiger, emotionaler, moralischer sowieso. Manchmal reicht - um unter Neoliberalismus-Verdacht zu geraten - auch schon die Vermutung, dass zwei plus zwei vier ergeben könnte. [...] Die soziale Marktwirtschaft ist eine Idee von Neoliberalen. [...] Noch lustiger aber ist - nicht wahr liebe Anti-Neoliberale - dass ausgerechnet Neoliberale für einen starken Staat eintreten. (Quelle: Spiegel.de)

*Lach* - Welchen Begriff man aber alternativ für die herrschende Politik der letzten 15 Jahre und für die Pläne von Bertelsmann, INSM und so weiter, für das Ansinnen also, den Staat auf allen Gebieten als Regulierer und Ausgleicher zurückzudrängen, verwenden sollte, verrät der Artikel leider nicht.

Albrecht Müller von den NachDenkSeiten.de kommentiert den Spiegel-Artikel wie folgt:
Aus meinem Studium der Ökonomie kenne ich durchaus einen anderen Gebrauch des Wortes "neoliberal". Das waren damals, vor gut 45 Jahren wissenschaftliche Autoren, von denen man viel lernen und sich auch sachlich auseinander setzen konnte. Deshalb fällt mir der Gebrauch des Wortes in der heutigen Bedeutung auch nicht leicht, genauso wenig wie der Gebrauch des Wortes Reform. Und dennoch kann ich mich dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht entziehen.
Ich benutze den Begriff Reform nicht mehr in dem Sinn, wie wir ihn in den sechziger und siebziger Jahren gebraucht haben, als eine Veränderung, die der Mehrheit und vor allem den Schwächeren zugute kam. Heute nutze ich diesen Begriff so, wie die Reformer vom Schlage Schröders und Clements, Merz’ und Merkels ihn gebrauchen - als Begriff zur Beschreibung von Veränderungen, die vor allem den Oberen zugute kommen.
Genauso geht es mir mit dem Begriff neoliberal. Ich nutze ihn zur kurzen Kennzeichnung der herrschenden ökonomischen Ideologie.

Die NachDenkSeiten.de zitieren auch aus einem Leserbrief zum Spiegel-Artikel:
In seiner heutigen Verwendung entspricht der Begriff weitgehend dem englischen "neoliberalism", was einfach eine verkürzte Form von “neoclassical liberalism” darstellt. "Neoclassical" wiederum bezieht sich auf die neoklassische Wirtschaftstheorie der sogenannte "Chicago School", die z. B. die Wirtschaftspolitiken von Pinochet, Reagan und Thatcher entwarf. Im Englischen wird also mit dem Begriff "Neoliberalism" eine Denkschule bezeichnet, die sich vom guten alten Ludwig Erhard darin unterscheidet, dass sie eben gerade nicht auf einen starken Sozialstaat setzt sondern auf Eigenverantwortung und das freie Spiel der Märkte. (Quelle: NachDenkSeiten.de)

Vielleicht kann Spiegel.de ja einen Wettbewerb zur Begriffsfindung ausschreiben?

0 Kommentar(e) vorhanden: